0936 - Schattentheater
Kenner der Dämonenszene. Und auch wenn sie nicht die Aufgabe haben, Dämonen zu jagen, vielleicht können sie mir einen Tipp geben, der dazu führt, dass dieser Albtraum endlich endet.
Er dachte an den Anruf, der ihn erreicht hatte, kaum, dass er nach seiner Gesellschaft wieder nach Hause gekommen war. Minamoto-san hatte ihm mitteilen müssen, dass Tanabe-san leider ein Opfer des geheimnisvollen Dämons geworden war. Und er auf wesentlich grausamere Weise zu Tode gekommen war als Ieyasus andere Gäste. Vielleicht hat Minamoto-san recht und ich sollte das Stück von der Alten im Wald absetzen. Auch wenn es nichts mit den Dämonen zu tun hat, vielleicht hören dann diese Albträume auf.
Er trank noch ein Glas und holte aus einem der Schränke eine frische Decke. Die andere musste auslüften. Er legte sich wieder hin.
Vielleicht bessern sich die Dinge schon, wenn ich dem Ratschlag Minamotos folge und über ein neues Stück nachdenke. Eines, das auch selten ist, damit ich meinen guten Ruf nicht vollends verliere.
Etwas, in dem keine Dämonen vorkommen. Nur Heilige.
Vielleicht besiege ich damit diesen schrecklichen Kreislauf, der hier stattzufinden scheint…
***
Der bittere Duft des grünen Tees schien in den Dampfringeln über der exquisit gearbeiteten Teeschale Gestalt anzunehmen.
Sieht aus wie die Wolkenspiralen im Baderaum. Nicole hob die Schale auf und folgte einem der kaum sichtbaren Rauchkringel, bis er in der stillen Zimmerluft verwehte. Dann steckte sie ihre Nase in den Dampf und versuchte, über dem frischen, herben Geruch des Tees die vergangenen eineinhalb Stunden und das schreckliche Bild eines kopflosen Rumpfs in einem See aus Blut zu vergessen. Der Duft, der sich mit dem des trockenen Reisstrohs der Tatami-Matten verband, schien dabei zu helfen.
»Madame Ichiko, ich danke Ihnen für den Tee!«, sagte sie, nachdem sie einen Schluck getrunken und die Schale wieder abgestellt hatte.
Die Dame nickte erfreut und goss Nicole Tee nach. »Ich würde Ihnen noch empfehlen, ein Bad zu nehmen, Madame. Ich weiß, dass Europäer nicht so häufig baden wie Japaner, aber Sie waren heute Abend dem Blut und dem Tod sehr nahe. Sie sollten diese Erfahrungen abwaschen.«
Erst wollte Nicole widersprechen. Doch dann erinnerte sie sich an die Erfrischung, die das Bad heute Nachmittag bedeutet hatte. Sie sah auf die Uhr und lächelte. Es war nicht einmal Mitternacht. »Warum nicht«, sagte sie dann lächelnd.
Madame Ichiko lächelte erneut und entschuldigte sich dann. »Ich mache das Wasser noch einmal heiß. Dann habe ich noch Vorbereitungen für das Frühstück morgen, Madame. Ich nehme an, Sie möchten Kaffee statt Tee?«
»Danke, ja! Das wäre nett.«
Nicole trank noch einen Schluck Tee. Dazu musste sie die Schale hoch vors Gesicht heben. Es musste so aussehen, als habe sie die Augen geschlossen und so sah sie an den Rändern der Tasse vorbei, dass Madame Ichiko ihrem Neffen, Minamoto-san mit einem kurzen Blick auf sie noch einmal kurz zunickte, bevor sie über die Türschwelle trippelte und die mit Papier bespannte Tür vorsichtig zuschob.
Die beiden sind sich im Bezug auf mich über irgendetwas einig. Was sagte Tanabe-san kurz vor seinem Tod? Dass Minamoto vermute, dass etwas mit mir nicht in Ordnung sei. So geht das nicht weiter. Sie ärgerte sich. Der Job, den sie hier zu tun hatte, die Bewertung des Falles für die deBlaussec-Stiftung, erforderte das Vertrauen derer, die daran arbeiteten. Nicole beschloss, Nägel mit Köpfen zu machen. Zum Teufel mit diesem ständigen Gezeter ums Gesicht-Verlieren , dachte sie. Wir haben es hier mit Dämonen zu tun. Wenn wir um den heißen Brei herumreden, werden wir nicht weiterkommen. »Minamoto-san, ich möchte mich im Voraus entschuldigen, wenn ich jetzt etwas sage, was Ihre Gefühle verletzt«, begann sie und setzte ihre Teetasse ab. Minamoto schenkte ihr sofort nach. Er stellte die Kanne mit unbewegtem Gesicht wieder ab und legte die Hände flach auf die Knie. Nicoles Ankündigung hatte ihn offenbar nicht im Geringsten erschreckt oder aus der Ruhe gebracht.
»Ich denke nicht, dass Sie etwas sagen können, was mich wirklich überraschen könnte, Madame.«
»Ich fürchte, dass Ihr Freund Ieyasu sehr viel mehr mit den Morden zu tun hat, als wir beide zuerst glauben wollten«, sagte Nicole und sah den kleinen Japaner vor ihr geradeheraus an.
Doch dieser lächelte nur zurück. »Was bringt Sie zu dieser Annahme, Madame?«
»Es war das Aussehen des Dämons, als dieser
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