098 - Die Geistergirls von W
angefallen worden zu sein. Mehrere Personen seien dabei verletzt
worden. Übereinstimmend wurde ausgesagt, dass die
Angreifer vom nächtlichen Friedhof gekommen wären und sich nach dem Überfall
wieder dorthin zurückgezogen hätten. Es war das Prinzip von X-RAY-1, nach
Möglichkeit immer ein Verbrechen zu verhindern, gefährliche Entwicklungen schon
frühzeitig zu erkennen und abzuwürgen, ehe sie jemandem ein Leid zufügen
konnten.
Nach Bekanntwerden all dieser Dinge, hatte er sowohl de Valo als Kenner des Landes als auch Larry Brent als dessen
hervorragende Unterstützung auf den Weg geschickt. Brents Auftrag ging noch
weiter. Er sollte noch nach Alvarado fliegen, um sich dort einen persönlichen
Eindruck von den Menschen zu machen, die mit la Mama zu tun hatten.
Ondomas lag wie ausgestorben vor ihnen. Im Schatten der Häuser saßen ein paar alte
Leute und hielten Siesta. Selbst die Hunde hatten alle viere von sich gestreckt
und waren zum Bellen zu faul, als das fremde Fahrzeug durch die Hauptstraße
rollte. Die Fensterläden waren geschlossen oder beigezogen, um die grelle Sonne
fernzuhalten. Die Erde war trocken und rissig, und auf den Feldern hinter den
Häusern waren die Pflanzen nicht mehr grün, sondern grau und braun.
Wenn man dieses Dorf sah, konnte man kaum glauben, dass nur wenige Meilen entfernt der Rio Grande floss , der eine natürliche Grenze zwischen den Vereinigten
Staaten und Mexiko zog. Die kleinen Häuser standen dicht. Manchmal existierten
zwischen ihnen enge Gassen, die gerade so breit waren, dass ein Erwachsener aufrecht und ohne die Schultern zu verdrehen durchkommen
konnte.
»Für Iwan wäre das nichts«, murmelte Larry, als sie wieder an
einem solchen Pfad vorbeikamen. »Bei seiner Schulterbreite nimmt er
glatt den Verputz mit ...«
De Valo fuhr den Toyota im Schritttempo . Einige Kinder ließen sich auch durch die
Hitze nicht davon abhalten, ihnen nachzulaufen. Es wurden immer mehr. Larry
erkundigte sich nach la Mamas Haus. Das kannte hier jeder. Es lag am
anderen Ende des Dorfes. Ganz nahe am Friedhof. X-RAY-3 verteilte großzügig
eine Handvoll Münzen. Er warf sie in die Luft, und die Kinder rannten schreiend
hinterher, um eine zu ergattern.
La Mamas Haus war nicht groß. Gleich von der
Straße her war der Eingang einzusehen, eine grüngestrichene niedrige Holztür,
neben der sich links und rechts ein Fenster befand. Die Fensterläden waren auch
hier geschlossen. Oberhalb des Türeinganges waren einige Maiskolben zum
Trocknen aufgehängt. An den Fenstern standen Blumentöpfe. Die Gewächse blühten
weiß und rot und gaben dem kleinen, ehemals weißgetünchten Haus einen Hauch von
Romantik.
Gleich neben der Eingangstür stand auch ein altes Fass , dazu vorgesehen, den Regen aus der von oben kommenden
Dachrinne aufzufangen. Doch das Fass war so leer wie
die Rinne. Der kleine Dorffriedhof begann nur wenige Schritte von la Mamas Haus
entfernt. Als Larry aus dem Toyota stieg, richtete er seinen Blick
unwillkürlich zunächst dorthin. Der Totenacker lag auf einer Anhöhe. Das Tor
stand weit offen, die Mauer war niedrig und weiß gekalkt wie die Häuser.
Über die Mauer hinweg sah man die Gräber, die Grabsteine und
Kreuze. Mittelpunkt war eine kleine Kapelle, um die einige Zypressen standen,
die Schatten spendeten. Hinter der Tür zu la Mamas Haus bellte ein Hund,
als die beiden Männer darauf zugingen.
»Ja ?« , rief
eine Stimme von innen. Anklopfen war nicht nötig. Der Hund war Signalgeber
genug. » Wer ist denn da ?« Luis Garcia de Valo alias X-RAY-14 nannte seinen Namen. Er käme im Auftrag
einer Zeitung, die sich für das Phänomen, das sich mit la Mama ereignet
hatte, interessierte. »Dann kommen Sie herein in die gute Stube«, rief die
Stimme von innen wieder. »Und was machen wir mit dem Hund ?« ,
fragte de Valo besorgt.
»Um den kümmere ich mich. Ich weiß, dass Sie zu mir wollen, und er wird sie in Ruhe lassen .«
»Weiß das der Hund auch, Senora ?«
»Aber sicher, Senor . Wenn ich jemand
nicht haben will, sag ich, er soll gehen ... Das begreift auch der Hund. Er ist
ein kluges Tier. Und wenn trotz meines Verbotes jemand das Haus betreten will, lässt das der Hund nicht zu .« Garcia de Valo grinste. »Bitte«, sagte er und trat
einen Schritt zur Seite. »Ich lass dir den Vortritt,
Larry .«
»Vielleicht solltest du noch mitteilen, dass wir zu zweit sind«, erinnerte X-RAY-3 seinen Kollegen. »Das ist ein besonderer
Hund. Er kann vielleicht bis zwei zählen.
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