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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Haare wie ein Tau zusammen, um die Nässe heraus- zuwringen.
    Er beschattete seine Augen mit beiden Händen und schaute hinüber zum Bluff, konnte aber nur die Masten des Seglers sehen. »Lange hält die White Cloud diesen Seegang nicht durch, dann bricht sie endgültig auseinander. Wenn die restliche Fracht nicht vor der nächsten Flut gelöscht wird, befürchte ich das Schlimmste.« Unruhig lief er hin und her. »Ich muss zum Schiff raus und zusehen, ob ich noch etwas von unseren Vorräten retten kann. Der Sturm hat die Sandbank noch höher geschoben, man müsste leicht zu Fuß hinübergelangen. Sicher befindet sich die Kiste mit meinen Setzlingen noch an Bord.« Vielleicht konnte er in die Kabine gelangen. Er klammerte sich an die Hoffnung, dass das Medizinfläschchen sich dort befand, und vielleicht fand er doch noch die Petroleumlampe, die er für seine junge Frau gekauft hatte und die verdammt teuer gewesen war.
    »Was ist, Dan, kommst du mit? Den Pflug kann ich später noch holen.«
    »Die Brandung vor der Sandbank wird noch genauso gewaltig sein wie vorhin«, brummte der, stand aber ebenfalls auf; er bewegte sich mit der kraftvollen Bedächtigkeit eines großen Bären.
    Sie fuhr hoch. »Johann, nein. Das ist zu gefährlich. Wir werden es auch so schaffen. Wir können doch sicher auch hier noch Vorräte kaufen. Du hast einmal unglaubliches Glück gehabt. Fordere das Schicksal nicht heraus. Bitte überlass das dem Hafenmeister und seinen Leuten. Die wissen schon, was sie tun.«
    »Das gerade bezweifle ich. Al es, was ich besitze, steckt noch im Schiff, und ich werde nicht zusehen, wie es im Meer versinkt.« Damit rannte er mit langen Sätzen den Strand hoch zum Point, aber die Lethargie des Fiebers machte ihn schon merklich langsamer. Er musste schleunigst seine Medizin finden, um
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    nicht für die nächste Zeit völlig kampfunfähig zu sein. Zum wiederholten Mal verwünschte er sich und seine Dummheit, sie in der Kabine vergessen zu haben. Er beschleunigte seine Schritte. Hinter sich hörte er Dan keuchen.
    »Du wirst zu fett, mein Lieber«, warf er ihm über die Schulter zu, bekam jedoch nur einen saftigen Fluch als Antwort.
    »Aber die Wellen sind doch viel zu hoch«, schrie ihm Catherine nach.
    »Johann! Die Haie, die Strömung. Bleib hier! Hölle und Verdammnis!«
    Angstvoll starrte sie auf die schneeweißen Schaumkronen der Brandung, die sich auf der anderen Seite an der Sandbarre brach.
    Doch die beiden Männer hörten sie nicht mehr, verschwanden um die nächste Biegung, und Buschwerk verwehrte ihr die Sicht. Minuten später sah sie die Freunde ins seichte Wasser an der Spitze des Points waten.
    Dann verlor sie beide aus den Augen und verfluchte den Leichtsinn ihres Mannes. Sie verstand ihn nicht. Al es, was er besaß, steckte noch im Schiff? Was sollte diese Bemerkung? Auch hier würde es eine Möglichkeit geben, Ersatz für seine zerrissene Kleidung zu bekommen. Als Erstes würde sie sich einen Hut kaufen müssen, die Sonne brannte ungehindert auf sie herunter, und ihre Haut fühlte sich an, als wäre sie geschrumpft, so sehr spannte sie.
    Die weite Wasserfläche warf die gleißende Helligkeit zurück, und sie kniff ihre Lider geblendet zu einem Spalt. Johann und Dan kamen wieder in ihr Blickfeld; sie bahnten sich ihren Weg durchs Wasser auf der Lagunenseite der Sandbank. Johann hatte Recht gehabt. Das Wasser reichte ihnen nicht einmal bis zur Brust. Die See war kabbelig, aber wenigstens mussten sie nicht mit haushohen Wellen kämpfen. Ihre Augen schmerzten vor Anstrengung, sie im Blick zu behalten. Die Köpfe der beiden Männer erschienen nur noch als tanzende Punkte in den schimmernden Sonnenreflexen, und bald waren sie nicht mehr zu erkennen. Sie mussten die Sandbank überquert haben und sich jetzt auf der Meerseite befinden. Mitten in den tosenden Brechern. Unwil kürlich faltete sie die Hände. »Heilige Jungfrau, hilf ihnen, bitte, hilf ihnen«, betete sie lautlos.
    »Beschütze sie
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    und bringe sie heil wieder zurück.« Plötzlich todmüde, legte sie ihre Stirn auf die gefalteten Hände.
    »Mrs. Steinach, Catherine!« Eine Stimme riss sie aus ihrem Bittgebet.
    Die hochschwangere Mrs. Robertson rannte unbeholfen und mit jedem Schritt kleine Sandfontänen aufwerfend auf sie zu. Ihre Haare waren wirr, die Augen entzündet, kein Hut schützte sie vor der stechenden Sonne. Sie lief barfuß und atmete schwer, ihre Schwangerschaft machte ihr offensichtlich zu schaffen. »Haben Sie meine

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