0936 - Belials Abrechnung
aber du wirst es bereuen.«
»Unsinn!« Plötzlich war sie wütend geworden und unterbrach die Verbindung. Zugleich aber schoß ihr durch den Kopf, daß sie möglicherweise einen Fehler begangen hatte. Es war nicht besonders klug gewesen, dem anderen das Wort abzuschneiden. Vielleicht hatte er nicht geblufft und sich John tatsächlich geholt.
War er tot?
Jane kriegte bei diesem Gedanken eine Gänsehaut. Sie starrte das Telefon an und hoffte, daß sich der Unbekannte noch einmal meldete. Das aber tat er nicht.
Jane hörte sich selbst tief einatmen. Dann hörte sie Lady Sarah, die Horror-Oma. Sie kam die Treppe herab. Der Weg führte sie in die Küche, wo Jane ziemlich verloren stand und so aussah, als wäre sie vom Regen in die Traufe geraten.
»He, was ist denn nur los mit dir?«
Sehr langsam drehte sich Jane Collins um. Beinahe verloren schaute sie Sarah an.
»Mein Gott, du bist ja ganz blaß. Was ist denn überhaupt passiert? Hängt es mit dem Anruf zusammen?«
Die Detektivin nickte. »Ja - und ich glaube, einen Fehler gemacht zu haben.«
»Und welchen?«
Jane blickte Sarah direkt an. »Ich hätte nicht auflegen und ihn statt dessen hinhalten sollen.«
Es gefiel der Horror-Oma nicht, wie das Gespräch lief. »Himmel, was hast du denn getan?«
»Jemand hat angerufen«, murmelte Jane. »Eine Person, die ihren Namen nicht genannt hat.«
»Mann oder Frau?«
»Mann, denke ich, obwohl seine Stimme nicht eben männlich klang, sondern irgendwie neutral. Aber ich denke schon, daß es ein Mann gewesen ist. Und der erzählte mir, daß etwas mit John ist.«
»Was denn?«
»Daß er tot ist. Oder so gut wie tot. Und daß es an mir liegt, ihn zu retten.«
Sarah schluckte. Diese Nachricht hatte sie überrascht. Sie wurde blaß im Gesicht, ihre Nervosität wuchs, was sich daran zeigte, daß sie mit ihren Ketten spielte, die sie um den Hals trug.
»Ein Bluffer?«
Jane hob die Schultern.
Sarah deutete auf das Telefon. »Das kannst du leicht herausfinden, indem du bei John anrufst. Los, versuche es! Oder soll ich das für dich übernehmen?«
Jane räusperte sich den Hals frei. »Nein, nein, laß das mal. Ich habe mit diesem Unbekannten gesprochen, und er hat auch nach mir gefragt. Ich werde bei John anrufen.« Sie schüttelte den Kopf.
»Nach einem Bluff hat sich das nicht gerade angehört. Da bin ich ehrlich, Sarah. Ich befürchte, daß unser Freund in Schwierigkeiten steckt. Mal schauen, ob es sich bewahrheitet.« Jane war nervös, das gab sie zu, das war auch zu sehen, denn ihre Finger zitterten, als sie die Zahlen eintippte. Auf ihrer Stirn hatte der Schweiß einen feuchten Film zurückgelassen, und sie atmete erst auf, als sie feststellte, daß Johns Anschluß nicht besetzt war. Es läutete durch, doch niemand hob ab.
Schließlich legte Jane Collins auf und wandte sich an Sarah Goldwyn. »Er ist nicht in seiner Wohnung.«
»Ja, akzeptiert. Wir haben Wochenende. Für dich sollte es noch lange kein Grund sein, in Panik zu verfallen.«
»Das tue ich auch nicht.«
»Dann ruf bei Shao und Suko an.«
»Du wirst lachen, aber das hatte ich gerade vor.« Sie tippte Sukos Nummer ein. Dort meldete sich jemand, es war Shaos Stimme, aber sie sprach vom Band, denn die beiden hatten den Anrufbeantworter eingeschaltet. Jane hörte nicht erst das Band ab, sondern schaltete das Handy aus.
»Nicht da, verdammt!«
»Und was machst du jetzt?«
Jane nagte auf der Unterlippe. »Weit sind sie bestimmt nicht. Denke ich mir mal. Ich werde hinfahren. Einen Schlüssel von Johns Wohnung habe ich. Ich muß mich einfach davon überzeugen, ob sich der Anrufer nur einen üblen Scherz erlaubt hat oder ob er die Wahrheit sagte. Jedenfalls hat er es geschafft, mich zu beunruhigen.« Sie wischte die Handflächen an der dunklen Cordhose ab.
»Mein Gefühl spricht dagegen. Ich glaube einfach nicht an einen Scherz, Sarah.«
»Was macht dich so sicher?«
»Die Stimme, Sarah.« Jane stieß sich von der Arbeitsplatte ab und begann eine Wanderung durch die kleine Küche. Sie hatte dabei den rechten Zeigefinger ausgestreckt und bewegte ihn auf und ab.
»Es ist die Stimme gewesen, Sarah, die Stimme. Sie hat sich schrecklich angehört. Nicht schrecklich im eigentlichen Sinne. Ich weiß nicht, wie ich dir das genau sagen soll. Jedenfalls klang sie so, sicher und zugleich wenig menschlich, wenn du verstehst.«
»Nein, das verstehe ich nicht.«
»Ich hatte zunächst den Eindruck, als käme die Stimme vom Band, aber das war nicht der Fall.
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