0915 - Die Rückkehr des Schrecklichen
Aber es war wohl notwendig, dass er sich alleine um die Sache in den Highlands kümmerte und Williams Familie aus der Patsche half. Da nicht klar war, was es mit Leonardos Erscheinen wirklich auf sich hatte, war Nicoles Vorschlag, im Château zu bleiben, um bei Bedarf umgehend reagieren zu können, durchaus vernünftig.
Erleben wir gerade den immer mal wieder angekündigten Umbruch, mit dem jeder Äonenwechsel einhergehen soll? Und wie muss man sich den überhaupt vorstellen? Mit dem Auswechseln von Führungspersonal?
Zamorra grinste kurz, wurde aber sogleich wieder ernst. Lucifuge Rofocale und Merlin, zwei absolut Mächtige, sind weg vom Fenster. Und einige andere auch. Oder werden tatsächlich Menschen zu Dämonen und Dämonen zu Menschen, wie's manchmal gemunkelt wird? Hm. Oder äußert es sich darin, dass die kämpfende Truppe plötzlich ausgeprägte Halluzinationen hat? Dass ihre Waffen nicht mehr richtig funktionieren, so wie etwa die Blechscheibe? Oder dass plötzlich der Mentalblock nicht mehr zuverlässig arbeitet und Löcher bekommt? Oder dass sich zwei, die das Schicksal in jeder Beziehung füreinander geschaffen hat, plötzlich auseinander leben?
Zamorra warf einen Blick auf das Navigationsgerät. Es waren nur noch drei Kilometer bis Dumbarton Courte. Der Weg schlängelte sich durch steil ansteigende Wiesen. Auf der Kuppe sah Zamorra den Landsitz unter sich liegen, ebenfalls auf einem Hügel, umgeben von Wäldern und einem weitläufigen Park. Was er allerdings sah, ähnelte mehr einer mittelalterlichen Burg als einem der berühmten schottischen Great Houses. Denn Dumbarton Courte war von einer hohen Mauer mit zwei mächtigen, viereckigen, fast plump wirkenden Türmen umgeben, innerhalb der ein gutes Dutzend Gebäude angeordnet waren. Nur die Südseite, von der er kam, wies keine Umgrenzungsmauer auf, sondern ging direkt in den Park über.
»Hm, so popelig ist Dumbarton nun auch wieder nicht«, murmelte Zamorra. »Aber mit meinem Château kann's doch nicht ganz mithalten.«
Der Professor konnte ohne irgendwelche Sperren bis vors Haupthaus fahren. Er parkte den BMW neben einem knallroten Triumph Vitesse. Ein paar Angestellte, die auf dem Hof und im Park beschäftigt waren, musterten den eleganten Mann im weißen Anzug und im roten Hemd neugierig.
Ein Stück im Park, von einigen Bäumen halb verdeckt, stand ein großes Haus im viktorianischen Stil. Soeben kam eine Frau den schmalen Weg entlang, der durch Rasenflächen und Beete zu dem Haus führte.
Amabel Hartley mit Sicherheit. Zamorra hatte sein Kommen oben auf dem Hügel per Handy angekündigt.
Wow , dachte er. So hätte ich mir, mit William vor Augen, Missis Amabel Hartley nicht vorgestellt. Respekt.
Trotz ihrer eher derben, zweckmäßigen Kleidung mit Jeans und Arbeitshemd samt ärmelloser Weste darüber wirkte die etwa Vierzigjährige elegant und sehr weiblich. Das lag in erster Linie an ihrem Gang.
Ein hübsches, von schulterlangen, blonden Haaren gerahmtes Gesicht strahlte den Professor an. Mit ausgebreiteten Armen kam sie auf ihn zu, drückte ihn an sich und hauchte ihm drei Küsschen auf die Wange. »Herzlich willkommen, Zamorra. Ich freue mich wahnsinnig, dich wieder zu sehen. Sei mir willkommen. Wie geht's dir? Du siehst ja zwischenzeitlich noch besser aus als Pierce Brosnan. Das hätte ich nicht erwartet.«
Die Gärtnerin, die nicht weit von den Beiden stand, ihre Arbeit kurzzeitig eingestellt hatte und zuhörte, schien diese Einschätzung voll und ganz zu teilen.
Zamorra schmunzelte. Amabel roch nach frischer Luft und einem Hauch Parfüm. Er fasste sie an den Schultern, schob sie etwas von sich und lächelte sie an. »Auch du siehst wunderbar aus, Amabel. Aber das war ja schon immer so. Freut mich wahnsinnig, dich wieder zu sehen. Toll hast du's hier erwischt, ich gratuliere dir.«
Sie gingen den Weg zurück zum Verwalterhaus. Diese kleine Schauspielerei war nötig, denn Zamorra wurde als alter Freund Amabel Hartleys auf Dumbarton eingeschleust, der sie nach vielen Jahren einfach mal wieder besuchen wollte. Das war am unauffälligsten, auch in Bezug auf seine Aufenthaltsdauer hier. Aufgrund von Amabels sympathischer Erscheinung war ihm das kleine Theater überhaupt nicht schwer gefallen, ganz im Gegenteil.
Sie traten ins Haus. Es war zweckmäßig eingerichtet, mit vielen Geweihen und anderen Trophäen an den Wänden. Amabel bot Zamorra einen Tee an. Sie erkundigte sich nach dem Befinden ihres Cousins.
»Wissen Sie«, sie
Weitere Kostenlose Bücher