095 - Rebellion der Regenwuermer
Irgendwer hat also etwas gegen unsere menschenfreundlichen Absichten. Konkreter ausgedrückt, wir dürfen keinen Regen mehr erzeugen. Sonst kommen die Würmer wieder und …“
„Wie mir scheint, haben Sie Würmer im Gehirn, Dr. Laparouse!“ Die Stimme Legrands war voller Schärfe und Hohn. „Sie haben Ihnen den Verstand aufgefressen, will ich meinen. Ich deutete es Ihnen schon heute nacht an. Wenn ich also bitten dürfte, verschonen Sie mich ein für allemal mit diesen Albernheiten. Und tischen Sie mir erst recht keine Vampirgeschichten auf.“
Er pausierte kurz und verächtlich. „Es ist nicht zu fassen. Wenn ich das vorausgesehen hätte, weiß Gott, ich hätte auf einem anderen Arzt bestanden.
Molard ist an einer Infektion gestorben, und Sie hätten es bestimmt verhindern können, wären Sie nicht so pflichtvergessen gewesen. Im Falle von Dr. Patoux haben Sie schlicht und einfach Glück gehabt.“
„Ach“, konnte sich der Arzt nicht enthalten, „und wie erklären Sie sich dann das spurlose Verschwinden seiner Leiche, mon Commandant?“
Der Major runzelte die Stirn. „Wie bitte?“ fragte er. „Spurlos verschwunden? Ich sagte es ja, Sie haben den Tropenkoller, Laparouse, ich müßte Sie eigentlich in Gewahrsam nehmen. Es ist beinahe unverantwortlich von mir, Sie länger frei herumlaufen zu lassen, wer weiß, was Sie in Ihrem Wahnsinn noch alles anstellen.
Wir haben den unglücklichen Toten vor ein paar Stunden in der Nähe des Lagers begraben.“ Er machte eine Handbewegung zu dem Cheftechniker.
„Hier, Moutier kann es Ihnen bestätigen, er und Farvieu, sie haben es besorgt!“
„Aber ich will verdammt sein“, schrie Laparouse, „Farvieu hat mir doch am Telefon nachdrücklich und persönlich erklärt, die Leiche wäre plötzlich weg gewesen!“
Legrand grinste mokant. „Wer weiß, mit wem Sie telefoniert haben. Vielleicht war Ihr komischer Dracula am anderen Ende der Leitung. Mir ist die Zeit zu schade, sie mit so einem dummen Geschwätz zu vertrödeln. Wir haben unsere Vorbereitungen zu treffen und dürfen uns nicht aufhalten lassen.“
Er drehte sich brüsk um und ließ den völlig verdatterten Arzt einfach stehen. Dr. Laparouse mußte tief Atem holen, ehe er auf die beiden Männer zuging. Er faßte Moutier am Kragen und blickte auch zu dem Sanitäter hinüber.
„Stimmt das wirklich, was Legrand jetzt behauptet?“ fragte er scharf.
Doch die beiden wandten sich mit einem scheuen Blick ab, ohne zu antworten. Blitzartig dämmerte Laparouse die Erkenntnis, daß sie jetzt genauso dastanden wie Patoux und Molard heute nacht. Was für satanische Mächte waren hier nur am Werk, und welche Rolle spielte Legrand dabei?
Dr. Laparouse sah zu dem Plateau hinüber, wo die Männer an der Installation der Abschußanlagen arbeiteten. Die Geräte sahen aus wie Granatwerfer, der einzige Unterschied war der, daß sie nicht dem Krieg und der Vernichtung, sondern dem Frieden und der Wohlfahrt der Menschheit dienen sollten. Sollten? Waren sie nicht schon zum Werkzeug des Teufels geworden?
Laparouse stand sinnend da und beobachtete die Männer, die zwischen Schachteln, Kästen und anderen Behältern hantierten und emsig hin- und herliefen. Legrand stand breitspurig dazwischen. Er sprach vor sich hin: „Jetzt wird der ganz große Regen kommen. Der Himmel wird sich öffnen und eine Sintflut über das ausgedörrte Land ergießen, damit es gierig trinken kann, was es fast ein Jahrzehnt entbehrte. Die Wadis und Flüsse werden sich füllen, und Mensch und Tier sich vom Elend erholen.“
Dr. Laparouse faßte sich an den Kopf. War er nun verrückt oder Legrand? Egal, er mußte das Vorhaben verhindern. Denn wenn der Expeditionsleiter sein Vorhaben verwirklichte, war eine gigantische Würmerinvasion zu befürchten. Es mochten Hunderte und Tausende aus der Erde kommen, und überdies vielleicht sogar solche, die um ein Vielfaches größer waren als die, von denen man eben heimgesucht worden war. Und wenn es durch deren Bisse neue Vampir-Leichen gab …
Doch was sollte er tun? Er hatte so wenig Möglichkeiten. Ein leichtes zitterndes Rumoren unter seinen Fußsohlen schreckte ihn aus seinen Überlegungen auf.
Natürlich, hier im Inneren des Massivs lauerte der verborgene Feind. Sowohl der bewußte Nomade als auch Molard mußten hier ihre Zuflucht genommen haben. Er kniff die Augen zusammen, denn die eben blutigrot im Westen sinkende Sonne blendete ihn schmerzhaft. Es durchzuckte ihn ein unheimlicher Schreck. Die
Weitere Kostenlose Bücher