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099 - Das Hochhaus der Vampire

099 - Das Hochhaus der Vampire

Titel: 099 - Das Hochhaus der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Davies
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entfuhr es ihr. „Sie arbeiten also mit allen Mitteln!“
    „Sieht danach aus. Können wir das Zimmer sehen?“
    Der Klinikdirektor bat sie mit schwungvollen Gebärden in den Seitenflur und öffnete ihnen mit seinem Generalschlüssel die Tür zu Jerry Bolands Zimmer. Viele Spuren hatten die Entführer nicht hinterlassen. Lediglich das Bett war zerwühlt, und auf dem Linoleum zeigten sich etliche Kratzer. Davidson blickte sich mißmutig um. Sein Blick fiel auf den Spiegel.
    „Ah, das muß ich noch beseitigen“, murmelte er. Er trat vor das Glas und wischte einmal mit der Hand darüber. Jetzt waren die matten Linien der Schrift verschwunden.
    „Lassen Sie die Eule auf dem Bett los, Hedwige!“ bat er. Die junge Frau setzte den Vogel auf die Bettdecke. Der Uhu schüttelte seine Federn und stieß den Schnabel zwischen die Kissen. Die Augen hielt er dabei immer noch geschlossen. Unsicher schwankend hüpfte er über die Bettdecke. Dann war er plötzlich mit einem mächtigen Flügelschlag auf der Messingstange des Kopfendes und faltete die Schwingen zusammen.
    „Das genügt“, meinte Davidson. Und zu Ann und dem Klinikdirektor gewandt, fuhr er fort: „Nehmen Sie das Tier nicht als mythisches Zubehör zur landläufigen Hexerei. Ich weiß, daß Hexen und Zauberer auf alten Abbildungen zumeist eine Eule auf ihrer Schulter tragen. Aber das ist keineswegs, wie immer wieder behauptet wird, ein Sinnbild der Weisheit. Eulen sind durchaus nicht weise, aber sie haben einen fabelhaften Sinn für Duftspuren. Ähnlich wie Schmetterlinge vermögen sie noch geringste Geruchsbestandteile über Kilometer aufzuspüren. Diese hier ist entsprechend abgerichtet, um mir zu helfen. Sie hat nun Jerry Bolands Eigengeruch in sich aufgenommen und wird ihn verfolgen. Anders als ein Hund wird sie nicht durch andere Gerüche auf der Erde abgelenkt oder durch Mauern und Verstecke behindert. Man kann sie nicht abschütteln, wenn wir sie einmal auf eine Fährte gesetzt haben. Hedwige.“
    Hedwige war mit einem graziösen Schritt bei dem Bett und hielt die Hand hoch. Die Eule hüpfte mit geschlossenen Augen auf den dargebotenen Handrücken, und sie trug sie hinaus.
    „Was geschieht jetzt?“ fragte Ann.
    „Sie wird die Eule draußen fliegen lassen. Wenn sie ihre ungefähre Flugrichtung festgestellt hat, folgt sie ihr mit dem Wagen. Über dem gegenwärtigen Aufenthaltsort Jerry Bolands wird die Eule kreisen, bis Hedwige sie eingeholt hat. Das ist alles!“
    „Das ist Zauberei!“ brach es aus dem Klinikdirektor hervor. „Sie sind ein wahrhafter Magier, Professor!“
    „Es wäre in der Tat einfacher für mich, wenn ich mein Brot auf Varietebühnen verdienen könnte“, lächelte Davidson. Er schüttelte dem Direktor die Hand. „Ich nehme an, daß Sie vorerst von weiteren beunruhigenden Erscheinungen verschont bleiben. Andernfalls haben Sie meine Telefonnummer. Auf Wiedersehen!“
    Er ging mit Ann Marley hinaus. Als sie den kleinen, roten Wagen erreichten, trat ihnen ein farblos aussehender junger Mann im weißen Kittel entgegen. Seine Augen glänzten, und ein leichter Cognacduft umwehte ihn.
    „Verzeihung“, sagte er, „ich habe gehört, daß Sie Mr. Davidson sind?“
    Der Professor bestätigte es.
    „Darf ich Sie etwas fragen, was mich außerordentlich interessiert?“
    „Selbstverständlich.“
    „Wieso bringt die Nennung Ihres Namens meinen Enzephalographen so durcheinander, daß er auf einmal, statt der verlangten Hirnströmungen, Drudenfüße aufs Papier druckt?“
    „Das hat mit meinem Namen wenig zu tun“, sagte Davidson. „Empfindliche elektrische Apparate reagieren auf mancherlei Veränderungen in der Atmosphäre. Das wissen Sie gewiß. Vielleicht kommen Sie hinter das Geheimnis, wenn Sie eines Tages aufhören, das menschliche Gehirn als eine vergrößerte Telefonzentrale zu betrachten.“
    „Das verstehe ich nicht“, stammelte der junge Arzt. Davidson war schon in den Wagen geklettert und half Ann ebenfalls hinein.
    „Eines Tages werde ich Ihnen das einmal näher erklären. Im Augenblick muß ich Ihrem verschleppten Patienten nachjagen, und ich wäre froh, wenn er morgen schon in der Lage wäre, Enzephalographen durcheinanderzubringen.“
    Er startete den Motor, gab Gas und fuhr dem verwirrten Nervenarzt davon.
     

     
    Die Kleider klebten Jerry Boland am Körper, als er endlich Schritte vernahm. Die Ratte hatte schon große Stücke aus dem Teppich gebissen, jetzt aber hörte sie mit dem Nagen auf und spitzte die kleinen

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