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0918 - Auf der Schwelle der Zeit

0918 - Auf der Schwelle der Zeit

Titel: 0918 - Auf der Schwelle der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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jemand Dylan kiloweise Watte in die Ohren stopfen und sie dann mit einem dieser Straßenbaugeräte feststampfen.
    Rüttler! So heißen die.
    Unsinnige Gedankenfetzen. Wieder und wieder.
    Dass sich die Beifahrertür des 500 SL öffnete, bekam er gar nicht richtig mit.
    Ein Körper plumpste neben ihm auf den Sitz.
    Dylan blinzelte hinüber. Da waren Haare, lange Haare. Hellbraun. Oder dunkelblond. Oder helldunkel? Blassblau? Ein hübsches Gesicht, auch wenn die Konturen hin und her waberten und ihn an ein berühmtes Gemälde erinnerten.
    Hallo, Lady. Hüpfen Sie rein , wollte er sagen.
    »Rüttler hat mir den Löwen abgeknapst«, sagte er.
    »Ruhig!« Eine angenehme Stimme. Samtig. Geschmeidig. Wie eine Gazelle.
    »Löwen fressen Gazellen.« Mann, tat sein Kopf weh.
    »Ich weiß. Sie müssen jetzt ganz ruhig bleiben. Ich werde nicht zulassen, dass Sie zum Vampir werden. Keine Angst.«
    Oh, er hatte keine Angst.
    Ich hab gutes Heilfleisch, wissen Sie? Außerdem gibt es keine Vampire!
    »Edvard Munch! Der hat's gemalt«, sagte er stattdessen.
    »Ja, klar.«
    Zwischen all den Elefanten, die durch seinen Kopf stampften, glaubte er plötzlich ein grazileres Tier zu spüren. Eine Gazelle vielleicht. Sie stampfte nicht. Sie tänzelte. Schwebte schon fast.
    Sie trippelte über seine Stirn, zeichnete Muster und Symbole auf die Haut. Von ihnen ging eine wohltuende Wärme aus, die den Schmerz besänftigte. Langsam, ganz langsam.
    Sein Blick wurde etwas klarer und er nahm bewusster wahr, was um ihn herum geschah. Vom Beifahrersitz lehnte sich ein hübsches Mädchen zu ihm herüber und streichelte ihm mit den Fingerspitzen die Stirn. Keine Gazelle, einfach nur ein hübsches Mädchen.
    »Das müsste erst mal reichen. Ich bring Sie nach Hause, dann sehen wir weiter. Wo wohnen Sie?«
    »In… in den Ohren bohren!«
    Wie peinlich! Da steigt ein hübsches, junges Mädchen in meinen Wagen und ich rede immer noch so einen Mist. Warum eigentlich? Ich bin doch schon wieder viel klarer im Kopf. Aber warum bin ich plötzlich so müde? Ich muss ihr das erklären.
    »Wollen Sie meinen Rüttler sehen?«
    Nein! Hab ich das wirklich gesagt? Ich Idiot! Was soll sie nur von mir denken… muss ihr erklären, dass ich… muss ihr sagen… darf nicht denken… muss ihr… kann ihr… kann… nicht… mehr.
    Er bekam noch mit, wie das Mädchen ihn abklopfte, den Geldbeutel aus seiner Gesäßtasche zog und darin herumkramte.
    »Glasgow! Das sollte zu schaffen sein. Vielleicht kann ich uns auch sprungweise hinblinzeln.«
    Dylan hatte keine Ahnung, was die junge Frau damit sagen wollte. Noch während er darüber nachdachte, wie um alles in der Welt sie ihn vorhin an Edvard Munchs »Der Schrei«, erinnern konnte, kam der Schlaf über ihn und verschluckte ihn mit Haut und Haar.
    ***
    Gegenwart
    »Freut mich auch, dich zu sehen.«
    Gryf, der Silbermond-Druide, umarmte Zamorra für einen Moment und klopfte ihm auf die Schultern. Dann deutete er mit einem kurzen Nicken zur Tür und der schon nicht mehr zu sehenden Nicole hinterher.
    »Welche Läusekolonie ist ihr denn über die Leber getrampelt?«
    Zamorra verzog das Gesicht. »Wenn ich das nur mal wüsste! Die meiste Zeit über ist sie ganz normal. Aber manchmal ist sie wie ausgewechselt. Dann nörgelt sie herum, ist gereizt oder macht mir eine völlig überzogene - und vor allem natürlich unbegründete - Eifersuchtsszene. So kenne ich sie dann gar nicht! Und anderen, die sie in diesem Moment erleben würden, ginge es vermutlich genauso.« Der Professor schüttelte den Kopf und zeigte ein verbissenes Lächeln. »Wie soll ich sagen? Manchmal ist sie richtig schimpfoman und nicht mehr ny…«
    Gryf winkte ab und lachte. »Danke. So genau brauch ich es dann doch nicht.« Sofort wurde er wieder ernst. »Kannst du dir einen Grund dafür vorstellen?«
    »Ja.« Zamorra schüttelte den Kopf. »Nein. Ach, ich weiß auch nicht. Es ist einfach verdammt viel Schlimmes passiert in der letzten Zeit. Merlins Tod, Foolys Koma und natürlich das Versagen des Amuletts.«
    »Dein Amulett hat versagt?«
    »Ja, leider. Und da Nicole eine Verbindung mit Merlins Stern hat, die wir noch nicht durchschauen, besteht da vielleicht ein Zusammenhang.«
    »Eine Verbindung? Du meinst das FLAMMENSCHWERT?«
    Zamorra nickte. Das war eine der geheimnisvollsten, zugleich aber auch stärksten Funktionen des Amuletts. Unter nicht vorhersehbaren Bedingungen verschmolz es zuweilen mit Nicole Duval zu einer noch mächtigeren Waffe, eben dem

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