099 - Im Reich der Satansaffen
Zweimal griff er daneben, aber beim drittenmal schlossen sich seine Finger knapp hinter dem Kopf um die Schlange.
Das Buschmesser surrte, und dann warf O’Neill den Schlangenkopf ins Unterholz. Dennoch dauerte es fast fünf Minuten, bis O’Neill Phil Campanella befreit hatte.
Schwer keuchend erhob sich Campanella. Angewidert blickte er auf die tote Riesenschlange. O’Neill rammte sein blutiges Buschmesser in den Boden und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß vom Gesicht.
»Danke«, sagte Phil Campanella, nachdem er sich etwas erholt hatte. Er streckte O’Neill die Hand entgegen, doch dieser übersah sie. Er zog sein Buschmesser aus dem Boden, begab sich zum Wagen und sagte:
»Wir sollten weiterfahren. Ich möchte nicht länger mit dir zusammen sein, als es unbedingt nötig ist.«
Er wischte das Blut mit dicken, großen Blättern von der Klinge und verstaute das lange Messer im Range Rover.
Campanella hatte gehofft, daß sich O’Neills Haß mit der Zeit legen würde, doch nun glaubte er, daß er diese Hoffnung begraben konnte. Mike O’Neill war sein Feind!
»Ich habe dir gestern dein Leben gelassen«, sagte Phil Campanella. »Du hast mir meines heute gerettet. Wir sind quitt.«
»O nein, quitt sind wir noch lange nicht«, erwiderte O’Neill rauh. »Da ist noch eine Rechnung offen. Ich werd’s bestimmt nicht vergessen, darauf kannst du dich verlassen.«
Sie stiegen in den Range Rover und setzten die beschwerliche Fahrt fort.
Sie hatten den Urwald in Planquadrate eingeteilt und suchten systematisch und unermüdlich die Dagoba der Taghs. Manchmal hatten sie den Eindruck, ihrem Ziel ganz nahe zu sein, doch jedesmal zerplatzte ihre Hoffnung wie eine hauchdünne Seifenblase.
Es begann zu dämmern, und sie sahen sich nach einem geeigneten Schlafplatz um. Mit ihren Buschmessern schlugen sie sich den Weg frei, während ihnen Bridget Sanders mit dem Range Rover langsam folgte.
»Überall, wo wir hinkommen, hinterlassen wir Spuren«, knurrte O’Neill ärgerlich. »Die Taghs nicht. Oder hast du schon eine Spur entdeckt?«
»Die Taghs sind mit keinem Wagen zur Dagoba unterwegs«, gab Campanella zurück. »Sie gehen zu Fuß. Sie schlüpfen buchstäblich durch den Dschungel.«
»Es gibt bestimmt Pfade, die zur Dagoba führen.«
»Wahrscheinlich bemerkt man sie erst, wenn man schon draufsteht«, sagte Campanella. »Sie sind bestimmt total zugewachsen.«
Sie verkrochen sich mit dem Wagen im Unterholz, um nicht zufällig entdeckt zu werden, und sie verzichteten auf Licht, denn damit hätten sie sich verraten.
Mike O’Neill befestigte für Bridget und sich Hängematten zwischen Bäumen, nachdem er alles Grünzeug, das ihn störte, ringsherum abgeschlagen hatte. Er bereitete die Moskitonetze vor, und plötzlich zuckte er in Gedankenschnelle in die Hocke.
Er hatte zwei Taghs gesehen, die nicht weit von ihm entfernt einem Pfad folgten. O’Neill warnte Bridget und Campanella mit Handzeichen. Das Mädchen versteckte sich hinter dem Range Rover. Phil Campanella huschte zu O’Neill.
»Endlich eine Spur«, flüsterte er aufgeregt.
Die Taghs trugen lange Gewänder und einen Turban auf dem Kopf.
»Die gehen dorthin, wohin auch wir wollen«, raunte O’Neill.
Im Moment zählten die persönlichen Ressentiments nicht. Beide Männer freuten sich über die Möglichkeit, die ihnen der Zufall bot: Wenn sie den Taghs folgten, würden sie zwangsläufig auf die Dschungel-Dagoba stoßen.
An Schlaf dachten sie nicht mehr. O’Neill winkte Bridget zu sich. »Wir müssen hinterher«, flüsterte er.
»Wir dürfen sie nicht aus den Augen verlieren«, sagte Phil Campanella.
Sie hefteten sich an die Fersen der Taghs. Der Pfad schlängelte sich, kaum erkennbar, durch den dichten Urwald. Die Taghs hatten es nicht eilig. Dennoch hatten ihre Verfolger Mühe, dranzubleiben. Bridget Sanders, Mike O’Neill und Phil Campanella bemühten sich, kein Geräusch zu verursachen.
Sie wollten nicht, daß die Seidentuchmörder auf sie aufmerksam wurden und sich blitzschnell irgendwo auf die Lauer legten.
Etwa zwanzig Minuten folgten sie den bronzehäutigen Männern. Dann lachte Phil Campanella das Herz im Leibe. Mitten im Urwald ragte eine steinerne Kuppel auf. Sie war teilweise überwuchert von Kletterpflanzen. Silbriges Mondlicht ergoß sich darüber, und der Betrachter hatte den Eindruck, daß hier jahrzehntelang kein Mensch mehr gewesen war, doch der Schein trog. Seit kurzem pilgerten die Taghs aus allen Himmelsrichtungen hierher, um
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