Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0924 - Das Totenbuch

0924 - Das Totenbuch

Titel: 0924 - Das Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Decke. Und sie stand auch. Kein Windhauch wirbelte sie durcheinander. Nicht ein Blatt oder Halm bewegte sich.
    Es war auch seltsam still. Die stehende Luft trug das Echo einer Stimme besonders weit, deshalb waren auch die wenigen Menschen in ihren Gärten zu hören.
    Unterwegs pflückte ich mir einige Kirschen, aß sie, spie die Steine aus und fühlte mich wie ein kleiner Junge. Die Lockerheit aber verging, je mehr ich mich meinem Ziel näherte. Ich hatte einen der Hauptwege verlassen und war in einen schmaleren eingebogen. Auch er durchschnitt Gartenanlagen, ich schaute nach vorn und konnte bereits die Grenze erkennen. Schon jetzt fiel mir auf, daß die kleinen Gärten dort nicht so gepflegt aussahen wie im Eingangsbereich.
    Zwei Lauben wirkten vergammelt. Bei einer fehlte sogar ein Teil des Dachs.
    An ihnen ging ich vorbei und blieb dann stehen, denn auf der rechten Seite des schmalen, von Unkraut überwucherten Wegs lag die Laube, die mich interessierte!
    Mein Blick fiel in den Garten, und ich schüttelte den Kopf. Das war kein gepflegter Acker mehr, diese Scholle glich bereits einem Dschungel, allerdings von einem mitteleuropäischen Urwald überwuchert, mit viel Gras, Unkraut, Buschwerk und einigen Obstbäumen. Sie Sicht auf das Gartenhaus war mir nicht ganz genommen. Ich entdeckte ein graues Etwas mit einem dunkleren, flachen Dach darauf.
    Ein Tor war zwar vorhanden, aber es stand offen und hing zudem schief in den Angeln.
    Ohne Schwierigkeiten betrat ich das Gartengrundstück. Schon nach den ersten Schritten kam mir in den Sinn, daß nicht alles normal war. Die Stille war drückender geworden, auch lauernder?
    Das Haus machte einen ebenso toten Eindruck wie der Garten, aber ich war mit einer Einschätzung vorsichtig und duckte mich trotz des hoch wachsenden Gestrüpps.
    Etwas trieb mich an, schneller zu gehen, und ich sah zu, so rasch wie möglich eines der Fenster zu erreichen.
    Ich ging davon aus, daß sie schmutzig waren und bekam es auch bald bestätigt.
    Viel zu sehen war nicht.
    Ich wurde forscher und wischte von außen den Dreck vom Glas. Die Sicht war jetzt besser, mir gelang der erste Blick in das kleine Haus, aber auf die Einrichtung achtete ich nicht.
    Mich interessierte die Frau auf dem Bettrand, die ihre Augen möglicherweise halb geschlossen hielt, so genau war das nicht zu erkennen, aber sehr deutlich sah ich die schwere Rosenschere in ihrer Hand, die sie so hielt, daß die Spitze genau auf ihren Hals zeigte.
    Das sah nach Selbstmord aus!
    Ich handelte automatisch. Blitzschnell zog ich die Beretta, schlug die Scheibe ein, und in dieses klirrende und platzende Geräusch schickte ich meine Stimme.
    »Tun Sie es nicht!«
    ***
    Die Frau zuckte zusammen. Sie hatte mich gehört. Ich wiederholte meinen Befehl, und endlich regte sie sich, denn sie hob den Kopf an und starrte auf das Fenster.
    »Weg mit der Schere!«
    In ihren Augen lag ein entrückter Ausdruck. Die Hand senkte sich zumindest ein wenig nach unten.
    Obwohl ich mir der Gefahr durchaus bewußt war, in der sie noch immer schwebte, riskierte ich es, verließ meinen Platz und hetzte an der Hauswand entlang zum Eingang der Laube hin, darauf hoffend, daß die Tür nicht verschlossen war.
    Ich hatte Glück, riß sie auf und stolperte in die Laube hinein, wo die Frau mit den braunen Haaren und dem runden Gesicht noch immer in derselben Haltung hockte.
    Zwei Sekunden später hatte ich ihre rechte Hand gepackt und drehte den Arm so hart zurück, daß sie aufschrie und die Schere fallen ließ. Mit einem Tritt beförderte ich sie aus ihrer Reichweite.
    Blut war bereits geflossen. Drei Streifen liefen wie winzige Bäche am Hals entlang und verteilten sich wie die Mündungsarme eines Dreiecks. Die Frau bewegte sich noch immer nicht. Sie glotzte in die Ferne. Was sie sah, wußte sie wohl nur selbst, ich jedenfalls konnte in diesem Raum kein richtiges Ziel erkennen.
    Neben ihr nahm ich Platz.
    Ich atmete keuchend. Sie dagegen war die Ruhe selbst. Die Unbekannte hatte sich unter Kontrolle, und ihr Atem strömte nur aus den beiden Nasenlöchern hervor.
    Sie trug ein dünnes Fähnchen als Kleid, das in die Höhe gerutscht war. Die Schuhe mußten wohl aus dem Fundus stammen. Sie paßten nicht zum Kleid, weil sie zu klobig waren.
    »Alles in Ordnung?« fragte ich. Es waren keine besonderen Worte, aber in dieser Lage fiel mir nichts anderes ein.
    Sie bewegte sich nicht.
    »Bitte«, sagte ich und berührte ihren schweißverklebten Arm. »Warum wollten Sie das

Weitere Kostenlose Bücher