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0928 - Das Hexendiadem

0928 - Das Hexendiadem

Titel: 0928 - Das Hexendiadem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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erzählen. Erst Nicoles eindringliche Worte, dass sich die Ausführenden eines tödlichen Fluchs niemals irrten, weil das die magischen Strukturen gar nicht zuließen, veranlassten sie plötzlich zum Umdenken.
    Stockend begann sie zu erzählen. Bilder einer längst vergangenen Zeit wurden vor ihren Zuhörern lebendig.
    ***
    Frankreich, 1928
    Davide Duc de Caraman lenkte den hellblauen Hispano-Suiza, dessen Dach er nach hinten geklappt hatte, durch die Straßen Fontainebleaus. Autos waren noch selten. Nur die Reichen konnten sie sich leisten und so wurde er von Damen, Herren und Kindern, die in den Straßen flanierten, gleichermaßen begafft und bewundert. Normalerweise genoss er es, aber im Moment ließen das seine Sorgen nicht zu.
    Ja, er hatte Sorgen. Schwere Sorgen sogar, für die er dringend die Hilfe eines Fachmanns benötigte.
    In Aleister Crowley, einer der umstrittensten Persönlichkeiten seiner Zeit, sah er diesen Fachmann. Momentan hielt sich Crowley, einer der fähigsten Magier aller Zeiten, wie man munkelte, wieder mal hier in Fontainebleau, rund 65 Kilometer südlich von Paris auf. Immer wieder besuchte der Magier das »Institut für die harmonische Entwicklung des Menschen«, obwohl ihn dessen Gründer Georges I. Gurdjieff bereits vor zwei Jahren ausdrücklich als »Weltheiland« abgelehnt hatte. Dabei hatten ihn deutsche Okkultisten auf einer Konferenz in der thüringischen Stadt Weida 1925 dazu ernannt. Ins Institut dieses zwielichtigen russischen Okkultisten hatte Davide de Caraman dem Magier ein Telegramm geschickt und ihm sein Problem vorgetragen. Und Crowley hatte sich mit einem Treffen einverstanden erklärt.
    Das Gehörte schien ihn zu interessieren. Vielleicht aber auch nur die Tatsache, dass Davide bei erfolgreicher Erledigung des Auftrags großzügige finanzielle Zuwendungen in Aussicht stellte.
    Bisher hatte sich der Graf nur am Rande für Magie und Okkultismus interessiert. Seit diese unheimliche Hexe namens Madeleine Brissac aufgetaucht war und ihm an den Kragen wollte, sah das aber anders aus.
    Über fest gestampfte Wege, die eher für Pferdefuhrwerke geeignet waren, schaukelte Davide de Caraman zur Prieure, die etwas außerhalb Fontainebleaus lag. Das verwinkelte, lang gestreckte Gebäude inmitten ungepflegter Wildnis kam ihm gleich unheimlich vor, als er es zum ersten Mal sah. Dieser Eindruck wurde nicht besser, als er vor dem Haus vergeistigt wirkenden Gestalten begegnete; manche ignorierten ihn schlichtweg, andere begrüßten ihn freundlich.
    Mit klopfendem Herzen stieg Davide de Caraman aus. Er nahm die Autobrille ab und steckte sie in die Tasche seines langen hellgelben Jacketts. Dann klopfte er sich die blauen Knickerbocker zurecht, nahm die flache Lederkappe ab und fuhr sich über das braune, an der Seite gescheitelte Haar, das er mit Hilfe von Pomade streng nach hinten gekämmt trug. Ganz kurz dachte er an seine Geliebte. Ob er sie durch diese Aktion in Gefahr brachte? Es war jetzt egal.
    Na, dann wollen wir mal. Ich hoffe nur, dass die vermaledeite Hexe keinen Wind von meiner Aktion bekommt…
    Eine Viertelstunde später saß der Graf in einem kleinen, düsteren Raum dem Mann gegenüber, den er so sehnlich hatte treffen wollen. Crowley, im grauen Cutaway, erwies sich als düstere Erscheinung. Aus dem bereits völlig haarlosen Eierkopf mit den aufgedunsenen Backen blickten stechende Augen. Der Graf hatte das Gefühl, dass sie ihn bis auf die Seele sezierten.
    Plötzlich lächelte Crowley. »So, Sie sind also der Mann, der von einer Hexe gejagt wird und jüngstes Opfer eines uralten Fluchs werden soll.« Sein Französisch klang holprig, war aber gut zu verstehen.
    »Ja. Und ich hoffe sehr auf Ihre Hilfe, Mister Crowley. Man erzählt sich wahre Wunderdinge von Ihren Fähigkeiten.«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mir eine Pfeife anstecke, Monsieur Caraman?«
    »Nein, machen Sie nur.«
    Crowley nickte. »Glauben Sie an Schutzengel?«, fragte er unvermittelt, während er die Pfeife stopfte.
    »Wie? Nun, wenn Sie mich so direkt fragen, nein.«
    »Sollten Sie aber. Ich versichere Ihnen, Monsieur Caraman, dass Ihnen Ihr Schutzengel helfen würde, würden Sie nur genügend an ihn glauben und nicht seine Existenz in Abrede stellen. Auch Schutzengel sind eitel und schnell in ihrer Ehre verletzt.«
    »Möglich«, murmelte Davide de Caraman.
    Aleister Crowley lachte leise, zündete die Pfeife an und zog daran. Gleich darauf erfüllte würziger Tabakrauch den Raum und reizte die

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