0987 - Asmodis' Retter
andere Stellen zuständig.«
»Ja?« Viel kürzer konnte eine Frage nicht gestellt werden. »Und?«
»Alle Toten sehen so aus, als wären sie schon weit über hundert Jahre alt«, berichtete der Reeder. »Da sich darunter zweifelsfrei einige Kinder oder Jugendliche befinden, kann das aber nicht sein. Irgendjemand muss ihnen die Lebensenergie geraubt haben. Und so ein Fall fällt eindeutig in dein Ressort, alter Mann.«
Nach einer kurzen Pause fuhr Luc Avenge fort: »Aber gerade als ich aus dem zeitlosen Sprung kam, sah ich ein Wesen, das ich noch nie erblickt hatte. Im gleichen Augenblick verschwand es. Ich weiß nicht, ob es sich durch eine Teleportation versetzte, oder…«
»Wie sah dieses Wesen aus?«, erkundigte sich Nicole Duval. »War es bleich, mit einem unglaublich hässlichen, länglichen Kopf, von dem vereinzelte spröde Haarsträhnen abstehen? Schwarze, pulsierende Adern schimmern unter der fast transparenten Haut?«
Avenge stieß einen schrillen Pfiff aus. »Hast du mit dem Gentleman schon einmal ein Date gehabt?«
»Ein unverbindliches Treffen mit ein paar seiner Brüder zweiten Grades. Seitdem zählen sie nicht mehr zu den Lebenden«, gestand Duval. »Vor einigen Wochen trafen wir in der Nähe von Granada auf die Gosh. Sie sind unglaublich gefährlich, denn sie ernähren sich von der Lebenszeit anderer Wesen.«
»Ihr kennt sie also. Dann habe ich ja die richtigen Spezialisten darauf aufmerksam gemacht.« Avenge klang zufrieden. »Ich habe euch soeben ein paar Fotos geschickt. Auf ihnen erkennt ihr, wie alt die Toten aussehen.«
»Mir wäre trotz allem lieber, wenn du uns helfen könntest«, gestand Zamorra ein.
Der Silbermond-Druide atmete tief ein. »Ich sagte schon, dass ich leider unabkömmlich bin. Macht’s gut. Ich wünsche euch viel Glück, Meister des Undeutbaren.«
Nach diesen Worten beendete er das Gespräch.
»Der Tempel des Amun-Re also«, murmelte Zamorra vor sich hin. Mit diesem Bauwerk verbanden ihn gute und schlechte Erinnerungen. Er schüttelte den Kopf, es war wichtiger an die vor ihnen liegenden Ereignisse zu denken, als sich in der Vergangenheit zu verlieren.
»Luc sagte wörtlich: nicht allzu weit vom Tempel des Amun-Re entfernt«, gab Duval zu bedenken. Sie zeigte mit der rechten Hand auf das Display des TI-Alpha und ließ mit dem Tastendruck des linken Daumens mehrere Bilder nacheinander abspulen. »Und auf den Fotos ist zu sehen, dass das Gebirge noch mindestens eine halbe Tagesreise vom Fundort der Toten entfernt liegt. Wir sollten den Tempel also in unsere Überlegungen einschließen, andererseits aber nicht daraus schließen, dass die Bedrohung durch die Gosh alleine von dort kommt.«
»Du sagst das so, als stünde fest, dass wir so schnell wie möglich nach Libyen reisen«, hielt ihr der Professor vor.
Nicole steckte eine Hand in ihre Hosentasche. Als sie sie wieder herauszog, lag ein blau schimmernder Stein auf ihrer Handfläche. Ihr Dhyarra-Kristall 8. Ordnung. Nur wenige Lebewesen konnten einen der von Schedols Welt stammenden Sternensteine verwenden, ohne dass ihnen der Verstand ausgebrannt wurde.
»Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir versuchen werden, den Gosh das Licht auszublasen«, antwortete die Französin. »Für das, was diese Monstren den Bewohnern von Abruceta antaten, und da vor allen Dingen der armen Araminta Moriente und deren Freund Javier Cruz, gibt es nur eine Strafe, nämlich einen unendlich langsamen Tod. Und jetzt suche ich die Dreckskerle.«
Von beiden Dämonenjägern konnte Duval bei Weitem besser mit dem Dhyarra umgehen. Sie legte sich auf das Gästebett und versetzte sich mit einem Schaltwort in Trance. Dann versuchte sie, mithilfe des Dhyarra eine Spur zu den Gosh zu finden.
***
Wenn Nicole Duval genug Zeit fand, sich zu konzentrieren, dann konnte sie mit dem blauen Sternenstein nach dem Aufenthaltsort der Gosh suchen. Dazu musste sie den Dhyarra mit unmittelbarem Hautkontakt berühren und - ähnlich einem Comic - eine klare, bildhafte Vorstellung von dem haben, was durch die Magie bewirkt werden sollte.
Nicole Duval galt als eine wahre Meisterin im Umgang mit den Sternensteinen. Zamorra hatte ihr nur zu gerne die Umsetzung ihres Planes überlassen. Dieser erwies sich jedoch als erheblich kniffliger, als die Tür zu Dylans Haus damit zu knacken.
Die Französin hielt den Dhyarra mit der linken Hand umschlossen. Blau beleuchtete der einmalig schöne Kristall ihre Hand, aber der Name Dhyarra bedeutete in der Übersetzung nicht
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