0936 - Belials Abrechnung
Gehsteige.
Die Detektivin hörte die anderen Fahrer schimpfen und sich darüber wundern, daß ein gefallener Baumstamm die Weiterfahrt unmöglich machte. Er lag quer auf der Fahrbahn und würde ohne Hilfsmittel nicht weggeschafft werden können.
Die Fahrzeuge der Stadt waren noch nicht zu sehen. Nur ein Polizeiwagen stand hinter dem Baumstamm geparkt. Das Licht auf seinem Dach drehte sich. Die Straße war gesperrt. Man konnte nicht mal wenden.
Einige Fahrer stiegen wieder ein. Zwei Kinder, die ebenfalls ausgestiegen waren, beschwerten sich lauthals bei ihren Eltern. Sie wollten unbedingt zu einem Spielplatz.
Jane hob die Schultern. Es brachte nichts, wenn sie jetzt durchdrehte, sie mußte sich einfach in das Schicksal fügen. Sie schaute über die anderen Autodächer hinweg. Der Baumstamm lag noch immer quer über der Straße. Die Polizisten langweilten sich. Einer war auf den Gehsteig getreten und sprach in sein Handy.
Jane stieg wieder ein.
Und plötzlich hockte sie unbeweglich. Im selben Augenblick ärgerte sie sich, die Tür zugezerrt zu haben, denn auf dem Nebensitz sah sie eine Gestalt.
Wegen ihrer Größe hockte sie geduckt da, schaute Jane an, die von der bösen Überraschung voll getroffen war und zuerst nicht wußte, was sie tun sollte.
Sie starrte in ein Gesicht, das sie noch nie zuvor gesehen hatte, aber sie kam nicht mehr dazu, sich diesen Ausdruck einzuprägen, denn eine große gespreizte Hand nahm ihr plötzlich die Sicht. Vor ihren Augen wurde es dunkel. Jane wollte die Hand zur Seite schlagen, aber der andere war schneller.
Jane spürte sie in ihrem Gesicht. Kalte Finger bewegten sich und griffen zu.
Etwas raubte ihr den Atem.
Sie konnte nicht mehr schreien, merkte noch, daß sie trampelte, dann aber kamen die Schatten über sie und zerrten sie hinein in das große Gefängnis.
Die plötzliche Dunkelheit trieb sie weg. Nur einmal noch hatte sie das Gefühl, in die Höhe zu steigen, durch das Autodach zu segeln und wegzufliegen.
Wohin, das wußte sie nicht.
Alles war vorbei.
***
Ich befand mich noch immer in Glendas Wohnzimmer, stand aber nicht mehr, sondern hatte mich in einen der Sessel gesetzt. Mein Gesicht war lang und länger geworden, und tief in meinem Innern wußte ich genau, daß ich den Satz eines mir noch unbekannten Spiels verloren hatte. Ich wußte nicht, wie es laufen würde.
Ich kannte weder den Beginn, noch den Fortlauf, ich ging nur davon aus, daß Glenda Perkins entführt worden war. Wer dahintersteckte, war mir ein Rätsel, aber meine Gedanken kehrten immer wieder zu diesem Alptraum zurück.
Ich hatte beide gesehen - Jane und Glenda. Beide waren nackt gewesen. Beide hatte man gefesselt.
Beide waren nicht in der Lage gewesen, sich zu befreien, und beide hatten sich ihrem übermächtigen Gegner geschlagen geben müssen.
Wohin sollte das Laufen? Wie sollte das noch alles enden? Ich kam nicht mehr zurecht, aber die Erinnerung an meinen Traum blieb.
Zwei Frauen - Glenda und Jane!
Natürlich. Wenn es etwas gab, das mich unter Umständen weiterbringen konnte, dann mußte ich mich mit Jane Collins in Verbindung setzen und bei Sarah anrufen.
Ich ärgerte mich ein wenig darüber, daß mir nicht sofort die Idee gekommen war, schnappte mir das Telefon, stellte es auf meinen Schoß und tippte Sarah Goldwyns Nummer ein.
Die Horror-Oma meldete sich so schnell, als hätte sie nur darauf gewartet, angerufen zu werden.
Und ich bekam mit, wie erleichtert sie war, als sie meine Stimme hörte.
»Toll, daß du anrufst, John.«
»Ähm - wieso?« Ich war etwas durcheinander.
»Ist Jane bei dir?«
»Wie meinst du das?«
»Sie wollte ja anrufen, sobald sie bei dir eingetroffen ist.«
»Sorry, Sarah, aber sie ist nicht hier.«
»Ach - nicht?«
»Nein. Außerdem bin ich nicht in meiner Wohnung, sondern bei Glenda Perkins.«
»Ach. - Wieso?«
Ich merkte, wie mein Herz schneller schlug und wollte mich durch einen tiefen Atemzug beruhigen.
»Nimm es einfach hin, Sarah, daß ich bei ihr bin. Ich möchte von dir nur erfahren, weshalb Jane zu mir wollte. Ich hätte sie nämlich auch gern gesprochen, und deshalb rufe ich an. Es laufen da Dinge, von denen ich einfach zuwenig weiß, die allerdings Jane, Glenda und mich unmittelbar betreffen.«
»Dann hat mich mein Gefühl nicht getrogen«, flüsterte Sarah.
»Welches Gefühl?«
»Spielt nun keine Rolle mehr, John. Ich will dir sagen, weshalb Jane dich aufsuchen wollte.«
Sarah Goldwyn gehörte zu den Frauen, die verdammt viel
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