0921 - Die Trennung
verloren.«
Robin grinste. »Zynismus steht dir nicht, Nicole. Auch nicht durch noch so dicke Rauchschwaden hindurch. Sagte ich eigentlich schon, dass bei den toten Domenech und Cassel plötzlich eine winzige schwarze Hand auf der Haut über dem Herzen aufgetaucht ist? Sie hatten sie vorher nicht und sie lässt sich auch nicht entfernen. Und unser irischer Lord hat diese Hand auch über dem Herzen.«
»Und da zählt doch so ein glänzender Mathematiker wie du gleich eins und eins und eins zusammen.«
Robin nickte. »Sagte ich dir bereits, Nicole, dass dir Zynismus nicht steht? Aber auch du wirst mir zustimmen, dass diese Fälle zusammenhängen. Und dass wir zumindest einen Untoten am Hals haben und was weiß ich nicht noch alles.«
***
»Ja.«
»Na siehst du. Weißt du, ich hätte im Laufe des Tages ohnehin auf Château Montagne angerufen und um Hilfe angefragt. Aber wenn du nun schon mal da bist, meine liebe Nicole…« Er lächelte sie wölfisch an.
»Ganz ausgeschlossen, kommt nicht infrage. Schmink’s dir ab, Pierre, ja? Ich bin hier eingezogen, um eine Zeit lang nichts mehr mit dem schwarzblütigen Gesocks zu tun haben zu müssen. Da lasse ich mir von dir gerade einen Zombie und eine Schattenhand aufs Auge drücken. Vergiss es.«
Robin nickte. »Du bist am hübschesten, wenn du dich aufregst. Hat dir das schon mal einer gesagt? Aber gut, ich respektiere natürlich deinen Wunsch.« Er grinste noch wölfischer, seine Augen funkelten. »Dann rufe ich eben doch auf dem Château an und bitte Zamorra um Hilfe. Ich werde ihm natürlich kein Sterbenswörtchen von dir verraten, Ehrenwort, denn ich mische mich nicht in eure privaten Angelegenheiten ein. Aber wenn er sich erst mal hier herumtreibt und mit den Nachbarn des Opfers reden will… Tja, du weißt, was ich sagen will. Oder ist es dir egal, dass er dich hier aufstöbert?«
Nicole knurrte wie ein beißwütiger Hund. »Du bist ein elender Erpresser, Pierre. Wenn sie nicht schon da wäre, würde ich sie jetzt rufen, die Polizei. Also, wie gehen wir vor?«
***
Paris, 1964
Laurent Bonnart stupste seinen Nebensitzer mit dem Ellenbogen an.
»He, Zamorra, was ist denn mit dir los?«, flüsterte er. »Du machst ein Gesicht, als wäre dir Nathalie von der Fahne gegangen.«
Zamorra drehte den Kopf. Er sah den Freund aus traurigen Augen an.
»Scheiße. Sie hat dich tatsächlich sitzen lassen, was?«
Zamorra nickte kurz. Dann wandte er sich wieder Professor Charles Darien zu, ohne dessen Worte wirklich zu begreifen. Der Dozent für Parapsychologie versuchte seinen wenigen Studenten, die ihm noch zuhörten, gerade unterzujubeln, dass Satan und seine Schergen höchst reale Wesen der Finsternis seien und dass es sich bei Besessenheit keineswegs um ein psychologisches Phänomen handle. Mochte der Himmel wissen, warum Darien hier an der Sorbonne noch immer dozieren durfte. Zamorra fand ihn hin und wieder allerdings höchst amüsant. Heute jedoch kotzte ihn die ganze Welt an.
»Willst du reden?«
Zamorra nickte.
»Nach der letzten Vorlesung im Harry’s?«
»Ja.«
Es war früher Freitagabend, als Zamorra seinen Citroën durch den dichten Feierabendverkehr lenkte. In der Nähe der Rue Daunou fand er tatsächlich einen Parkplatz. Dann marschierte er zu Harry’s New York Bar, wo er fast schon Stammgast war. Die Bar war so etwas wie eine Institution, hier trafen sich die Amerikaner in Paris.
Zamorra, der neben der französischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besaß, schätzte das amerikanische Lebensgefühl, jetzt umso mehr, da er zwei Semester Psychologie an der New Yorker Columbia-Universität belegt hatte und erst vor kurzem wieder zurück gekommen war.
Die Bar war bereits voll und der Lärmpegel beträchtlich. Zamorra, niedergeschlagen und mit einem dicken Klumpen im Magen, kämpfte sich durch Rauchschwaden und schwitzende Leiber zum Ende der Theke, wo er Laurent sitzen sah. Der Freund erspähte ihn nun ebenfalls und winkte ihm zu.
Laurent, ein hagerer, hoch aufgeschossener Typ mit halblangen braunen Haaren und blitzenden rehbraunen Augen begrüßte ihn mit einem Blick, in dem Mitleid und Spott wechselten.
»Fang jetzt bloß nicht mit ›Ich hab’s dir ja gleich gesagt, dass das nichts wird‹ an, sonst hau ich dir das Bierglas auf den Schädel«, sagte Zamorra, den die ewige Fröhlichkeit in Laurents Gesicht rasend machte. Wenigstens im Moment. Er drückte sich zwischen dem Freund und einem dicken Texaner mit Hut an die Theke.
»Aber wo
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