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0994 - Unheil über Shortgate

0994 - Unheil über Shortgate

Titel: 0994 - Unheil über Shortgate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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weshalb er das tat, denn in den letzten Sekunden war für ihn alles anders geworden.
    Die beiden Todesengel sprachen kein Wort. Sie bewegten sich auch nicht. Nur der kühle, durch das Fenster wehende Wind erwischte ihre Kleidung und bewegte sie leicht. Er war allerdings nicht kräftig genug, um die Flammen zu löschen, und so tanzten sie weiterhin auf den Dochten hin und her.
    Die Stille blieb nicht. Albert hörte die Schritte vom Gang her. Er wußte, daß jetzt die eigentliche Todesbotin kam, und er krampfte sich noch mehr zusammen.
    Diese Schritte kannte er.
    Oft genug hatte er sie gehört. Gwendolyn Ash bewegte sich immer so, beinahe schleichend. Sie war kaum zu hören, und die meisten erschraken, wenn sie plötzlich neben ihnen stand.
    Heute würde es nicht so sein. Albert war darauf vorbereitet. Er würde nicht erschrecken. Das war vorbei. Er hatte bereits zuviel durchlitten. Aber er hörte sich atmen, und er stieß die Luft schnell aus, während er gegen die Tür schaute, wo sie gleich erscheinen würde.
    Sie ließ sich Zeit, bog dann schattenhaft um die Ecke. Langsam wie immer.
    Plötzlich fror der alte Mann noch stärker, als er sie sah. Gwendolyn Ash hatte sich nicht verändert.
    Noch immer war sie die graue Frau, aber wie sie jetzt das Zimmer betrat, da umgab sie etwas, das Albert spürte, aber kaum erklären konnte.
    Es war die Aura des Todes.
    Sie kam wie eine Königin und sah so aus, als hätte sie soeben ihr eigenes Grab verlassen. Der alte Mann dachte wieder an den Anruf der Flüsterstimme. Nun wußte er, wer ihm da Bescheid gegeben hatte. Das konnte nur die Ash gewesen sein.
    Sie blieb stehen. Sie schaute ihn an. An ihr bewegte sich nichts, doch allein ihr Blick war eine Todesdrohung.
    Nach wie vor blieb sie von ihren beiden Dienerinnen eingerahmt, die sie auch nicht beachtete, als sie mit einer kontrollierten und langsamen Bewegung den Arm vorstreckte, bevor sie die zusammengelegten Finger krümmte und Albert so klarmachte, was sie von ihm wollte.
    Dreimal bewegte sie die Finger nach oben.
    Albert nickte.
    Er wollte nicht. Nein, er wollte auf keinen Fall zu ihr gehen, aber er hatte keine Chance. Hätte er sich geweigert, dann hätten die anderen Gewalt angewendet und ihn geschlagen. Und davor fürchtete er sich ebenfalls.
    Also nickte er.
    Und dann ging er los.
    Der alte Mann wunderte sich, daß er es schaffte, auf den Beinen zu bleiben und nicht zu fallen. Er sah die Ash und ihre beiden Helferinnen vor sich, aber sie blieben nicht mehr normal stehen, denn sie kamen ihm vor wie auf einer schwankenden Bühne. Mal wurden sie in die Höhe gestemmt, mal sackten wie wieder weg. Daß er durch seinen Zustand selbst daran Schuld trug, kam ihm nicht in den Sinn.
    Bevor er den Körper erreichte, berührte er die Hände. Dieser erste Kontakt ließ ihn zusammenfahren, denn die ebenfalls grau wirkenden Finger der Person waren kalt wie die einer Leiche.
    Es blieb nicht bei der ersten Berührung, denn die Finger griffen einfach zu. Sie umschlossen die Hand des Mannes, der sie wie kalte, gebogene Stäbe wahrnahm, die ihn nie mehr loslassen würden.
    Es hatte auch keinen Sinn, sich gegen diesen Griff stemmen zu wollen. Diese Person würde ihn erst wieder loslassen, wenn sein Schicksal endgültig besiegelt war.
    Gwendolyn Ash zog ihn näher zu sich heran. Sie war voll und ganz auf ihre Aufgabe konzentriert.
    In ihren Augen schimmerte es, und dann, als sich ihre Gesichter nicht mehr weit voneinander entfernt befanden, sprach sie ihn an.
    »Es ist soweit, Albert. Wir sind gekommen, um dich zu holen. Du bist längst überfällig gewesen, mein Freund…«
    Albert hatte jedes Wort verstanden, aber ihm fehlte einfach die Kraft, um antworten zu können. So blieb er zitternd stehen, gehalten von einer kalten Totenhand, die trotzdem einer lebenden Person gehörte und keiner Leiche.
    Er ließ sich mitziehen, während sich die Ash umdrehte und dafür sorgte, daß er über die Schwelle ging.
    Er drehte sich noch einmal um.
    Es war ein letzter Blick zurück in das Zimmer, das er nie mehr Wiedersehen würde.
    Dann gingen sie.
    Gwendolyn Ash hatte die Spitze übernommen, und sie zog den alten Mann hinter sich her wie einen Hund. Die beiden Frauen mit den Kerzen schlossen sich ihnen an, und so bewegte sich die Prozession durch den Gang auf die Treppe zu.
    Im Haus war nichts zu hören, obwohl es noch nicht so spät war, denn die alten Menschen gingen sowieso nicht früh zu Bett. Aber es ließ sich niemand blicken. Alle Türen blieben

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