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0984 - Griff aus dem Dunkel

0984 - Griff aus dem Dunkel

Titel: 0984 - Griff aus dem Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Nein, John, nicht jetzt. Ich habe nur das Gefühl, daß uns etwas Schreckliches bevorsteht.« Sie schüttelte sich und konnte die Tränen nicht zurückhalten. Für einen Moment lehnte sich Sheila gegen mich, bis sie sich wieder gefangen hatte und sich sogar entschuldigte.
    Ich versuchte sie zu beruhigen. Sprach davon, daß wir keine Beweise dafür hatten, was Sheila aber nicht akzeptieren wollte. Sie baute mehr auf ihr Gefühl als Mutter.
    Ich hakte mich bei ihr unter, als wir den schmalen, dunklen Weg betraten. An der linken Seite lag der Friedhof, abgeschirmt durch eine Mauer, wie es früher üblich gewesen war. Über den Rand der Mauer hinweg erstreckten sich die Zweige der Büsche. Sie sahen aus wie lange, dunkle Finger. Wenn der Wind sie streifte, bewegten sie sich, als wollten sie uns begrüßen.
    Still war es. Grabesstill. Nicht mal der Schrei eines Käuzchens war zu hören.
    Sollten wir uns darüber freuen, daß sonst nichts zu hören war? Ich wußte es selbst nicht und konzentrierte mich auf den Schein der einsamen Lampe. Sie stand am Eingang des Friedhofs. Weshalb sie noch leuchtete, wußte ich nicht, aber ich war froh darüber, so hatten wir einen Orientierungspunkt.
    Sheila ging schneller. Sie hatte es sehr eilig. Dabei schleiften ihre Sohlen über den Boden. Hin und wieder mußte ich sie halten, sonst wäre sie noch gestolpert oder auf dem leicht feuchten Untergrund ausgerutscht.
    Das Licht zeigte uns auch das Ende des schmalen Wegs an. Gesehen oder entdeckt hatten wir nichts. Diese Umgebung lag eingebettet in einer nächtlichen und natürlichen Ruhe.
    Vor dem offiziellen Eingang sah es so aus wie bei unzähligen anderen Friedhöfen auch. Sogar einen Blumenladen gab es. Er lag rechts von uns. Gegenüber aber lag der normale Eingang. Ein Gittertor, das in eine Mauer eingelassen war.
    Wir sahen es zugleich.
    Aber nur Sheila schrie auf.
    Sie hatte die drei abgestellten Fahrräder entdeckt und auch das ihres Sohnes Johnny erkannt. Sofort löste sie sich von mir. Dann lief sie auf das Rad zu, umfaßte es wie jemand, der es nicht mehr loslassen wollte.
    Als wäre das Rad der Ersatz für Johnny geworden. Ich hörte sie auch stöhnen, während sie sich vergeblich nach dem Jungen umschaute.
    Ich ging zu ihr und legte meine rechte Hand auf die ihre. »Jedenfalls wissen wir jetzt, wohin sie gefahren sind und wo sie sich möglicherweise noch aufhalten.«
    Meine Worte hatten Sheila etwas beruhigen sollen, doch das Gegenteil trat bei ihr ein. Sheila wurde übernervös.
    »Auf dem Friedhof, John. Meine Güte, was wollen sie hier?«
    »Ich kann es dir noch nicht sagen.«
    »Aber wir gehen hin, nicht?«
    »Sicher.«
    »Und ich auch«, flüsterte sie. »Du wirst mich nicht zurückhalten können. Diesmal nicht.«
    »Das hatte ich auch nicht vor.«
    Sheila war nicht mehr zu halten. Selten hatte es wohl eine Frau dermaßen zu einem Friedhof gedrängt wie Sheila. Sie konnte nicht länger warten, hatte das Tor schon vor mir erreicht und es auch geöffnet.
    Sheila betrat das Gelände. Ich schaute noch gegen ihren Rücken. Bereits nach wenigen Schritten blieb sie stehen. Sie drehte sich. Dabei blickte sie sich unsicher um.
    Es war nichts zu hören. Auch in der Stille drangen keine Stimmen an unsere Ohren. Wir hätten sie hören müssen, auch wenn weiter von uns entfernt gesprochen wurde.
    Allerdings war der Friedhof dicht bewachsen, und dieser natürliche Wuchs dämpfte den Schall.
    Sheila war ratlos geworden. Sie blickte zur kleinen Leichenhalle hinüber, die so aussah, als würde sie bald zusammenfallen.
    »Wir müssen sie durchsuchen, nicht?« Ihre Stimme zitterte bei dieser Frage leicht.
    »Ja, das müssen wir wohl.«
    Die Finger der Rechten krallten sich in meinem Jackenärmel fest. »John, bevor wir das tun, möchte ich deine ehrliche Meinung wissen. Was könnte Johnny und seine beiden Freunde auf dieses Gelände getrieben haben?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Hast du denn keinen Verdacht?«
    »Nein, Sheila, im Moment nicht. Es ist alles verschwommen, was nicht nur an der Dunkelheit liegt.«
    Sie gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden. »Ob er Gräber öffnet? Ob er dann etwas ganz Schlimmes tun wird?« Sie sprach nicht aus, was sie dachte, aber ich konnte es mir ausmalen.
    »Wir blieben auf jeden Fall zusammen«, sagte ich, weil ich Sheila nicht allein gehen lassen wollte.
    »Das hatte ich auch vorgehabt.«
    Sie hielt mit mir Schritt. Das Leichenhaus wollten wir uns jetzt nicht anschauen. Wir interessierten uns mehr

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