0919 - Die Rache
kannst du schwermütig werden, doch man muß auch die andere Seite sehen. Viele sind froh, daß sie überhaupt ein Dach über dem Kopf haben. Und das ist schon viel wert, denke ich.«
Der Ansicht war ich auch, schaute auf die Uhr und stellte fest, daß der Nachmittag schon ziemlich weit fortgeschritten war. Ich gähnte, was Bill zu der Frage veranlaßte: »Müde?«
»Es geht.«
»Dann auf zu Oliveiro?«
»Und wo finden wir ihn?«
»Ich könnte ja sagen, wo die Action ist.« Bill stand auf. »Nicht weit von den Hochhäusern entfernt. Dort steht eine Kirche, ein alter Holzbau, ähnlich wie in den Western-Filmen. Nur wenn du die Kirche siehst, kommt dir jeder Sinn für Romantik abhanden.«
»Du sagst es«, erwiderte ich und nahm die Bilder an mich, die ich noch einmal betrachtete, während Bill die Rechnung unterschrieb.
Wer waren diese Wesen?
Ich wußte es nicht, aber ich konnte den kalten Schauder nicht unterdrücken…
***
Die junge Frau hieß Ludmilla, stammte aus der ehemaligen Sowjetunion und gehörte zu den jungen und hübschen Frauen, die die Auflösung der UdSSR als eine Wohltat betrachtet hatten und von der neuen Freiheit begeistert gewesen waren.
Ludmilla hatte sich mit Feuereifer in ihre Arbeit gestürzt und als Krankenschwester auch einen Job erhalten. Der wurde zwar schlecht bezahlt, aber wenig später war am Stadtrand von Moskau eine Privatklinik errichtet wurde, die erste im Land, und dort hatte Ludmilla einen Job gefunden. Von dem Gehalt konnte sie gut leben, dabei sogar noch etwas sparen. Schon immer hatte sie für ferne Länder geschwärmt.
Schließlich hatte sie genug Geld beisammen, um auf die Philippinen, das Land der siebentausendeinhundert Inseln, zu reisen, und sie war mit all ihrer Freude eingetaucht in die Stadt Manila. Das liegt auf der Insel Luzon. Den Menschen begegnete sie vorurteilsfrei.
Sie berichtete aus ihrer Heimat, erzählte Persönliches, und genau das wurde ihr zum Verhängnis.
Eines Abends, sie hockte in einem Schnellrestaurant, hatte sie die beiden Männer Susa und Chicon kennengelernt. Zwei schwarzhaarige und wild aussehende Typen, die von Mädchen begleitet wurden, deren mandeläugige Schönheit auffiel, ansonsten aber sehr schweigsam waren, ihre Hamb arger aßen und verschwanden.
Zurück blieben die beiden Manner und Ludmilla.
Die blonde Russin war noch immer ahnungslos. Sie freute sich über die Fragen der beiden und war froh, schon sehr früh die englische Sprache gelernt zu haben, so konnte so etwas wie eine Unterhaltung stattfinden.
Als die beiden den Vorschlag machten, in ein anderes Lokal zu gehen, da hatte sie erst gezögert, doch Susa, der Mann mit dem Zopf, hatte ihr weisgemacht, daß dort die beiden anderen Mädchen warteten, und Ludmilla hatte es geglaubt.
Sie waren in einen alten roten Opel gestiegen und zum Ziel gefahren. Das heißt, sie rollten in das Vergnügungsviertel hinein, wo es am schlimmsten war, und Susa, der im Fond neben ihr saß, hatte ein Grinsen aufgesetzt, das ihr gar nicht gefiel.
Ludmilla wollte raus, doch Chicon hielt nicht an.
Ludmilla protestierte.
Da griff Susa ein. Er schlug ihr zweimal ins Gesicht. Noch nie war sie so geschlagen worden. Sie konnte nicht einmal schreien, sie schämte sich, und plötzlich dachte sie auch wieder an die Warnungen, mit denen man sie vor ihrer Reise bedacht hatte. Ludmilla hatte nicht daran glauben wollen, und das war ihr Fehler gewesen.
Einen dritten Schlag bekam sie nicht. Dafür spürte sie den Einstich einer Nadel, und Sekunden später wurde es dunkel um sie herum.
Erwacht war sie in einem abgedunkelten Raum, auf einer alten stinkenden Matratze liegend, nackt, gefesselt und auch geknebelt.
Sie hatte zunächst nichts begriffen, zudem war sie allein, was sich schnell änderte, denn ihre beiden »Freunde« kehrten zurück.
Sie hatten ihr genau erklärt, was sie in der nächsten Zeit tun würde. Auf den Strich gehen, zusammen mit den beiden mandeläugigen Schönheiten.
Ludmilla hatte nur den Kopf geschüttelt. Danach hatten die beiden gegrinst und sich die junge Frau vorgenommen.
Zwei Tage dauerte diese Tortur, und danach war Ludmillas Widerstand gebrochen. Sie war nur mehr ein Bündel Angst. Sie fühlte sich entehrt, beschmutzt, sie wollte nicht mehr leben, und man hatte ihr nicht einen Lumpen als Kleidungsstück gegeben, sondern sie an das Metallbett gefesselt und ihr wieder den Mund verklebt.
Den Hunger konnte sie aushalten, der Durst jedoch war schlimmer. Zwar hatte sie immer etwas
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