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0998 - Die Welt der verlorenen Kinder

0998 - Die Welt der verlorenen Kinder

Titel: 0998 - Die Welt der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Talisman verlassen. Er war ein perfekter Indikator, was die Anzeige fremder Magien anging, vorausgesetzt, die Bedingungen stimmten. Das mußte sich hier noch herausstellen.
    Ich hatte die Kette über den Kopf gezogen, ging in die Hocke und bekam somit auch eine andere Sichtperspektive. Flach fiel mein Blick über den leicht gefrorenen Teich. Kein hochwachsendes Schilf störte mich dabei.
    Direkt vor mir lag die leicht grünlich schimmernde, gefrorene Fläche.
    Unter dem Eis entdeckte ich Schatten, als hätten sich dort dunkle Wolken versammelt.
    McCormick stand neben mir und erkundigte sich nach meinem Vorhaben.
    »Nur ein Versuch«, murmelte ich. Dabei holte ich schon mit dem rechten Arm aus, ließ das Kreuz los und schaute ihm nach, wie es über das dünne Eis schlitterte, bis die Kette das Kreuz stoppte. Es lag auf dem Eis. Ich kniete noch immer. Die Feuchtigkeit drang durch die Hose, was mich jedoch nicht weiter störte, denn ich behielt meinen silbernen und geweihten Talisman im Auge. Nur das war jetzt wichtig.
    Schaffte es seine Kraft, die Geister der toten Kinder aus der Tiefe zulocken?
    Es passierte nichts. Zumindest nichts auf dem Eis, aber darunter veränderte sich nach einer Weile schon etwas. Es waren gewisse Bewegungen, die mir auffielen, aber nicht nur mir, denn auch McCormick hatte sie gesehen und hielt sich mit einem Kommentar nicht zurück.
    »Verdammt, John, ich glaube, da verändert sich etwas!«
    »Ist möglich.«
    »Aber was?« Er bückte sich ebenfalls, um eine bessere Sicht zu bekommen.
    Seine Hände hatte er dabei flach auf die Oberschenkel gelegt, und sein Mund produzierte leicht schmatzende Geräusche, als er die Lippen bewegte.
    »Warten Sie es ab.«
    McCormick machte den Eindruck, als wollte er noch etwas hinzufügen, blieb aber still und stierte ebenfalls auf die dünne Eisschicht, die selbst nicht in Bewegung geraten war.
    Dafür hatte sich das Kreuz ›gemeldet‹. Das Funkeln oder leichte Strahlen war nicht zu übersehen. Mein Talisman hatte plötzlich eine schwache Aura bekommen, die auf mich so wirkte, als schwebte sie daumenhoch über der Fläche.
    »Die Schatten werden heller«, flüsterte McCormick. Er war plötzlich aufgeregt.
    In der Tat hatten sie ihre dunkle Farbe verloren. Wie helle, leicht silbrig schimmernde und sich in sich selbst bewegende Säulen standen sie unter der Eisfläche. Sie zitterten, sie hatten einen Umriß, aber es war für mich nichts Genaues zu erkennen.
    Ich war kein Anfänger. Schon oft hatte ich Geister gesehen, und ich wußte auch, daß sie die Gestalten derer annehmen konnten, die sie einmal gewesen waren. Hier aber von menschlichen Formen zu sprechen, wäre falsch gewesen.
    Es gab sie. Sie bewegten sich. Sie blieben allerdings an ihren Stellen stehen, als wären sie nicht in der Lage, die Schicht aus Eis zu durchbrechen.
    Das allerdings glaubte ich nicht, denn für diese Art von Geistern gab es keine Hindernisse. Wo sie hinwollten, da kamen sie auch hin.
    Es war schon spannend, ihnen zuzuschauen. Selbst McCormick hatte es die Sprache verschlagen, er aber hörte, ebenso wie ich, das Verlassen der Geister aus ihrer Isolation, denn sie meldeten sich auf ihre Art und Weise.
    Schon einmal hatte ich in der unmittelbaren Nähe des Weihnachtsbaums Stimmen gehört.
    Jetzt auch wieder.
    Aber sie sangen nicht.
    Was sie taten, war mir nicht bekannt. Es konnte durchaus sein, daß sie sich unterhielten, dann allerdings auf einer Ebene, mit der wir nicht zurechtkamen.
    Schrille Laute erwischten meine Ohren. Ich wollte sie nicht als menschlich bezeichnen. Es waren einfach nur Geräusche, die ebensogut von verstimmten Instrumenten hätten stammen können. Eines aber stand für mich fest. Diese Stimmen kamen nicht aus der normalen Welt. Sie waren in einer entfernten aufgeklungen, möglicherweise in der Welt der verlorenen Kinder, wie auch immer, aber sie hatten es geschafft, diesen gewaltigen Raum zu überbrücken. Der Steg zwischen den unterschiedlichen Dimensionen war durch sie geschlagen worden.
    Das Schrillen klang laut, wütend und immer schlimmer, aber ich verstand auch Worte. Oder zumindest ein Wort, denn das hieß Christmas. Erst leise gesprochen oder gesungen, dann lauter und so böse, daß ich den Haß deutlich hervorhören konnte.
    Sie haßten das Fest. Sie hatten es pervertiert, und sie schafften es dann, sich tatsächlich wieder zu vereinigen, wobei sie Christmas Day is Coming sangen. Allerdings mit einem gefährlichen Unterton, als wollten sie jemanden

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