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099 - Das Hochhaus der Vampire

099 - Das Hochhaus der Vampire

Titel: 099 - Das Hochhaus der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Davies
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er genug nüchternen Verstand, um sich zu sagen, daß die Stimme menschlichen Ursprungs sein mußte und daß dies alles offensichtlich auf Effekt berechnet war. Wenn man ihn befragen oder verhören wollte, dann hätte das in jedem beliebigen Raum geschehen können.
    „Wir brauchen dich noch“, sprach die Stimme weiter. „Deshalb wollen wir deinen Körper nicht mit Drogen ruinieren oder mit Elektroschocks zugrunde richten. Wie heißt du?“
    „Jerry Boland“, sagte Jerry, der nicht einsah, warum er aus seinem Namen ein Geheimnis machen sollte.
    „Beruf?“
    „Student der Physik und Elektrotechnik“, gab er ebenso wahrheitsgemäß zu Protokoll.
    „Du hast vorgestern nacht in deinem Zimmer etwas gesehen“, fuhr die Stimme fort. „Was war es?“
    „Keine Ahnung“, sagte Jerry laut und deutlich.
    „Du weißt es!“
    „Nein.“
    Die Stimme schwieg, dafür erhob sich aber ringsum ein Knistern und Scharren. Jerry blickte zu Boden und sah plötzlich Hunderte von Riesenkrabben auf sich zu kriechen. Ihre langen Fühler tasteten in der Luft umher. Die gespreizten, abgeknickten Beine stakten über den Steinfußboden und hinterließen nasse Spuren. Die mächtigen Scheren waren ausnahmslos geöffnet, bereit zum Zupacken. Jerry erstarrte. Stand diese feuchte Halle in unterirdischer Verbindung mit einem Aquarium? Die Tiere schienen ausgehungert und hatten eine feine Witterung. Immer mehr wurden es. Die zwischen den Pfeilern des Gewölbes hervorbrachen, hatten es besonders eilig. Sie kletterten über ihre Artgenossen, einige stürzten und kamen hilflos auf den Rücken zu liegen. Sofort griffen die Scheren der anderen zu und zerrissen sie unbarmherzig. Es knackte, Schalen brachen, und unaufhaltsam näherten sich die vordersten dem Gefesselten. In letzter Verzweiflung schrie er: „Ich weiß es!“
    Es war wie ein Zauberwort. Die heran kriechende Masse kam zum Stehen, die langen Tentakel fuhren in der Luft umher. Dann begannen sich die Riesenkrabben wie auf ein geheimes Kommando zurückzuziehen. Ungläubig sah es der junge Mann. Konnte man diese ungefügen Tiere, die nur noch auf entlegenen Inseln im Stillen Ozean vorkamen, vielleicht abrichten? Oder folgten sie anderen, zwingenden Weisungen?
    Erst als sich das letzte Tier zurückgezogen hatte und die schabenden und schleifenden Laute verstummten, kam die Stimme wieder: „Was weißt du?“
    „Es war ein Tier.“
    „Das genügt nicht.“
    Jerry schwieg. Sein Gegner schien das zu mißdeuten. Auf einmal quoll zwischen den Ritzen der Bodenplatten schmutziges, stinkendes Wasser empor. Es floß zu schmalen Rinnsalen zusammen, bildete Pfützen. Und in diesen Pfützen begann es zu wimmeln. Schlüpfrige, kleine Aale peitschten die trübe Flut und schossen hin und her. Seltsamerweise hatten sie Augen, kleine, schwarz glänzende Knöpfe auf kurzen Stielen. Aber gerade das war es, was den Bann brach, der Jerry schon wieder zu umfangen drohte und ihm die Luft abschnürte. Riesenkrabben mochten eine Realität sein, die tödlich sein konnte. Aale mit Knopfaugen gab es nicht. Jerry kannte seine Naturgeschichte gut genug, um so eine Erscheinung als Hirngespinst abzutun. Das Gefühl einer unendlichen Befreiung durchströmte ihn. Dies hier konnte nichts anderes sein als eine allerdings perfekte Suggestion.
    „Pfeifen Sie die Biester zurück“, sagte er. „Ich glaube sie nicht.“
    Sein Gegner hatte offenbar doch Einblick in seine Gedanken, denn schon als er zu sprechen begann, verschwanden die Aale, und die Pfützen trockneten augenblicklich ein, der Boden war nicht mehr naß.
    Jerry wartete, daß die Stimme aufs neue ertönen würde, aber nichts erfolgte.
    Am Arm trug er immer noch seine Uhr, sie ging. Nach einer halben Stunde schien das Plätschern und Rauschen in den benachbarten Hallen stärker geworden zu sein. War dies vielleicht ein altes Wasserschloß, eine Zisterne, die sich bei Regen füllte?
    An der gegenüberliegenden Wand erblickte er die hellen Linien vieler Flutmarken, die ihm bisher nicht aufgefallen waren. Lange starrte er darauf. Sie waren frisch und hatten den Moder von dem Mauerwerk gefressen.
    Und sie waren alle beträchtlich höher als sein Kopf.
     

     

„Wir fahren nicht nach Woodcroft Mansions zurück?“ fragte Ann verwundert, als Davidson Kurs auf die City nahm.
    „Nein, noch nicht. Hedwige wird die Eule verfolgen und uns Nachricht geben. Es ist ohnehin nur eine, Sicherheitsmaßnahme, denn ich glaube, daß sich Jerry wieder irgendwo in dem

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