0924 - Der Herr der Nebelberge
keinen Unbefugten hinein.«
»Wozu war die Festung überhaupt gut?«, fragte Zamorra.
»Von hier aus schufen und pflegten die Treppenmeister die schnellen Stufen . Sie war ein friedlicher Ort, an dem sie ihre Magie wirkten.«
»Schaut euch das an!« Rhett wies auf den Hauptturm in der Mitte der Festung.
Knapp unterhalb der Zinne glotzte ein Kristall von der Größe eines kleinen Fesselballons auf sie herab.
»Gruselig!«, sagte Dylan. »Im ersten Moment dachte ich, das ist ein Auge!«
»Nein, nein, natürlich nicht! So ein Quatsch.« Rhett lachte ohne jede Spur von Humor auf. Dann fügte er in resigniertem Ton hinzu: »Das Auge ist weiter unten!«
Eine Gänsehaut huschte über Zamorras Arme. Aus dem Gemäuer am Fuß des Turms hatte sich tatsächlich ein Auge herausgebildet, das die gesamte Gegend im Blick hatte.
»Zurück! Ich glaube, es hat uns noch nicht gesehen.« Der Professor ging einige Schritte nach hinten und signalisierte mit ausgebreiteten Armen, dass seine Gefährten es ihm gleichtun sollten.
In der Tat galt die Aufmerksamkeit des Wächtersystems nicht ihnen, sondern einem Globber, der über einen Hügel kam. Eingesponnen in seine Fangarme trug er einen Mann quer vor dem Körper.
»Ein neues Opfer!«, sagte der Dhea Nhoi.
Die Beißholztentakel wogten friedlich hin und her, ohne dem Fänger und seiner Beute gefährlich zu werden. Während der Globber auf das Gemäuer zuwatschelte, verfolgte ihn der aufmerksame Blick des Auges. Dann betrat er die Festung durch ein mächtiges Portal und verschwand in den Schatten der Eingangshalle.
»Da kommt noch jemand«, flüsterte Dylan.
An der Stelle des Hügels, an der der Globber aufgetaucht war, erschien ein weiterer Mann. In Kleidung und Wuchs ähnelte er dem Opfer, das der Fänger in die Festung gebracht hatte. Der Fremde blieb stehen und betrachtete das Gemäuer.
»Wer ist das, Nhoi?«
»Der Dhea Nhoi kennt ihn nicht. Er vermutet aber, dass er den Fängern entkommen und seinem Kumpan gefolgt ist.«
»Den Fängern entkommen? Das gibt es?«
»Es kommt durchaus vor, ja. Aber sehr lange bleiben sie nie auf freiem Fuß.«
»Wir sollten ihn auf uns aufmerksam machen«, meinte Zamorra. »Wir können jede Hilfe gebr…«
Bereits in der nächsten Sekunde war der Vorschlag hinfällig.
Der Fremde ging ohne jegliche Vorsichtsmaßnahme den Hügel hinunter. »Norc Rimrar, du Scheusal! Du hast dir meinen Sohn geholt. Damit hast du dir den Falschen ausgesucht!«
Aus Dylans Kehle drang ein ersticktes Keuchen. »Ist der nicht mehr ganz dicht? Was macht der denn da?«
Bevor sie etwas unternehmen konnten, überschlugen sich die Ereignisse.
Das Auge ruckte zu dem Eindringling und nur einen flüchtigen Gedanken später peitschten die Beißholztentakel heran. Der erste erwischte ihn nur mit der Spitze, aber bereits die reichte aus, dem Fremden den Oberschenkel aufzuschlitzen.
Ein nahezu unmenschlicher Schrei verließ seine Lippen. Aus verschiedenen Richtungen schossen zwei weitere Fangarme heran und vollendeten mit einem schnellen Hieb das blutige Werk. Der Schrei brach abrupt ab, sein Echo verhallte nur Augenblicke später.
Die drei Dämonenjäger standen fassungslos da und starrten auf die blutverschmierten Tentakel. Die Präzision und Gnadenlosigkeit, mit denen sie ein Leben ausgelöscht hatten, wurden nur noch übertroffen von der Sinnlosigkeit der Tat.
Was hätte dieser einzelne und anscheinend unbewaffnete Mann schon ausrichten können?
»Wir hätten ihn retten müssen!«, sagte Zamorra.
»Nein. Er war selbst dafür verantwortlich.« Aus Dylans Stimme war jede Spur der Schnoddrigkeit verschwunden. »Ich glaube sogar, er wollte es so. Lieber dieses schnelle Ende, als wofür auch immer da drinnen missbraucht zu werden. Du kannst nicht die ganze Welt retten, Zamorra! Niemand hätte ihn davon abhalten können.«
Vermutlich hatte Dylan recht. Das machte es Zamorra aber nicht leichter. Denn wenn nötig, wollte er die ganze Welt retten, verdammt noch mal!
Für einige Sekunden kehrte Schweigen ein, das erst von Rhett wieder gebrochen wurde. »Jetzt wissen wir, was uns blüht, wenn wir diesen Pieksdingern zu nahe kommen. Wie sollen wir es an denen vorbeischaffen? Vorschläge?«
Dylan zog den Blaster. »Hiermit? Vielleicht können wir sie kappen.«
Auch Zamorra nahm den Blaster. »Ja, vielleicht. Aber höchstens ein paar. Das wäre, als wolltest du mit einem Nagelscherchen den Rasen mähen. Wir würden die Blaster leerschießen, wären dann waffenlos, hätten
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