0926 - Mörderische Lockung
Haltestelle zu, wo auch der Bus stoppte, der uns und einige andere Urlauber nach Torres de Mar brachte, einem Ferienort mit vielen Menschen, vielen Hochhäusern, viel Umweltverschmutzung und einem Wasserverbrauch, der gerade hier im Süden des Landes schon lebensgefährlich war, denn der Boden trocknete immer mehr aus. Südspanien war schon versteppt und hatte bereits die Vorstufe zur Wüste erreicht. Der Bus zog eine wahre Staubfahne aus feinem Sand hinter sich her.
Es gab nicht wenige, die ihren Urlaub schon jetzt verfluchten, und ich gehörte zu ihnen.
Jane nicht.
Sie saß neben mir, sie schielte mich von der Seite her an und lächelte dabei.
»Ich frage mich, was es hier noch zu lächeln gibt.«
»Dein Gesicht.«
»Stört es dich?«
»Nein, ich kann ablesen, welche Gedanken dich quälen. Sehr freudig sind sie nicht.«
»Soll ich jubeln?«
»Ja, wenn du damit anfängst, haben wir bald den. Bus für uns. Da steigen die anderen freiwillig aus.«
Ich winkte ab, denn gegen Janes Argumente kam ich an diesem Tag nicht an.
So konzentrierte ich mich auf die Landschaft, durch die wir fuhren, und ich runzelte hin und wieder die Stirn.
Ich habe bei Gott nichts gegen den Süden, aber was ich hier zu sehen bekam, glich mehr einer verbrannten Erde, die sich zwischen den Küstenorten auftat. Touristenhochburgen zeigten uns, wo der Strand war. Sie verschandelten die Landschaft, was aber keinen Urlauber störte.
Manchmal war es besser, wenn man vor diesem touristischen Elend die Augen schloß, was ich auch tat. Dabei stellte ich mir eine andere Landschaft vor: grüne Hügel, Wälder, Flüsse - und statt der verfluchten Brutofen-Temperaturen ein gesundes Sommerklima.
Nur die äußeren Bedingungen um mich herum paßten nicht. Der Wirrwarr der Stimmen, das Fluchen der Fahrgäste über zu enge Plätze, unzufriedene Kinder, die Hitze und der Durchzug.
Jane saß neben mir. Hin und wieder stießen wir uns an, und ich hörte sie fragen: »Schläfst du?«
»Beinahe.«
»Dann hast du gute Nerven.«
»Noch, Jane, noch habe ich die. Ich hoffe nur, daß sie mir nicht geraubt werden.«
»Durch wen? Durch die unbekannte Frau?«
»Weniger«, erwiderte ich und schlug die Beine anders übereinander.
»Ich denke da mehr an die Umgebung.«
»Die wird sich ändern.«
»Meinst du?«
»Und wie.«
Ich teilte den Optimismus der Detektivin nicht, hielt aber den Mund.
Der Bus fuhr weiterhin in Richtung Torres de Mar. Das Meer war bereits zu sehen. Ich gab zu, daß es einen gewaltigen Kontrast zum Land bildete. Auf der Oberfläche bewegten sich Boote und Surfer. Bunte Segel wurden vom Wind gebläht, und die Boote trieben so schnell über die Wellen, als würden sie gejagt.
Ich wollte mir die Laune nicht durch persönlichen Ärger verdrießen lassen und wartete ab, bis wir den Ort erreicht hatten. Ich dachte an gar nichts mehr, nahm alles hin, und als der Bus vor dem Hotel stoppte, da gehörten Jane und ich zu den letzten Fahrgästen, die ihn verließen. Wir hatten keine Koffer mitgenommen, sondern verließen uns auf Reisetaschen, in denen das Gepäck steckte.
Das Hotel war ein weißer Kasten nicht zu hoch, dafür etwas breiter und leicht geschwungen gebaut. Es gab eine Auffahrt, ein sattes Grün, das schon künstlich wirkte, einen großen Springbrunnen davor, auch Palmen und natürlich die Horde der Touristen, die den Kasten stürmte. Die Reiseleiter, die auch in den Bussen gesessen hatten, »schaufelten« die Leute in die angenehm temperierte Halle. Dort hielten wir uns zunächst im Hintergrund, und ich freute mich natürlich, über die Abkühlung.
In zwei Sesseln hatten wir uns niedergelassen. Der große Wirbel löste sich auf, die Gäste fuhren hoch zu ihren Zimmern.
Ich lächelte Jane zu. »Na, Urlauberin?«
»Bin ich das?«
»Kann sein.« Ich streckte die Beine aus. So groß die Halle auch war, so bescheiden würden wir sicherlich die Zimmer erleben, die auf uns warteten.
Nach dem großen Trubel checkten wir ein. Die drei Damen an der Rezeption sahen gestreßt aus, blieben aber freundlich.
Wir schienen die einzigen Reisenden zu sein, die nicht mit einer Gesellschaft geflogen waren, und uns wurde gesagt, daß wir unsere Zimmer in der dritten Etage fanden.
Wir fuhren hoch. Der lange Flur ohne irgendwelchen Schmuck. Türen rechts und links, ein dünner, grauer Teppich auf dem Boden. Alles wirkte kühl und wenig einladend, aber wir wurden dafür entschädigt, als wir aus dem Fenster schauten.
Der Blick aufs Meer konnten
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