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0959 - Der Fallbeil-Mann

0959 - Der Fallbeil-Mann

Titel: 0959 - Der Fallbeil-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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getan, doch so etwas konnte sich leicht ändern.
    Und dieser Sinclair war weg. Ausgerechnet.
    Sir Vincent Mosley geriet in Bedrängnis. Er suchte die Halle ab, ohne etwas zu sehen. Es schwebten keine Geister an ihm vorbei. Es huschte kein Gespenst über den Boden. Er hörte auch kein Lachen, Stöhnen oder Kichern. Die Ruhe kam ihm schon so unnatürlich vor wie die verdammte Kälte.
    Was sollte er dagegen tun?
    Er fing an zu lachen, als er die Karaffe mit dem Whisky sah. Der half gegen alles. Vor allen Dingen gegen die Kälte. Einen Mantel hätte er sich auch holen können, doch das ließ der Lord bleiben, statt dessen nahm er in einem Sessel Platz.
    Er streckte die Beine aus, umarmte sich selbst, um sich zu wärmen.
    Dann griff er nach links, wo die Karaffe und das leere Glas standen.
    Auch Sinclair hatte seines dort noch stehengelassen. Es war leer, ebenso wie der zweite Sessel.
    »Verdammt, ich hätte mitfahren sollen!« flüsterte der Adelige, während er sich einschenkte. Daß er bereits einige Gläser getrunken hatte, war ihm nicht anzumerken. Die Angst hatte die leichte Benommenheit bei ihm schnell verscheucht.
    Das Glas war zur Hälfte mit Whisky gefüllt. Er roch daran. Diesmal zeichnete kein Lächeln seine Lippen, als er das Aroma wahrnahm. Das andere Gefühl war einfach zu stark in ihm vorhanden. Die Angst hatte ihn gepackt. Das Spinngewebe der schlechten Gefühle hielt ihn in seinen Krallen, und über seinen Rücken rann ein Schauer nach dem anderen.
    Er trank. Er kaute den Whisky. Er wünschte sich, daß der Alkohol seine Sorgen fortspülte. Warm rann er in seinen Magen.
    Ja, der Whisky tat ihm gut, und der Lord nahm noch einen Schluck. Mit ihm spülte er seinen Mund aus, bevor er ihn schluckte. Jetzt ging es ihm besser. Etwas ruhiger betrachtete er den Kamin.
    Ein Loch. Ein kaltes Loch voller Asche. Er konnte auch die Mulde sehen, die der durch den Kamin fallende Kopf hinterlassen hatte.
    Köpfen! Darin war der Henker Meister, der seine Guillotine mitbrachte.
    Wie damals, wie vor Jahrhunderten. Das stand in den Chroniken zu lesen. Da hatte die Französische Revolution auch über das Empire schwappen wollen. Es war ihr nicht gelungen. Wer auf sie gebaut hatte, war gescheitert, verbannt und verflucht worden.
    Wie der Fallbeil-Mann!
    Der Lord trank weiter.
    Der Gotteslästerer.
    Er hatte seinen Glauben verraten, falls er überhaupt jemals einen gehabt hatte. Aber der Gotteslästerer hatte seine gerechte Strafe erhalten.
    Er war tot. Jemand hatte an ihm seine Rache ausgeübt. Er war verflucht.
    Und nun mordete er weiter.
    Sir Vincent mußte wieder trinken. Der Schluck tat ihm gut und möbelte ihn auf. Er ließ sich mit offenem Mund zurücksinken, stieß seinen Atem aus und nahm den Geruch des Alkohols wahr. Ihm war auch nicht mehr so kalt, aber die innere Unruhe stand noch.
    Sir Vincents Kopf sackte nach vorn. Er fühlte sich müde, aber er befand sich nicht in einem Zustand, wo er schlafen wollte. Das war unmöglich.
    Trotz der Müdigkeit war er innerlich so verdammt aufgekratzt.
    Sir Vincent starrte auf den Kamin, der dunkel war wie ein Grab. Sein Grab.
    Rotes Licht. Flackernd, über den Boden huschend. Es schickte einen Streifen bis in das dunkle Loch hinein, wo es über die grauschwarze Asche tanzte.
    Mosleys Mund klappte auf. Er bekam große Angst. Das Licht war nicht normal. Oder bilde ich mir das ein, fragte er sich. Er rieb über seine Augen. Plötzlich lag der Schweiß auf seiner Stirn, und die Lippen fingen automatisch an zu zucken. Er schaute weiterhin nach vorn, wo sich das rote Licht verlief, und ihm fiel plötzlich ein, daß sich die Quelle nicht in seinem Sichtfeld befand, sondern hinter ihm.
    Da war jemand. Aber nicht Sinclair. Der Lord stellte sein Glas auf den Tisch. Dabei sah er, wie stark seine Hand zitterte, und das kleine Gefäß zitterte mit.
    Er legte seine Hände auf die Lehnen. Sir Vincent wußte, was er tun mußte, aber er hatte Angst davor. Eine gräßliche Furcht vor dieser nahen Zukunft. Vor einem Wissen, das seinen Kopf gleichzeitig füllte und auch leerte.
    Er stand trotzdem auf. Seine Gesichtshaut war aschfahl geworden. Die Augen zeigten keinen Ausdruck mehr. Sie blieben leer, denn das Gefühl steckte in seinem Innern.
    Zitternd stand er da, doch er riß sich zusammen. Das rote Licht war noch da.
    Der Lord drehte sich nach rechts. Er mußte es sehen, und eine Hand krallte in das Leder des Sessels, um sich abzustützen.
    Im nächsten Augenblick sah er es. Er hatte Besuch

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