0951 - Die Exorzistin
lag da wie ein glänzender See, dessen dunkle und leicht rötlich schimmernde Oberfläche besonders geputzt worden war.
Dieser recht große Raum war spartanisch eingerichtet. An den Wänden hingen Bilder von Heiligen, Frauen zumeist, außerdem mehrere schlichte Holzkreuze. Wände und Decke zeigten einen gelblichen Anstrich. Die Fenster waren klein, durch sie fielen die grauen Streifen Tageslicht.
Es gab noch eine erste Etage, das wußten wir, aber eine Treppe sahen wir nicht.
Die Nonnen, die uns hereingelassen hatten, waren in der Düsternis des Hintergrund verschwunden.
Wir hatten noch eine Tür zufallen hören, dann war es still.
Ich schaute Suko an, und er blickte mir ins Gesicht. Beide beschäftigten uns dieselben Gedanken.
Ein Kloster war zwar kein Rummelplatz, aber diese Stille fiel uns beiden auf. Uns mußte es so vorkommen, als wären wir die einzigen Menschen in diesem Komplex, der alles ausstrahlte, nur keine Gemütlichkeit und Wärme. Ich jedenfalls hätte in diesem Bau nicht alt werden können.
Ich ging einige Schritte zur Seite und schaute mir die Möbel an. Sehr schlicht waren sie, aus dunklem Holz gefertigt, und ich tippte in Richtung Jugendstil.
Auf einer Konsole sah ich einen kleinen Altar. Neben einem Marienbild standen zwei gelbweiße Wachskerzen, die schon einmal gebrannt hatten, denn ihre Dochte ragten wie dünne, dunkle Finger in die Höhe. Das Bild der Mutter Gottes war nicht deutlich zu sehen, da seine Rückseite zum helleren Fenster hinwies.
Insgesamt machte dieser große Raum auf einen Fremden wie mich keinen beruhigenden Eindruck, sondern eher einen unheimlichen. Jedenfalls konnte ich mich hier nicht wohl fühlen.
Wieder hörte ich das Geräusch der Tür. Im Hintergrund erschien die Nonne mit den braunen Augen, die nicht vorkam, sondern uns aus der Distanz mitteilte, daß die Oberin uns jetzt erwartete.
Als ich die Frau erreicht hatte, senkte ich meine Stimme und fragte nach dem Namen der Leiterin.
»Es ist Schwester Martha.«
»Danke.«
»Ich darf dann vorgehen.«
»Bitte sehr.«
Sie zog eine Tür auf, hinter der ein Gang lag. Die Fenster wiesen diesmal zur anderen Seite hin, und so konnten wir in einen Nutzgarten schauen, der auch im Winter zu erkennen war. Jedenfalls hatte ich schon genug dieser Anlagen gesehen, um dies erkennen zu können.
An der linken Seite zeichneten sich die Türen ab. Ebenfalls sehr schlicht und allesamt dunkelbraun gestrichen oder gebeizt.
Niemand kam uns entgegen. In dem kahlen, steinernen Gang hallten die Schritte besonders.
Vor einer Tür, es war die vierte von links, blieb die Nonne stehen, klopfte, beugte sich vor, als wollte sie lauschen, und hörte die Stimme der Oberin, die uns hereinbat. Die jüngere Nonne mit den braunen Augen begleitete uns nicht weiter, sie öffnete uns nur die Tür, nickte noch einmal und eilte davon.
Wir traten dicht hintereinander über die Schwelle und befanden uns im Büro der Oberin, einem großen, ebenfalls nüchternen Raum, der den gleichen Boden aufwies wie im Eingangsbereich. Einen Teppich gab es nicht. An der Wand, hinter der am Schreibtisch sitzenden Oberin, hing ein sehr großes Kreuz mit einem Corpus daran. So wie es aussah, stammte es aus dem südlichen Raum. Die Schnitzarbeit war aufwendig und auffällig.
Wichtiger als dieses sicherlich wertvolle Kreuz war für uns die Oberin, die hinter dem Schreibtisch saß und keinerlei Anstalten machte, sich zu erheben. Im schwachen Schein der Schreibtischlampe konnten wir ihr Gesicht gut erkennen.
Sie war schon älter, und die randlose Brille fiel vor ihren Augen kaum auf. Man bemerkte sie erst beim zweiten Hinsehen. Das Gesicht selbst war ziemlich rund. Eine kleine Nase, ein ebenfalls kleiner Mund, ein weiches, etwas knubbliges Kinn, aber hinter den Gläsern der Brille funkelten hellwache Augen, das sah ich auf den ersten Blick. Daß viele Nonnen eine blasse Haut hatten, stimmte auch hier, aber in diesem Gesicht zeichneten sich keine Falten ab, selbst die Stirn war glatt.
Am Ansatz der Haare zog sich der Rand der Haube entlang, die ihren Kopf bedeckte. Sie bestand aus dunkelgrauem Stoff und hatte vorn einen weißen Rand.
Wir stellten uns vor, die Oberin nickte und deutete auf zwei Stühle, die vor dem Schreibtisch standen. Für mich war die Sitzfläche ein wenig zu klein, dafür spürte ich die hohe Lehne, die mir bis in den Nacken reichte.
Der Schreibtisch war nicht leer. Eine Unterlage aus grünem Filz sahen wir ebenso wie ein dunkles Telefon und eine
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