0926 - Mörderische Lockung
wir von dem Balkon aus genießen. Unter uns lag der Pool, eingepackt in einen Garten. Dann gab es da noch eine schmale Straße, über die kaum Verkehr floß, und an sie schloß sich der Strand an.
Jane stand neben mir und berührte meine Schulter. »Na, was sagst du, Geisterjäger?«
»Nun ja…«
Sie lachte. »Ist nicht dein Fall.«
»Es gibt Schlimmeres.« Ich drehte mich um. »Wer soll zuerst duschen? Du oder ich?«
»Ich«, sagte Jane.
»Bitte.«
Ich wartete im Zimmer. Die Möbel waren hell. Kein Luxus, alles war sehr zweckmäßig eingerichtet. Sehr groß war das Zimmer auch nicht. Wer hier seinen Urlaub verbrachte, der hielt sich sowieso die meiste Zeit im Wasser und am Strand auf.
Ich hatte die Schuhe ausgezogen, lag auf dem Bett und dachte an das Bild. Die Frau war attraktiv, das mußte ich zugeben. Aber was war sie tatsächlich? Eine Hexe? Oder irrte Jane?
Ich glaubte es nicht. Nein, es war einfach zu unnormal. Sie konnte sich nicht irren. Da hatte es einen bestimmten Kontakt gegeben, das wußte sie, das wußte ich. Und dieser Kontakt würde sich hier noch intensivieren.
Ich dachte auch darüber nach, wie ich mich verhalten sollte. Es gab da zwei Möglichkeiten. Ich konnte mich zurückhalten oder bei ihr bleiben, so daß wir gemeinsam auf die Pirsch gingen. Mit dem Zurückhalten meinte ich nicht eine Ausgrenzung. Ich würde Jane schon unter Kontrolle halten, mich aber nicht direkt in den Vordergrund schieben.
Mal sehen…
Sie kehrte zurück. Noch eingewickelt in ein flauschiges Badetuch. An ihrem Gesicht las ich ab, daß etwas nicht stimmte. »Hast du Ärger gehabt?«
»Überhaupt nicht.«
Ich stand auf. »Lüg nicht.«
Sie war zu mir gekommen und tätschelte meine Wange. »Schau selbst nach, John.«
Das tat ich auch. Jane hatte die Tür zum Bad offengelassen, und ich wußte nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. In dem Bad gab es eine Dusche, eine Toilette und ein Handwaschbecken. Die Dusche war ein wenig eng, aber ich war ja gelenkig. Jedenfalls konnte ich mich erfrischen und trocknete mich dann ab, streifte die frischen Sachen über und verließ das Bad.
Jane lag auf dem Bett.
Sie hatte ein blaues T-Shirt angezogen und trug eine dünne, weiße Leinenhose. Ich wollte sie ansprechen, als ich bemerkte, daß sie eingeschlafen war.
Oder?
Ich wurde mißtrauisch.
Jane lag da wie tot. Erst jetzt fiel mir auf, daß ihre über der Brust zusammengelegten Hände das Bild der Frau festhielten, das ihr geschickt worden war. Und ich sah, daß sie leicht zitterte. Ihre Lippen bewegten sich. Auf dem Gesicht schimmerte der Schweiß. Die Augen hielt sie halb geschlossen, und wenn mich nicht alles täuschte, flössen flüsternde Worte aus ihrem Mund.
Was war los?
Ich ließ mich auf der Bettkante nieder und schaute Jane an. Sie hatte mein Erscheinen noch nicht bemerkt, aber sie sprach einen Namen so deutlich aus, daß ich ihn verstehen konnte.
»Beth - Beth Calvaro…«
Ich rührte mich nicht. Den Namen aber hatte ich verstanden und würde ihn auch behalten. Ich stellte keine Frage, sondern lauschte weiterhin den Worten der Detektivin.
»Ja, wir sind da. Wir werden dich finden - ich weiß es. Gut, Beth, ich…«
Sie brach ab und schreckte plötzlich hoch. Verwirrt schaute sie sich um, sah mich, flüsterte meinen Namen und fuhr mit den Händen durch ihr blondes Haar.
»Alles okay, Jane?«
Sie hob die Schultern. »Das kann ich nicht genau sagen. Ich weiß es nicht. Aber ich habe tatsächlich geträumt. Und ich bin eingeschlafen.«
»Kannst du dich daran erinnern, was du geträumt hast?«
Sie schlang die Hände um die Knie. »Nur schwer, John. Ich weiß es nicht so genau.«
»Du hast gesprochen.«
»Ach ja?«
Ich nickte. »Du hast sogar einen Namen genannt. Kannst du dich erinnern?«
»Auf keinen Fall.«
»Beth«, sagte ich und schaute dabei in ihr gespanntes Gesicht. »Beth Calvaro.«
Jane Collins holte durch die Nase Luft. Dann räusperte sie sich. »Den Namen…!«
»Du hast ihn gesagt.« Ich deutete auf das Foto neben ihr. »Sie muß so heißen.«
Jane schaute hin, wiederholte den Namen ebenfalls, räusperte sich und schüttelte dabei den Kopf. »Es ist alles durcheinander, und mir fällt nur allmählich ein, was ich geträumt habe. Es ist da, aber es ist nicht faßbar.« Sie strich mit dem Zeigefinger an ihrer linken Wange entlang.
»An was kannst du dich erinnern?«
»Eigentlich nur an Dunkelheit. Auch an Blut. An Schreie. Es war ein Alptraum.«
»Nicht an eine Frau?«
»Du
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