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0959 - Der Fallbeil-Mann

0959 - Der Fallbeil-Mann

Titel: 0959 - Der Fallbeil-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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damals auch vernichtet…«
    Er ging immer weiter weg und näherte sich dem Kamin und damit auch der Treppe. Er wollte sie allerdings nicht hochlaufen, sondern den Henker täuschen und einen Bogen schlagen. Rechts herum zum Ausgang. Die Tür aufreißen und weg.
    »Alles klar? Hast du verstanden, was ich meine? Bist du dir darüber im klaren?«
    Der Fallbeil-Mann blieb ruhig. Er hatte seine Haltung kaum verändert, nur waren die Arme nicht mehr vor der Brust verschränkt, sondern hingen am Körper herab wie zwei kräftige und knotige Stöcke.
    Und er blieb nicht mehr stehen. Mit einem langen, gleitenden und beinahe lautlosen Schritt hatte er die Guillotine passiert und war dabei in eine Richtung gegangen, die Sir Vincent Mosley den Weg zum Ausgang abschnitt. Der Lord sah dies. Und der dachte darüber nach, auch wenn es ihm schwerfiel. Durch den genossenen Alkohol waren seine Gedanken träge geworden. Wie in dickes Eis verpackt. Ohne sich zu bewegen. Er war kein Mensch mehr, nur eine Marionette, die zuschaute, wie sich das Verhängnis auf zwei Beinen näherte.
    Der Henker kam.
    Er ging nicht einmal schnell, doch seine Schritte waren schon raumgreifend zu nennen. Er würde die Entfernung rasch überbrücken und das Opfer holen.
    Auf einmal war der Lord wieder nüchtern. Der Schleier vor seinen Augen war verschwunden. Er durchsuchte die Halle. Seine Augen bewegten sich dabei hin und her. Der Mund stand offen. Er war verzerrt. Atem zischte in die Mundhöhle hinein. Er zitterte. Die Beine waren ihm schwer geworden. In der Nähe stand ein großer Stuhl, eigentlich mehr ein Sessel, auch wenn er nicht gepolstert war. Auf diesem Thron hatten schon seine Vorfahren gesessen, das wußte er.
    Der Schweiß war nicht zu stoppen. Er rann über sein Gesicht wie Öl. Der Lord merkte, wie seine Füße im Boden zu versinken drohten, und ihm wurde schwindelig.
    Das alles störte den Fallbeil-Mann nicht. Er kam näher. Er war etwas, das es nicht geben durfte, aber trotzdem gab. Ein Rächer aus der Vergangenheit, eigentlich ein lebender Toter. Er ging mit schweren Schritten, und der Stoff der Kapuze flatterte dabei vor seinem Gesicht.
    Die Arme pendelten bei jedem Schritt, und die Finger waren jetzt gestreckt, wie Krallen, die nach einer Beute suchten.
    Sir Vincent Mosley konnte nicht mehr. Er schaffte es einfach nicht, sich in Bewegung zu setzen und wegzurennen. Die Beine bestanden aus Eisen. Der Boden hatte für ihn seine Härte verloren. Er war weich geworden und zog ihn tiefer, immer tiefer.
    Das bildete sich der Mann nur ein. Statt dessen war er es, der in die Hocke sank, weil er es nicht mehr schaffte, auf den Beinen zu bleiben.
    Die Chance war vorbei. An der Lehne des Stuhls stützte er sich ab, was auch nicht viel brachte, denn der Lord sackte tiefer. Wie ein kleiner Junge. Er war zurückgefallen in seine Kindheit, und das Heulen paßte dazu.
    Der Fallbeil-Mann kannte kein Erbarmen.
    Er ging weiter.
    Er war nicht zu stoppen.
    Es gab keine Waffe, es gab keinen Gegner, er war der Herrscher und würde der Sieger sein.
    Der letzte Ruck ließ Mosley so weit in die Tiefe sinken, daß er auf dem Boden saß. Dort hockte er in einer beinahe schon fatalen Haltung. Die Beine angezogen, die Hände um die Knie geklammert, den Kopf gesenkt, um nur nichts zu sehen.
    Der Henker kam noch näher.
    Dann war er da.
    Er bückte sich.
    Der Lord sah ihn nicht genau. Er spürte nur, daß etwas auf ihn zukam.
    Eine Hand streckte sich ihm entgegen, rötliches Licht hüllte ihn ein, und dann griff die Hand in sein Haar, um daran zu ziehen.
    Er schrie.
    Laut und schrill. Die Schreie hallten durch die Halle. Sie waren einfach grauenhaft. Tränen stürzten aus seinen Augen, verwischten das Bild des Henkers vor ihm, und die eine Hand, die sein Haar noch immer umkrallte, zog ihn in die Höhe.
    Er stand. Er wurde gehalten, als er schwankte. Die Hand zog seinen Kopf nach hinten, und der Lord hatte sich in ein wimmerndes und jammerndes Bündel verwandelt. Noch einmal flammte der Schmerz in ihm hoch, als sich der Henker drehte und dabei seine Haare nicht losließ. Der Fallbeil-Mann drückte seine Hand nach unten, und Sir Vincent mußte dieser Bewegung folgen und den Kopf senken.
    So wurde er von der Wand fortgezerrt, auf das neue Ziel zu, das Fallbeil!
    Der Adelige schrie nicht mehr. Er bewegte seine Beine automatisch. Er war völlig von der Rolle und fühlte sich nicht mehr als Mensch. Er war eine Marionette, die zur Hinrichtung geschleift wurde. An den Ort des

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