098 - Die Blutfurie
ein.
Doch diesmal würde Chelo Silenti satt werden!
Er wechselte zur nächsten Säule hinüber und befand sich jetzt direkt hinter Pasquanell. Er zögerte keine Sekunde, sondern trat hinter der Säule hervor und näherte sich dem Mann.
Als er auf Armlänge an Terence Pasquanell herangekommen war, entblößte er seine dolchartigen Zähne, und in der nächsten Sekunde schnellte er vorwärts - und biß zu!
***
Die Fahrt dauerte zweieinhalb Stunden. Ich fuhr zügig, zuerst auf dem breiten Motorway, dann auf einer gut ausgebauten Straße. Die Abzweigung nach Saxton hätte ich beinahe übersehen.
Vicky Bonney machte mich darauf aufmerksam. Sie redete schon wieder mit mir, hatte mir meinen Starrsinn verziehen. Es war zwischen uns wieder alles im Lot.
Jubilee Barrington saß hinter uns im Fond des schwarzen Rover. Ich sah sie im Innenspiegel. Ein hübscher kleiner Käfer war sie. Wir hatten sie alle sehr gern.
Manchmal war sie ein bißchen vorlaut und eigensinnig, aber im großen und ganzen hatten wir keine Probleme mit ihr und kamen wunderbar mit ihr aus.
Neulich hatte ich mir ein wenig Sorgen um sie gemacht, weil sie plötzlich hohes Fieber bekam. Sie schien eine Krankheit auszubrüten. Doch anderntags war das Fieber wieder weg.
Nur meine Sorge war geblieben, denn auf Coor hatte Jubilee an einer schrecklichen Krankheit gelitten. Wir hatten befürchtet, sie zu verlieren. [3]
Zugegeben, das war schon eine Weile her, aber konnte sich ein Bazillus von damals nicht noch in ihrem Blut befinden? Ich hoffte, daß es nicht der Fall war, aber es hatte keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken.
»Gleich haben wir es geschafft«, sagte ich. »Nur noch sechs Meilen.«
»Ich bin schrecklich aufgeregt«, sagte Jubilee.
»Denkst du, das merkt man nicht?« gab ich schmunzelnd zurück. »Du knabberst dich langsam aber sicher durch deine Unterlippe.«
Wir hatten keine Ahnung, was uns in Saxton erwartete, wie wir im Haus der Barringtons aufgenommen werden würden. Herzlich oder kühl? Freundlich oder abweisend? Von oben herab oder jovial?
Die Barringtons hatten den Wunsch geäußert, ihre Enkelin sehen zu wollen. Das bedeutete nicht, daß Vicky und ich gleichfalls willkommen waren.
Vielleicht wollten sie nur das junge Wesen von edlem Geblüt dabehalten, und uns schickten sie postwendend wieder nach Hause. Aber da würde ich nicht mitspielen.
Über Nacht würden sie uns schon in ihrem Haus aufnehmen müssen, denn ich war nicht bereit, gleich wieder nach London zurückzufahren.
Im Moment war überhaupt eine ganze Menge in der Schwebe. Würde Jubilee überhaupt bei ihren Großeltern bleiben wollen? Sie war sich dessen schon bei ihren Eltern nicht ganz sicher gewesen.
Wir würden sie nicht zwingen, in Saxton zu bleiben. Im Gegenteil, wir hätten uns gefreut, wenn sie auf der Rückfahrt wieder bei uns im Wagen gesessen hätte.
Nun, in Kürze würden wir mehr wissen.
»Saxton«, sagte Vicky Bonney und wies auf die Ortstafel. »Wir sind da.«
Jubilee seufzte hinter mir.
»Hat jemand leider gesagt?« fragte ich grinsend. »Vielleicht sind die Lady und der Lord ganz entzückende Leute.«
Ein Hund lief über die Straße. Wenn ich nicht blitzschnell und ganz scharf abgebremst hätte, hätte ich ihn überfahren.
Sofort pochte Zorn in meinen Halsschlagadern. »Räudiger Köter!« schrie ich, um mir Luft zu machen.
Vicky Bonney warf mir einen besorgten Blick zu. Früher war ich nie so aufbrausend gewesen. Ich war es erst, seit sich das schwarze Marbu-Gift in mir befand. Es wollte mich verderben, und ich konnte es nicht verhindern. Es gab Gegner, die in mir nicht einmal mehr einen ernst zu nehmenden Feind sahen. Die Zeit war auf ihrer Seite. Sie brauchten mir nur aus dem Weg zu gehen und abzuwarten. Eines nicht mehr allzu fernen Tages würde ich zu ihnen gehören.
Damit rechneten sie, aber noch lehnte sich in mir alles gegen ein solches Schicksal auf. Ich hatte mich noch nicht aufgegeben, und sowie sich mir eine Chance bot, das schwarze, schleichende Gift loszuwerden, würde ich sie wahrnehmen.
»Reg dich nicht auf, Tony«, sagte Vicky.
Ich atmete tief aus. »Ist schon wieder vorbei«, sagte ich.
Der Hund war in der Dunkelheit zwischen zwei Häusern verschwunden. An einem erhellten Fenster erschien ein Kopf. Die Reifen hatten bei der Vollbremsung schrill gequietscht.
Ich stieg aus, und der Kopf verschwand.
Klar.
Aber ich trat an das Fenster und klopfte so lange, bis der Kopf wieder erschien. Eine Frau sah mich unsicher
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