0985 - Luzifers Gesandte
da!
Sein Mund zog sich in die Breite. Er lächelte, auch wenn dies ein menschliches Gefühl war. Das hatte er einfach tun müssen, denn etwas war ihm schon von den Menschen geblieben. Das Lächeln machte sein Gesicht zu einer Fratze, die niemand sah.
Er konnte ebenfalls nichts erkennen, da er eingepackt lag in dieser dichten Dunkelheit, aber sein Gehör war wieder in Ordnung, und er wußte, daß sich in seiner Nähe Menschen aufhielten.
Beute, Opfer…
Mit der Zunge leckte er seine Lippen nach und streifte damit auch noch über die Unterseite der Decke entlang. Sein Gehirn arbeitete, auch wenn es bösen Gesetzen und Befehlen gehorchte. So malte er sich eine Zukunft aus, wie er sie gern hätte. Er dachte an Waffen, an Messer, an Macheten, an Revolver und Pistolen. Er malte sich aus, was er mit ihnen tun würde. Er wünschte sich Menschen, Opfer, Feinde, und er sah sich selbst inmitten eines wahren Mordrausches.
Er träumte von einem Meer aus Blut, in dem er waten konnte, und er lachte innerlich über seine Gegner.
Sie hatten sich gewehrt. Sie hatten auf ihn geschossen. Sie hatten ihn auch getroffen, und sie glaubten jetzt, daß er nicht mehr lebte. Aber sie irrten sich alle. Er existierte noch. So leicht konnte man ihn nicht vernichten, nicht den Wanderer zwischen den Dimensionen.
Er lebte nicht, er existierte, doch das schon sehr lange. Dafür gab es kaum eine Zeiteinteilung, weil diese Länge einfach so unvorstellbar war.
Bisher hatte der Wanderer nur seine Lippen, die Zunge und die Augen bewegt. Er wußte, daß er mehr konnte, und er setzte dies auch sehr bald in die Tat um.
Daß man ihn nackt ausgezogen hatte, störte ihn nicht. Er krümmte die Finger und schloß die Hand zu einer Faust, die er sofort danach wieder öffnete.
Noch hatten seine Beine Kontakt mit der Liege. Der Wanderer änderte dies. Er hob sie an. Auch das Tuch bildete eine Beule, was niemand sah, aber es war für den Killer nur Training gewesen. Er hatte herausfinden wollen, wie gut er war.
Es drängte ihn aus der Kammer. Er wollte nicht mehr allein bleiben. Er brauchte die warmen Körper der Menschen. Er dachte an ihr dampfendes Blut, an ihre weiche und nachgiebige Haut über Fleisch und Muskeln, in die seine Messer so leicht hineindrangen.
Es würde so werden. Es gab keine andere Möglichkeit. Sie mußten sich um ihn kümmern.
Bald schon, bald…
Flach legte er sich wieder hin. Er nahm die Haltung eines Toten ein, aber er spitzte die Ohren. Er konnte hören, daß nebenan gesprochen wurde, aber er verstand nicht, was. Trotzdem war der Killer zufrieden.
Menschen in der Nähe, nur das zählte.
Jemand stieß gegen die Tür. »Ja, bis gleich!« rief der Mann und fügte hinzu: »Ich hole ihn schon mal raus!«
»Aber zerhacke ihn nicht, auch wenn er vier Menschen umgebracht hat.«
»Nein, keine Sorge.«
Der Wanderer hatte die laut gesprochenen Worte verstanden.
Zerhacken, dachte er und hätte beinahe gekichert. Er hatte nichts dagegen, aber er würde es sein, der andere zerhackte, und nicht umgekehrt. Er würde die Panik und das Grauen bringen, und er ergötzte sich an den Bildern, die noch gar nicht eingetroffen waren, aber er sah bereits das viele Blut.
Ein schwappendes Geräusch drang ihm entgegen, als die Tür geöffnet wurde. Für einen kurzen Moment fiel der volle Lichtschein in die Kammer, bevor die Gestalt auf die Schwelle trat.
Da das Tuch auch sein Gesicht bedeckte, sah der Killer die Gestalt nicht, doch er nahm den Geruch auf. So rochen Menschen. So warm und für ihn wunderbar. Dampfendes Blut, weiches Fleisch - wieder zuckten die Begriffe durch seinen Schädel, aber sie verschwammen auch, denn die Wirklichkeit hatte seine Vorstellungskraft mittlerweile eingeholt. Der Wanderer verließ sich ausschließlich auf sein Gehör. Er lauschte nach jedem Geräusch. Er hörte das Auftreten der Person, die sich seiner Bahre näherte. Sie erzitterte leicht, als der andere Mann sie berührte.
Und sie bewegte sich auch auf den Rollen.
Noch wurde der Wanderer nicht aus dem Raum gezogen, denn der Mann wollte noch mit ihm verbal abrechnen. »Du Schwein!« flüsterte er dem Toten zu. »Du verdammtes, dreckiges Schwein! Man sollte dich vierteilen. Man sollte dich in Stücke hacken und jedes Teil verbrennen. Du hast eine Familie ausgelöscht. Du hast einen Mann, eine Frau und zwei Kinder brutal erschossen, du bist nicht mehr als ein wildes Tier, und ich würde mir wünschen, daß du während der Obduktion lebst und jeden Schnitt in
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