0935 - Tochter der Dunkelheit
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»Nie im Leben! Eher beiße ich dir die Halsschlagader durch.«
Zhoran drehte den Kopf weg vom Objekt seiner Begierde und stierte Kassandra an. Es dauerte einige Sekunden, ehe die Worte des Mädchens bis zu seinem Bewusstsein durchgedrungen waren.
»Was willst du kleines Gör? Mir die Halsschlagader durchbeißen?« Er lachte verächtlich. »Da musst du wohl noch ein paar Sandspinnen fressen oder deine Irrwischsuppe auslöffeln. Du wirst dich niemals mit mir messen können, denn ich bin ein Corr.«
»Ein typischer Corr.« Kassandra nickte. »Du stinkst schlimmer als ein Ghoul und bist überflüssiger als der olle Lucifuge Rofocale. Außerdem…«
Zhoran fauchte vor unterdrücktem Zorn. Die Beeinflussung durch die Seelen-Träne schien nachzulassen.
»Sandy, lass es sein«, forderte Carrie Ann.
»Wieso denn, Ma? Das stimmt doch. Außerdem ist er dümmer als Stygias Flugaffen.«
»Kassandra!« Carrie Anns Stimme klang metallisch.
Das Dämonenmädchen versteifte sich. Sie funkelte den Corr an.
»Hau ab von hier! Du bist bei uns nicht erwünscht!«, schrie sie Zhoran an. »Und lass dich hier nie wieder blicken, sonst sorgt Vassago dafür, dass du in die Tiefen des Oronthos gestürzt wirst!«
»Wo ist er denn, dein Vassago?«, höhnte Zhoran mit heiserer Stimme. In den letzten Minuten schien er rapide zu altern. Er öffnete seine linke Klaue und blickte auf den Augensplitter, der sich darin befand. Ein grauenhafter Verdacht stieg in ihm auf.
»Alles nur wegen dieses Mistdings?«, brummte er undeutlich. Kassandra und Carrie wussten nicht, was er mit seinen Worten meinte.
Er warf den Splitter gegen die Seelen-Träne. Es gab keine Explosion, die Träne wurde auch nicht beschädigt. Sie saugte den Augensplitter einfach in sich hinein und strahlte danach umso heller.
»Woher habt ihr dieses… Ding? Das ist engelverflucht!«, schimpfte Zhoran. »Dafür habt ihr den Tod verdient.«
Carrie Ann stolperte einige Schritte zurück und prallte mit der Stirn gegen eine Säule. Sie verbiss sich einen Schmerzensschrei, stolperte und fiel zu Boden. Auf allen vieren kriechend versuchte sie, aus der Gefahrenzone zu gelangen.
Kassandra hingegen hob die Hände und griff sofort an. Flammenspeere zuckten auf Zhoran zu und durchbohrten seine Lederhaut. Die lange Reaktionszeit bewies, dass er sich nicht auf der Höhe seines Könnens befand. Die Seelen-Träne hatte ihm über den Umweg durch den Augensplitter fast alle Energien gestohlen. Zhoran reagierte schwerfällig wie ein Boxer, der kurz vor dem Anzählen steht.
Er brüllte und versuchte, die Flammenspeere mit seiner Magie abzuwehren. Kurz sah es so aus, als würde er Erfolg damit haben, doch dann verließen ihn die Kräfte. Zhoran bohrte die eigenen Klauen in seinen Oberkörper. Er schloss die Augen, atmete schwer ein und aus, dann fiel er einfach zu Boden. Still lag er da, ein fast drei Meter großer Dämon, ein großer Fleischberg, der eigentlich mit Kräften ausgestattet hätte sein sollen, die das menschliche Fassungsvermögen überstiegen.
»Das hast du dir verdient!«, rief Kassandra. Ihrer Stimme war die Erleichterung anzuhören. Sie ging zu Zhorans Leiche und murmelte: »Der kann uns nichts mehr tun, Ma!«
»Sandy, was hast du getan?«, keuchte Carrie Ann entsetzt. »Zarkahr wird nicht eher ruhen, bis er sich an dir gerächt hat…«
***
Die Para-Spur endete in einem der ruhigeren Bereiche der Hölle. Sie befanden sich in einem Canyon, der von einem Bach mit kochendem Wasser durchschnitten wurde. Zu beiden Ufern des Baches erhoben sich mehrere hunderte Meter hohe Berge, die wie überdimensionale Nadeln in die Höhe ragten.
Zamorra hatte sofort den Blaster in Anschlag gebracht, während Avenge die Umgebung mit seinen Druidenkräften sondierte. Den rot glühenden Himmel ohne Sonne kannte der Meister des Übersinnlichen von seinen bisherigen Besuchen her, ebenso die heißen Felsen. Aber er vermochte nicht zu sagen, in welchem Kreis der Hölle sie sich befanden. Das entzog sich seiner Kenntnis, diese Unweit war schließlich riesengroß.
»Wie schaffen es die Dämonen bloß, durchzusteigen, wo sie sich befinden«, grummelte er. Avenge hatte ihn nicht gehört, seine Konzentration lag bei wichtigeren Dingen.
Von der ersten Sekunde an machte Zamorra die Hitze zu schaffen. Es mussten mindestens 40 Grad Celsius herrschen. Dazu kamen ein bestialischer Gestank, der einem schier die Schleimhäute verätzte, sowie ein ständiger leichter Druck auf der
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