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0921 - Totengrinsen

0921 - Totengrinsen

Titel: 0921 - Totengrinsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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an.«
    »Können Sie das genauer beschreiben?«
    Der Arzt hob die Schultern. »Nun ja, für mich sind es keine richtigen Augen gewesen, nein, die sehen anders aus. Ich hatte den Eindruck, als hätte man die Höhlen mit geschliffenen Glasscherben gefüllt. Es war wirklich kein Leben in ihnen zu erkennen. Es gab keine Gefühle. Ich habe mehrmals mit ihm gesprochen und erlebte nie eine Abwechslung oder Veränderung seiner Blicke. Sie blieben so starr, so glasig, und ich hatte mehr als einmal den Verdacht, daß seine menschliche Form nur eine Hülle ist, hinter der sich etwas ganz anderes verbirgt. Sie können mich jetzt auslachen, aber der Gedanke kommt einem automatisch, wenn man länger mit ihm zu tun hat.« Der erfahrene Arzt bekam einen Schauer, als er an die Begegnungen mit Nathan dachte.
    »Wann haben Sie zuletzt mit ihm gesprochen?« erkundigte sich der Inspektor.
    »Das ist länger her.«
    »Können Sie ungefähr sagen…?«
    »Ja, kann ich, Moment.« Der Arzt erhob sich und ging zu seinem Schreibtisch, wo ein Bildschirm wie ein graugrüner Klotz stand.
    Dr. Liebling brauchte den Computer nicht, er verließ sich auf ein Notizbuch, das er aus seiner Schublade holte. Er blätterte darin, verharrte und gab uns vom Schreibtisch aus die Antwort. »Es liegt drei Wochen und zwei Tage zurück.«
    »Gab es einen Grund?«
    »Nein, Inspektor. Es war eines der routinemäßigen Gespräche, die ich in den Zellen führte.« Der Mann legte das kleine Buch wieder weg und schob die Lade zu.
    »Ist Ihnen bei diesem Gespräch etwas an Ihrem Patienten aufgefallen?« fragte Suko weiter.
    Dr. Liebling setzte sich wieder. »Nein, nichts, überhaupt nichts. Er war wie sonst. Er hat sich nicht gerührt und mich nur angeschaut. Ich erhielt auch keine Antwort auf meine Fragen. Er blieb stumm, aber dieses eingefrorene Grinsen blieb auf seinem Gesicht bestehen, und dieser Ausdruck ist mir unter die Haut gegangen. Ich kann ihn nicht mehr ertragen, ich fürchte mich vor ihm. Er verfolgt mich bis in den Schlaf!«
    »Sie haben also nichts getan, nicht therapiert…?«
    »Nein, das war nicht möglich. Wenn Sie therapieren wollen, dann muß die Bereitschaft dazu auf beiden Seiten vorhanden sein, und das war bei Nathan nicht der Fall.«
    »Sie wissen also nichts«, zog ich ein Fazit.
    »Leider.« Der Arzt zog ein betrübtes Gesicht. »Es ist schlimm für mich, eine Niederlage zugeben zu müssen, aber an diesen Menschen kommen Sie nicht heran.«
    »Vielleicht schaffen wir es«, sagte ich.
    Der Doc schaute uns überrascht an. »Wie wollen Sie das schaffen, Mr. Sinclair?«
    »Leicht wird es nicht werden«, gab ich zu und schaute über die Wände mit den düsteren Bildern hinweg, »aber wir werden wohl von einer ganz anderen Voraussetzung ausgehen.«
    »Ach, ja? Von welcher?«
    »Sie haben sie vorhin angedeutet. Es könnte sein, daß wir Ihren Patienten nicht nur als Menschen sehen.«
    »Sondern?« flüsterte der Mann.
    »Das müssen wir noch feststellen. Glauben Sie mir. Es gibt tatsächlich Dinge und Vorgänge, an denen man als normal denkender Mensch verzweifeln kann.«
    »Aber Sie gehen nicht davon aus, daß er von einem anderen Stern kommt und nur zufällig in meiner Klinik gelandet ist?«
    »Nein, das auf keinen Fall. Alles ist okay, auf gewisse Art und Weise.«
    »Sie sprechen in Rätseln, Mr. Sinclair.«
    »Bewußt.«
    »Warum?«
    »Ich möchte Sie auf keinen Fall verunsichern. Aber ich sage Ihnen, daß Sie sich unter Umständen auf ungewöhnliche Vorgänge einstellen sollten, Dr. Liebling.«
    Aus der Kitteltasche holte er ein Tuch hervor und wischte damit über sein Gesicht. »Wissen Sie«, sagte er und schaute auf das jetzt feuchte Tuch, »ich wundere mich über nichts mehr im Leben, denn wir wissen zuwenig.«
    Ich nickte, schaute meine Freunde an und fragte: »Seid ihr bereit, den Patienten zu besuchen?«
    »Immer«, erklärte Jane, die zu ihrer alten Sicherheit zurückgefunden hatte.
    »Moment noch«, sagte der Arzt und zog ein Sprechgerät aus der linken Kitteltasche. »Ich werde unser Kommen avisieren. Da können die Mitarbeiter schon einiges vorbereiten. Es dauert nicht lange.«
    Er zog eine ummantelte Stummelantenne hervor und stellte die Verbindung zu seinem Mitarbeiter her.. »Mr. Quint, bitte melden Sie sich! Hier ist Dr. Liebling. Bitte, Mr. Quint!«
    Er schaltete auf Empfang und wirkte fünf Sekunden später überhaupt nicht mehr zufrieden, denn da hatte er noch immer keine Verbindung herstellen können. »Das verstehe ich nicht«,

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