0984 - Griff aus dem Dunkel
hätte beileibe nicht gewußt, wohin ihn der Weg führte. Der Griff aus dem Dunkel war einfach stärker und brachte ihn immer weiter voran.
So mußte er an der rechten Seite des Tisches vorbeigehen. Mit der Schulter streifte er noch einige säbelartig aussehende Blätter einer Pflanze, aber darum kümmerte er sich nicht und setzte seinen Weg fort.
Nicht den, den er gehen wollte, sondern den, der ihm durch die Fremdeinwirkung vorgegeben wurde.
Die Berührung an seiner rechten Schulter spürte er nur für einen winzigen Augenblick, aber er wußte Bescheid.
Der andere oder die andere drehte ihn nach links, genau dorthin, wo auch die Werkzeuge des Gärtners oder Totengräbers standen. Der Junge blieb so dicht vor ihnen stehen, daß er sie beinahe berührte. Dann senkte er den Kopf, aber nicht, weil er es gern getan hätte, sondern weil er dazu gezwungen wurde, denn die andere Hand berührte abermals seinen Nacken, damit er sich auf die Werkzeuge konzentrieren konnte.
Etwas streifte an seinem rechten Arm entlang nach unten. Der Stoff der Jacke bewegte sich dabei nicht. Johnny spürte die Berührung auf der Haut, und er machte in den folgenden Sekunden eine neue Erfahrung. In ihm veränderte sich etwas. Sein Wille wurde manipuliert. Von der anderen Seite her erhielt er so etwas wie einen Befehl, und der wiederum wurde durch den Griff und die nachfolgende Bewegung unterstützt, denn Johnnys Hand näherte sich immer mehr den hochkant stehenden Geräten.
Spaten, Schaufeln und Hacken…
Noch berührte er keinen der Stiele. Seine Hand war noch unsicher. Sie schwang hin und her, als könnte sich derjenige, der ihn führte, nicht entscheiden.
Schließlich aber hatte er sein Ziel gefunden. Es war der blanke Griff einer Spitzhacke.
Die Finger zuckten nicht zurück, als sie das kalte Holz berührten. Nur Johnnys Herz schlug plötzlich schneller, und er selbst fing an zu lächeln.
Jetzt wußte er, was er tun mußte. Die Macht aus dem Dunkel wußte es auch, denn sie sorgte durch ihre Berührungen dafür, daß Johnny seine Hand noch härter an den Stiel klammerte.
Er räusperte sich. Es war ein schauriges Geräusch, das da aus seinem Mund drang, und für einen Moment schloß er die Augen, wie jemand, der alles genießen wollte.
Dann zog er die Spitzhacke zu sich heran, bis sie sogar seine Füße berührte. Er blickte noch einmal in die Tiefe, als er die Hacke langsam anhob und dabei zufrieden nickte.
Auch die andere Hand wurde an den langen Griff geführt. Johnny drehte sich dabei etwas zur Seite, so daß er die Hacke nun schräg hielt und innerlich zufrieden war.
Er nickte wieder, und er hatte es getan, ohne die Berührung am Kopf zu spüren.
Dann ging er auf die Tür zu. Die Hacke hielt er mit beiden Händen fest.
Er war noch ein Jugendlicher, aber wer ihn jetzt sah, der hätte einen anderen Eindruck von ihm haben müssen, denn sein Gesicht sah so kalt und hart aus. Wie bei einem Menschen, der sich zu etwas Schlimmen entschlossen hatte.
Um die Tür aufzuzerren, mußte er eine Hand von seiner Beute lösen. Es machte ihm nichts. Auch mit der Rechten hielt er die Hacke so lässig fest wie ein Spielzeug.
Dann verließ er das Haus.
Die Luft war draußen anders - auch kälter. Als wäre sie vom Hauch des Todes durchweht. Johnny drehte den Kopf nach links, aber dort war ebensowenig zu sehen wie an der rechten Seite.
Trotzdem ging er weiter. Schritt für Schritt bewegte er sich von diesem kleinen Haus fort, denn der Friedhof war groß genug, um ihn erkunden zu können.
Die Berührung war noch vorhanden. Er spürte sie in seinem Rücken.
Dort lagen die Hände, als wären sie festgewachsen, aber er konnte einfach nichts sehen und auch nichts fühlen.
Schon bald knirschten die kleineren Steine unter seinen Füßen. Es war das erste laute Geräusch, das er überhaupt vernahm, und das zweite sollte bald folgen.
Aber nicht auf dem Friedhof, sondern von jenseits der Mauer. Dort knirschten allerdings keine Steine. Dafür vernahm der Junge Stimmen.
Sie gehörten keinen Erwachsenen. Es waren Stimmen, die er kannte.
Daß er mit Freunden, ihnen gehörten die Stimmen, im Kino gewesen war, hatte er vergessen, denn es lag weit zurück. Wie in einem anderen Leben verborgen.
Johnny hatte seinen Kopf in die entsprechende Richtung gedreht, ohne allerdings etwas erkennen zu können. Zu dicht war die Finsternis und zu dunkel die Mauer.
Er lauschte.
Tim und Mike waren gekommen.
Sie unterhielten sich. Johnny fand zudem heraus, daß
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