0933 - Die Horror-Mühle
drüberspringen können.« Er lief schon vor und winkte. »Kommt, das sind nur noch ein paar Schritte.«
»Klasse, nicht?« fragte Silvia.
»Noch mehr als das. Schaffst du es denn allein, Silvia?«
»Warum denn nicht?«
»Ich würde dir sonst helfen.«
»Das ist nicht nötig.« Vorwurfsvoll schaute sie den Fremden an. »Ich bin doch kein Baby mehr.«
»Das sieht man ja.«
Jens machte den Anfang. Er hatte nur einen kurzen Anlauf genommen, stieß sich ab und schaffte es schon beim ersten Versuch.
Dann war Silvia an der Reihe. Sie mußte sich mehr anstrengen, zudem war sie auch kleiner, aber sie kam ebenfalls drüben an, ohne sich nasse Füße zu holen.
Den Schluß machte Buzea. Für ihn war es ein Kinderspiel. Neben den Geschwistern blieb er stehen und schaute zur Mühle hin, deren Rückseite sie sahen.
Die Flügel waren nur halb zu erkennen, weil das alte Mauerwerk sie verbarg. Hinzu kamen die Bäume, die zusätzlich noch einen Sperrschild bildeten. Um die Mühle zu erreichen, mußten die drei noch eine Böschung hochklettern. Das Gebäude stand nicht direkt an der Straße.
Es lag etwas versetzt, und zwischen ihm und der Straße befand sich ein freier Platz.
Diesmal kletterte Silvia als erste den Hang hoch. Sie wurde dabei noch von ihrem Bruder angeschoben. Der Fremde bildete den Schluß. Er lauschte bereits, um zufrieden festzustellen, daß sich kein Auto näherte.
Die drei tauchten aus der Deckung der Böschung auf. Die hohe Mühle mit den mächtigen Flügeln stand jetzt rechts neben ihnen. Sie sah aus wie immer, was auch den Kindern auffiel.
Jens schüttelte den Kopf. »Das ist aber komisch. Die sieht gar nicht danach aus, als würde jemand in ihr wohnen.«
Die Ausrede floß Buzea glatt über die Lippen. »Das ist doch klar, ihr beiden. Wir wohnen ja erst seit drei Tagen dort.«
»So ist das.« Jens nickte. Er folgte dem neuen Freund, der es jetzt eilig hatte, denn noch war die Straße frei. Kein Autofahrer würde sie entdecken.
Sie hörten nur das Plätschern des Bachs, der auch unter dem großen Mühlrad an der linken Seite vorbeiführte, das allerdings stillgelegt worden war und sich nicht im Wasser drehte.
Der Eingang zur Mühle lag ebenerdig. Buzea hatte vor kurzem die Tür aufgebrochen und er hoffte, daß den Kindern das zerstörte Schloß nicht auffiel. Er ging auf Nummer sicher, holte einen anderen Schlüssel hervor und tat so, als würde er aufschließen.
Dann drückte er die Tür nach innen, stellte sich aber so hin, daß die beiden das Schloß nicht sehen konnten.
Noch zögerten die Geschwister.
Alfons Buzea zeigte Ungeduld. »Was ist denn?«
Silvia und Jens schauten sich an. Beide hoben fast gleichzeitig die Schultern. »Ich weiß nicht«, sagte das Mädchen.
»Was weißt du nicht?«
»Ich glaube, ich gehe wieder.«
»Nein, jetzt sind wir einmal hier, und wir werden essen.«
»Aber es ist so dunkel darin - und riecht so komisch.«
Buzea hatte Mühe, die Nerven zu bewahren. »Ist doch klar. Wir wohnen doch erst seit kurzem hier. Da müssen wir noch aufräumen. Versteht ihr das nicht?«
»Und wo ist deine Frau?« fragte der Junge.
»Wahrscheinlich oben. Sie kocht.«
»Das Essen rieche ich aber nicht«, sagte Silvia. »Stimmt.«
Buzea wußte nicht, was er noch sollte. »Also wenn ihr nicht wollt, dann geht wieder. Aber die zehn Mark habt ihr angenommen, wie?! Dazu wart ihr euch nicht zu schade.«
Seine Worte ließen die Kinder nicht kalt, und Röte breitete sich auf ihren Gesichtern aus.
»Jetzt sagt ihr nichts, wie?«
Sven stieß seine Schwester an. »Wir können ja mal schauen. Ich wollte die Mühle schon immer mal sehen. Du doch auch.«
»Schon, aber…«
Sven schob Silvia voran. Damit war alles klar. Sie würde sich nicht mehr wehren, und sie ging als erste an Alfons Buzea vorbei, wobei dessen Gesicht für einen Moment eine nahezu teuflisches Starre bekommen hatte. Der Mund war verzerrt, stand offen und wirkte wie eingefroren.
Sie waren in der Mühle. Beide.
Er hatte die Opfer.
Und dann drückte Buzea die Tür zu. Er tat es langsam, als wollte er jeden Ton dieses knarrenden und quietschenden Geräuschs genießen.
Von innen ließ sich die Tür schließen, und da gab es einen Riegel, den er auch vorschob.
Die beiden Kinder standen vor ihm. Wohl fühlten sie sich nicht. Sie hielten sich an den Händen fest.
»Wo ist denn deine Gudrun?« fragte Silvia.
»Es gibt sie nicht!« flüsterte der Entführer und konnte ein Kichern nicht unterdrücken.
Das war der
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