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0925 - Blutzoll

0925 - Blutzoll

Titel: 0925 - Blutzoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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anderen Räume gemacht und war dabei von einer unheimlich starken Magie gepackt und mitgezerrt worden.
    Wohin?
    Shao zerbrach sich den Kopf, wobei sie über den Vergleich selbst lächelte, denn sie hatte den Eindruck, überhaupt keinen Kopf mehr zu haben. Aber sie blieb dabei, daß sie eine Gefangene war und sich aus dieser Gefangenschaft kaum lösen konnte.
    Von ihrer Umgebung sah sie nichts. Es war auch der falsche Ausdruck. Sie trieb dahin durch ein Grau der Landschaft, in der sich Himmel und Erde zusammenballten, sich irgendwo trafen und eine nie enden wollende Nahtstelle bildeten.
    Allein, so schrecklich allein. Das Gefühl für Zeit war verschwunden. Sie wußte nicht, ob Minuten, Stunden oder sogar Tage vergangen waren. In dieser Zeit war alles möglich, und es hatte sie auf dem Speicher getroffen. Da war es dann passiert. Einfach so. Zuerst die Schwere, dann der Verlust der normalen Welt.
    Und nun…?
    Treiben, treiben. Grau in grau. Nichts zu sehen, nur Gedanken und das große Hoffen, daß sich irgendwann dieses Grau auflöste, so daß sie zu sehen bekam, was in ihm steckte, oder was sich möglicherweise dahinter verbarg.
    Bilder, Szenen, Welten…?
    Wer konnte das schon sagen? Andere Dimensionen waren so vielschichtig, das konnte von Vorteil, aber auch von Nachteil sein. Egal wie, sie war nicht in der Lage, ihr Treiben zu lenken und mußte sich schon auf die anderen Mächte verlassen.
    Wieder ging es weiter…
    Tief hinein in das Unbekannte. Es hörte nicht auf, es war immer da, es griff nach ihr, und Shao merkte nicht, ob es in dieser Welt warm oder kalt war.
    Vielleicht beides.
    Neutral…
    Bisher hatte sie keine neuen Bilder mehr gesehen, aber auch ihren Partner Suko nicht. Sie war praktisch aus den Szenen des Buches herausgerissen und in die Leere hineingestoßen worden.
    Durch die trieb sie jetzt…
    Es war schrecklich für sie, aber Shao spürte den Schrecken nicht, denn er war irgendwo zeitlos geworden. Sie gewöhnte sich daran. Hin und wieder vergaß sich auch ihren Freund Suko, denn dieses dichte Grau ließ einfach nicht nach.
    Shao erinnerte sich stets an die letzten Szenen in ihrer normalen Welt. Da waren ihre Glieder plötzlich schwer geworden. Da hatte sie sich nicht mehr bewegen können, und es war für sie der erste Schritt ins Nichts gewesen.
    Kann ein Nichts enden?
    Shao philosophierte darüber, aber sie kam zu keinem Ergebnis, weil sie sich ebenfalls als Nichts fühlte.
    Schrecklich…
    Auch endlos?
    Shao trieb weiter…
    ***
    Ich hatte den Rover vor dem Lokal abgestellt und ihn halb auf dem Gehsteig geparkt, wo er ohne das Blaulicht, das ich auf meinen Sitz gestellt hatte, sicherlich ein Opfer der Parkkralle geworden wäre.
    Es war wieder ein heißer Tag, aber zu dieser Stunde konnte man auch in Chinatown noch Luft holen. Da waren die kleinen Straßen und engen Gassen noch relativ leer. Die Nachtschwärmer-Touristen lagen noch in ihren Betten und schliefen sich fit.
    Es war die Stunde der Lieferanten und Müllwagen und auch die des Lüftens, denn überall standen die Türen offen, um durch Durchzug halbwegs frische Luft in die Geschäfte zu schleusen.
    Keine Lichtreklame mehr, deshalb sahen zahlreiche Fassaden so grau und auch so echt aus.
    Ich war kaum ausgestiegen, als Lao Fang schon die Stufen der kleinen Treppe herabeilte. Diesmal trug er eine schwarze Hose und ein kittelartiges Hemd darüber. Seine Augen wirkten übergroß, das Gesicht war bleich. Ich sah es, als er vor mit stehenblieb und zunächst einmal Luft holte.
    »Guten Morgen«, sagte ich.
    »Ja, ja…« Er lachte. »Ich weiß nicht, ob es ein guter Morgen wird. Ich würde ihn eher als einen blutigen Morgen bezeichnen, und damit ist es mir ernst.«
    »Nun ja, immer der Reihe nach. Sie haben ja vom Blut gesprochen, und sie entdeckten es im Anbau.«
    »So ist es.«
    »Das wiederum wundert mich, denn Sie haben mir gesagt, daß sie dort nicht hineingehen.«
    Für einen Moment war er überrascht. »Klar, das habe ich gesagt. Und ich bin auch nicht hineingegangen, ehrlich nicht. Aber ich habe es trotzdem gesehen.«
    »Wo denn?«
    »An der Tür…«
    »Der Außentür?«
    Er nickte heftig.
    »Okay, gehen wir hin.«
    Er schaute mich starr an, wie jemand, der darüber nachdachte, ob er es tun sollte oder nicht. Dann hob er die Schultern und nickte. »Klar, gehen wir! Sie sind da, und da ist es eben…« Er verstummte und drehte sich um.
    Wieder ging ich durch die Einfahrt. Sie diente einigen Nichtseßhaften als Nachtquartier. Ich

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