Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0944 - Blutgespenster

0944 - Blutgespenster

Titel: 0944 - Blutgespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sich das Grauen der Welt zu vereinigen schien.
    Der Blick strafte, und das Kind sah sogar die Äderchen um die Pupillen herum wie ein rötliches Gespinst, als hätte jemand mit einem hauchdünnen Messer genau in diese Augäpfel hineingeschnitten.
    Allmählich wurde ihr die Luft knapp. Aber die Untote nahm die Hand nicht zurück. Erst als Lucy in ihrer Qual zu zappeln anfing, da merkte sie, was los war, und sie löste die Pranke ein wenig, so daß endlich Sauerstoff in die Lungen des Kindes strömen konnte.
    Die Kleine atmete heftig, keuchend, sie saugte die Luft ein. Ihr Kopf schien angeschwollen zu sein, wobei die Schwellung auch die Ohren erfaßt hatte. Sie hörte die Worte ihrer angeblichen Tante nur dumpf, aber Lucy konnte sie sehr gut verstehen.
    »Wenn du schreist, bist du tot!«
    Noch nie hatte ihr jemand so etwas gesagt. So etwas hatte sie noch nicht einmal gelesen.
    Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb war sie von diesen Wort so hart erwischt worden. Das Herzjagen zeugte von ihrer Angst, und sie hörte auch die nächste Frage. »Hast du mich verstanden?«
    Das Mädchen brachte kein Wort hervor.
    »Ob du mich verstanden hast, verdammt, du kleine Göre?«
    Endlich konnte Lucy nicken.
    »Das ist gut. Wir werden die Turnhalle jetzt verlassen. Ich will keinen Laut hören, sonst trinke ich dein Blut sofort!«
    Wieder hatte die Zehnjährige etwas gehört, mit dem sie nicht zurechtkam. Aber in der Geschichte war ja von der blutigen Lucy gesprochen worden, und Blut paßte wohl zu ihr. Die Kleine war einfach zu stark durcheinander, um einen klaren Gedanken fassen zu können. Sie hatte sich nur vorgenommen, das zu tun, was diese angebliche Tante von ihr verlangt hatte.
    »Alles verstanden?« fragte sie noch einmal.
    Das Mädchen nickte. Es hatte nichts, gar nichts begriffen. Es kam mit dem Leben nicht mehr zurecht, es wußte nur instinktiv, daß es achtgeben mußte, um überleben zu können. Es durfte nicht schreien, es konnte auch nicht weglaufen. Andere Gedanken zu fassen, war es einfach nicht mehr fähig. Die kleine Lucy fühlte sich in dieser Welt wie eine Fremde, und auch die Umgebung war ihr nicht mehr vertraut. Gleichzeitig dachte sie darüber nach, ob sie nun die richtige Lucy war, also die blutige Lucy festhielt, oder ob es einfach nur eine Frau war, die sich verkleidet und ein anderes Gebiß verwendet hatte. So etwas gab es. Das hatte Lucy mal in einem Katalog gesehen, der einer Zeitung beilag. Scherzartikel wurden dort angeboten, auch Vampirgebisse.
    Die sahen aber nicht so echt aus. Bei der Frau war das anders. Da war nichts über die Zähne geschoben. Die waren echt, die mußten echt sein, und es kam auch noch dieser eklige Geruch hinzu, den Lucy nicht einordnen konnte.
    Das war nicht allein der Geruch des Waldes. Da mischte sich auch noch etwas anderes mit hinein.
    Ein widerliche? Gestank, von dem sie nicht wußte, wo er herkam.
    Die blutige Lucy!
    Dieser Name wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf. Keiner wußte genau, wie Lucy ausgesehen hatte. Es gab keine Beschreibungen von ihr. Selbst die Erwachsenen, die sich hin und wieder die Geschichte erzählten, waren sich da nicht sicher, aber sie hatte auch eine schöne Frau sein sollen, sagte man sich.
    Natürlich hatten sich auch die Kinder über sie Gedanken gemacht, wenn sie sich die Geschichte der blutigen Lucy erzählten oder sie ausschmückten.
    Die Jungen hatten von einer schönen Frau gesprochen, die Mädchen mehr von einer Hexe, wie auch die kleine Lucy. Sie war die einzige, die die blutige Namensvetterin richtig und echt gesehen hatte, und das Kind fand, daß seine Mutter besser aussah.
    Die trug auch nicht so schmutzige Kleidung. Außerdem hatte sie nicht so schmutzige Haare. Ansonsten war sie auch viel, viel lieber zu ihr. Lucy mochte diese Person nicht, ganz gleich, ob sie nun denselben Namen trug oder nicht.
    Sie gingen vorsichtig, aber zügig auf die Tür des Schulhauses zu. Normalerweise war sie um diese Zeit immer abgeschlossen, aber wegen des Treffens hatte man sie offen gelassen. So konnte natürlich auch jeder hinein.
    Im Türbereich brannte nur die Notbeleuchtung. Ein schwaches, gedämpftes Licht. An den Wänden hingen noch die Zeichnungen der Kinder. Draußen brannten zwei Laternen. Ihr Licht war so kalt wie das des Mondes, und auf der gefrorenen Erde unter den beiden Lampenkörpern schimmerte die eisige Oberfläche der gefrorenen Pfützen.
    Vor der Tür blieben sie stehen. Die blutige Lucy warnte ihre Geisel noch einmal: »Keinen

Weitere Kostenlose Bücher