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0992 - Der Judasbaum

0992 - Der Judasbaum

Titel: 0992 - Der Judasbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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haben, kam ihm nicht mehr so abwegig vor. Er nahm sich vor, den anderen nicht zu berühren.
    Wenn, dann würde er ihn nur mit dem Waffenlauf anstoßen.
    Vor dem Killer blieb Harry stehen. Zacharias hielt den Kopf gesenkt, so daß von seinem Gesicht nicht viel zu sehen war. Zudem hatten die Haare wachsen können. Durch die Kopfhaltung waren auch sie nach vorn gerutscht und hingen bis in die Stirn, wo sie aussahen wie Teppichfransen.
    Bei Harry wuchs die Unsicherheit. Er wußte wirklich nicht, was er noch unternehmen sollte, denn alles, was er sich vorgenommen hatte, kam ihm plötzlich falsch vor.
    Harry brauchte sich keine weiteren Gedanken mehr zu machen, denn Bruno Zacharias reagierte.
    Er hob den Kopf an.
    Harry schaute in das Gesicht. Schon beim ersten Hinsehen machte es auf ihn den Eindruck einer bleichen Maske, denn der Killer hatte keine Augen mehr.
    Dafür schaute Harry in zwei schwarze Löcher!
    ***
    Er ist tot! Der Killer ist tot! Die Gedanken waren wie Schreie. Sie folterten Harry, der Schwierigkeiten mit sich selbst hatte. Auf einmal fühlte er sich gefangen, von Schlangenarmen umgeben, die ihn nicht mehr loslassen wollten.
    Sein rechter Arm war schwer geworden. Er hatte Mühe, die Waffe zu halten und hielt sie trotzdem fest wie in einem Krampf. Das war nicht Bruno Zacharias, das war nur eine Hülle. Man hatte ihm die Haut abgestreift und diese dann über einen anderen Körper gehoben, damit diese Figur aussah wie er. Er hatte sich zuviel vorgenommen gehabt. Er war in den Sumpf gegangen, um sich zu verstecken und auch zu überleben. Gut, er hatte überlebt, aber um welchen Preis!
    Harry Stahl stieß die Luft aus. Er tat dies langsam und lauschte seinem eigenen Zischen. Der Atem floß durch seine Nasenlöcher nach draußen und unterbrach die Stille. Harry ging auch zurück, wie jemand, der die unmittelbare und körperliche Nähe eines anderen nicht vertragen kann.
    Dann schaute er wieder hin. Abgesehen vom Gesicht sah Bruno Zacharias normal aus. Nicht mal so schmutzig, wie man es hätte von ihm erwarten können. Gut, da waren die Stiefel, auf denen der eingetrocknete Dreck seine Spuren hinterlassen hatte. Auch die Hosenbeine wiesen noch Flecken auf. Die gefütterte Windjacke zeigte eine grüne Farbe. Darunter trug der Killer einen grauen Pullover. Der Hemdkragen war unter dem Halsausschnitt verschwunden, aber darüber zeichnete sich sein Gesicht ab.
    Und das war schlimm. Glatt, faltenlos. Ein Mund, der ziemlich normal wirkte, obwohl er verzerrt war und zur rechten Seite hin floß, als hätte jemand daran gezerrt. In der Bewegung war dieser Mann erstarrt, denn nach dem Anheben des Kopfes tat sich nichts mehr. Es war Harry vorgekommen, als hätte er eine Puppe oder ein ferngelenktes, geklontes Wesen erlebt, nicht aber einen Menschen.
    Daran schloß sich die erste Frage an. War diese Person überhaupt noch ein Mensch?
    Harry bemühte sich mit seinen Überlegungen ab. Es fiel ihm beileibe nicht leicht. In dieser Atmosphäre hatte sich einiges verdichtet.
    Da waren gewisse Dinge zusammengekommen, über die er zwar nachdenken mußte, bei der er allerdings keine Lösung erlebte. Alles floß ineinander, so daß wirre Ströme durch seinen Kopf schossen.
    Kälte und Wärme zugleich folterten ihn. Er spürte den Drang nach einer Lösung, und er wußte auch, daß es sie gab, nur konnte er sie nicht realisieren, das heißt, er wollte sich nicht eingestehen, daß dieser Fall einen anderen Verlauf genommen hatte.
    Was mit Bruno Zacharias geschehen war, das war zugleich nicht mit rechten Dingen zugegangen. Hier hatte eine Macht eingegriffen, die schwer und träge auf ihm lastete, weil er mit ihr eben nicht hatte rechnen können.
    Harry kam wieder zu sich. Er blickte auf die Gestalt. Die Realität hatte ihn wieder. Er spürte sich, er spürte das Blut, das durch die Adern rann. Er konnte wieder tief durchatmen, und auch seine Sinne waren okay.
    Er konzentrierte sich auf den Geruch. Erst jetzt kam ihm zu Bewußtsein, daß es in der Hütte bitter roch, als hätte jemand eine übelriechende Flüssigkeit ausgekippt. Woher der Geruch stammte, war unklar, jedenfalls war er vorhanden und hatte sich auch um die aufgerichtete Gestalt herum verdichtet.
    Harry betrachtete das Gesicht.
    Augenhöhlen. Finster und leer zugleich. Aber etwas gab es dort.
    Die Schächte mußten einen Inhalt haben. Tief darin lauerte etwas.
    Eine andere Macht, die von dem Killer Besitz ergriffen und ihn zu einer Puppe gemacht hatte.
    Eine Puppe?
    Nein, er

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