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0959 - Der Fallbeil-Mann

0959 - Der Fallbeil-Mann

Titel: 0959 - Der Fallbeil-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wandte sich ab, als könnte sie das Kreuz nicht mehr anschauen.
    Ich ließ es wieder verschwinden und machte mich grußlos auf den Rückweg. Ich nahm den Mittelgang, auch wenn in ihm die anderen Nonnen standen. Kurz bevor ich die erste der Schwestern erreichte, trat sie zur Seite, zwischen die Bänke, so daß ich mich an ihr vorbeischieben konnte.
    Die anderen taten es ihr nach. Sehr dicht ging ich an den frommen Frauen vorbei und konnte trotz der schlechten Lichtverhältnisse in ihre Gesichter schauen.
    Darin war schon zu lesen, daß sie auf meiner Seite standen. Da brauchte ich nicht überheblich zu sein. In den meisten Augen flackerte die Furcht, und es gab auch einige, die ihre Lippen öffneten, um etwas zu sagen, aber sie hielten sich zurück, denn die in der Nähe stehende Oberin hörte jedes geflüsterte Wort.
    Ich rechnete damit, daß meine Reden einen Riß in ihre Mauer des Zusammenhalts gebracht hatten. Wenn ja, dann würde es mich wirklich freuen.
    In der Kapelle war es kühl gewesen. Draußen aber fing ich an zu frieren.
    Ich starrte in den leeren Klosterhof und ging wieder auf die Mauer zu, die ich überklettern wollte, da ich keine große Lust hatte, nach einer Pforte zu suchen.
    Noch einmal schaute ich zurück.
    Die kleine Kirche lag in der Finsternis. Drinnen leuchteten die Kerzenflammen wie Lichter der Hoffnung, die sich in den Scheiben spiegelten…
    ***
    Lord Vincent Mosley hatte sein Schloß betreten, aber die Tür noch nicht verschlossen. Er hielt sie spaltbreit offen, um zu hören, ob Sinclair wirklich wegfuhr.
    Es dauerte nicht lange, da hörte er, wie der Motor des Rovers gestartet wurde. Reifen rollten über Kies und Steine hinweg, dann ebbte das Knirschen ab und es war schließlich für ihn überhaupt nicht mehr zu hören.
    Der Lord ließ die Tür wieder ins Schloß fallen, hob die Schultern und machte sich auf den Weg zu seinem Lieblingsplatz. Er war froh, daß die beiden Nonnen die Tote abgeholt hatten. Mit einer Leiche im Haus ließ es sich schlecht leben. Er befand sich in einer lockeren Stimmung. Der Whisky trug daran die Schuld. Und der Lord wußte auch, daß er von ihm nicht lassen würde. Er bezeichnete ihn als seinen Freund, durch seinen Genuß sah er die Dinge leichter und nahm sie nicht allzu tragisch.
    Müde fühlte er sich nicht. Neben seinem Sessel blieb er stehen und dachte nach. Eigentlich hätte ich ja Angst haben müssen. Aber ich habe keine Angst. Ich weiß, daß es Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, gegen die ich nichts machen kann.
    Dann lachte er, denn er hatte sein Glas gesehen, in dem noch ein Rest der goldbraunen Flüssigkeit schimmerte. Der Lord setzte sich nicht erst hin, sondern trank im Stehen und genoß es, wie der warme Strom durch seine Kehle floß.
    Sinclair war weg und würde auch so schnell nicht zurückkommen. Aber er würde sich bei den Nonnen die Zähne ausbeißen, das wußte Sir Vincent Mosley auch. Die hielten den Mund, als hätte man ihnen die Lippen zugenäht. Sie würden ihm nichts, aber auch gar nichts sagen, sondern weiterhin leiden.
    Das wollte er nicht. Der Lord hatte die Nase voll. Er haßte diesen Fallbeil-Mann, aber er wußte auch, daß seine Familie an diesem Unglück nicht unschuldig war und sein Schloß und dessen Umgebung nicht grundlös von dieser Gestalt heimgesucht wurden.
    Der Adelige schüttelte den Kopf, als wollte er die Gedanken verscheuchen. Sich nur nicht daran erinnern. Er hatte seine Pflicht getan. Das genügte.
    Plötzlich wurde ihm kalt. Der Schauer floß von innen als auch von außen durch seinen Körper. Er kam sich vor, als hätte man ihn in Eis eingepackt.
    Der Lord verzog das Gesicht. Für einen Moment sah er aus, als wollte er anfangen zu weinen. Er fluchte leise und trat auch wütend auf. Warum war Sinclair gefahren? Es wäre besser gewesen, ihn in der Nähe zu wissen.
    Die Kälte machte dem Lord Angst. Sie fraß sich immer tiefer, obwohl die beiden alten Heizungen eingeschaltet waren. Der Kamin blieb allerdings kalt. Der Lord hustete und sagte sich, daß dieser plötzliche Kälteeinbruch nicht normal war.
    Die Halle war zu einer Gruft mit dunklen Möbeln geworden. Der Lord ging auf und ab. Er schaute dabei in die Höhe, sah sich aber auch noch mal um, wie jemand, der herausfinden wollte, ob es für ein bestimmtes Ereignis einen bestimmten Grund gab.
    Natürlich dachte er an den Fallbeil-Mann. Schrecklich, diese Gestalt. Ein Hausgespenst, aber ein Böses, eines, das killte. Bisher hatte ihm dieser Henker noch nichts

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