0987 - Asmodis' Retter
hast. Ich erinnere mich nur ganz verschwommen an die letzten Tage und Jahre. Ich… ich…«
Zamorra sah, wie es in dem Schotten arbeitete. Wie sein Unterbewusstsein weiter an den Mauern kratzte, auch wenn er aus der Hypnose erwacht war. Der Professor drängte ihn nicht, sondern ließ ihm die Zeit, die er benötigte.
»Mein geistiger Zustand, diese… Verwirrung. Ich glaube, sie begann ungefähr zu der Zeit, als mein früheres Ich geboren wurde und es mich gewissermaßen doppelt gab. Es fühlte sich an, als verlöre ich während dieser Doppelexistenz meine Daseinsberechtigung, weil ich der falsche Dylan dieser Zeit war. Ich vergaß immer mehr Dinge und war am Ende völlig desorientiert.«
Der Schotte schloss die Augen. Für ein paar Sekunden glaubte Zamorra, sein Freund sei eingeschlafen. Doch dann hob er die Lider und fuhr fort.
»Instinktiv steuerte ich Orte an, mit denen ich etwas verband. Ich wagte es jedoch nie, Kontakt aufzunehmen. Nicht mit euch, und mit meinem früheren Ich erst recht nicht.«
Die Miene des Professors hellte sich auf. »Die Gelegenheiten, bei denen ich dich zu sehen glaubte! Vor dem Château und beim Flughafen von Lyon! Das warst nicht du, sondern… na ja… du! Also nicht dein vergangenes Ich, sondern dein zeitgestrandetes, verwirrtes jetziges Ich. Deshalb hast du so hartnäckig bestritten, dass… Also nicht dein momentanes Du…«
»Lass gut sein«, warf Nicole ein. »Ich glaube, wir wissen alle, was du meinst.«
Zamorra lächelte. »Ich war schon immer der Meinung, dass nicht etwa ein Paradoxon die größte Gefahr bei einer Zeitreise darstellt, sondern dass man sich einen Knoten ins Hirn denkt, wenn man versucht grammatikalisch richtig und verständlich darüber zu sprechen.«
»Du hast recht«, bestätigte Dylan. »Auch, wenn ich mich nur noch sehr vage daran erinnern kann. Meine Verwirrung fand ihren Höhepunkt in dem Augenblick, als mein früheres Ich in der Vergangenheit verschwand. Plötzlich hörte die Doppelexistenz auf und ich rastete wieder in meiner angestammten Zeit ein. Und mit einem Mal war mein Gedächtnis ganz weg.«
»Aber warum?«, fragte Nicole.
»Das Gleiche ist schon geschehen, als ich aus meiner Zeit herausgerissen und in die Vergangenheit geschleudert wurde. Ein magischer Schock, nehme ich an. Und diesmal hat meine Verwirrung seit meiner Geburt, also fast dreißig Jahre, Anlauf genommen! Deshalb fiel sie so heftig aus. Außerdem glaube ich, dass das die einzige Möglichkeit war, mich an Dinge vor meiner Zeitreise zu erinnern. Bedenke: Für mich -liegt das gut achthundert Jahre zurück! Früher habe ich mich kaum an Sachen erinnert, die einen Monat vergangen waren. Wie sollte das dann bei so einer langen Zeitspanne funktionieren?«
»Indem dein Gedächtnis so tut, als wäre alles dazwischen nie passiert.«
»Richtig. Wochenlang irrte ich ziel-und orientierungslos umher. Bis mich eine innere Stimme schließlich hierher führte, auch, wenn ich nicht wusste, dass es sich dabei um mein Haus handelt.«
Zamorra deutete in Richtung des Chaos auf dem Fußboden. »Etwas rücksichtsvoller hättest du mit deinen Sachen aber umgehen können bei deiner Spurensuche.«
»Ich war verzweifelt, Mann! Ich wollte wissen, wer ich bin und warum ich glaubte, ausgerechnet hier eine Antwort zu finden. Sogar ein paar alte Videos aus meiner Sammlung hab ich mir angesehen. Als sie zu Ende waren, ließ ich den Fernseher laufen und ging duschen.«
»Wieso das denn?«, fragte Zamorra.
»Keine Ahnung. Vielleicht, um einen klaren Kopf zu bekommen. Auf jeden Fall standet plötzlich ihr im Bad.« Dylan grinste den Professor schief an. »Ich hätte nie gedacht, das jemals zu einem Mann zu sagen, aber dein Anblick hat mich umgehauen. Entweder hat das Amulett einen Schalter umgelegt oder eine Erinnerungsspitze hat mich ins Hirn gepiekt.«
Nicole nickte verständig. »Kann ich verstehen, geht mir auch manchmal so mit ihm«, sagte sie mit Blick auf Zamorra. Dann wandte sie sich wieder Dylan zu. »Wir freuen uns, dass du zurück bist.«
»Ich mich auch. Und jetzt bin ich todmüde!«
»Dann schlaf«, ordnete der Professor an. »Wir quartieren uns in einem Gästezimmer ein, wenn es dir recht ist.«
»Klar, danke.«
»Aber glaub nur nicht, dass wir für dich aufräumen! Ach, da fallen mir noch zwei Dinge ein, die ich dich fragen muss. Dein Tattooreif! Warum erstrecken sich seine Tribals bis hinauf zur Schulter?«
»Tun sie das?« Dylan hob den Arm und betrachtete ihn. »Tatsächlich. Ich
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