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1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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an die Decke.
    Betroffen biss er sich auf die Lippen. »Al es andere auch?«
    »Al es andere auch.« Damit drehte sie sich um und schloss die Augen.
    Johann kam es vor, als hätte sie eine Tür zugeschlagen. Während Catherine bald übermüdet einschlief, hielten ihn seine Sorgen und Schuldgefühle die ganze Nacht über wach.

    *
Das Fest dauerte drei Tage. Tagsüber ritten die Männer aus, die Frauen machten es sich, nachdem sie die Hausarbeit gemeinsam erledigt hatten, auf der Terrasse bequem und tauschten Klatsch über den Rest der Kolonie aus. Catherine hörte neugierig zu.
    »Jeder kennt hier jeden«, sagte Mila, »und jeder weiß alles über jeden und redet darüber. Aber wenn einer in Not ist, helfen alle. Ohne diesen Zusammenhalt könnten wir in diesem harten Land nicht überleben.«
    »Wo wir gerade von Überleben sprechen, ich habe hier etwas mitgebracht.« Maria Kappenhofer reichte ein Quadrat gewebter Seide in die Runde. Es war ungefärbt und noch verhältnismäßig grob in der Struktur.
    »Meine erste Seidenernte«, sagte sie stolz. »Von der Raupe bis zum Seidenfaden.«
    Angeregt begutachteten alle den Stoff, befingerten ihn fachmännisch, bemerkten den feinen Glanz, erörterten die Chancen, damit die verwöhnten Damen in Kapstadt zu begeistern und so zusätzliches Geld zu machen. So verging der Nachmittag, bis die Männer unter lautem Rufen und Gelächter wieder auf den Hof ritten.
    »Das wird auch Zeit«, sagte Catherine. »Ich habe schon Hunger.«
    Dan, der Schlangenfänger, kam triumphierend grinsend auf die Veranda marschiert und ließ eine armdicke Python vor ih-371
    nen auf den Boden gleiten. Catherine sprang erschrocken auf, merkte aber schnell, dass das Reptil mausetot war. Die anderen Damen beugten sich interessiert vor und begutachteten die Größe des Tieres und seinen guten Ernährungszustand.

    »Python ä la Congeraal gibt es heute Abend, gesotten, mit Kräutern und Zitronenbutter.« Dan küsste seine Fingerspitzen. »Ich werde sie gleich häuten. Johann, mach mal das Feuer an.«
    Johann, sein weites Hemd in den Hosenbund stopfend, tauchte hinter ihm auf. Mit beiden Händen fuhr er sich durch die Haare, beugte sich über seine Frau und küsste sie. »Ich grüße dich, mein Herz, hast du einen guten Tag gehabt? Bald gibt es etwas zu essen. Wir sind hungrig wie die Löwen.«
    Catherine vermochte nur zu nicken. Hinter ihr ertönte ein leises Lachen.
    Sie drehte sich um und sah sich Mila Arnim gegenüber.
    »Ich kann auf Ihrem Gesicht lesen, dass Sie uns für barbarische Wilde halten. Versuchen Sie sich von dem Bild einer Schlange freizumachen, gehäutet sieht sie genauso aus wie ein leckerer Nordseeaal und schmeckt fast noch besser. In Europa werden schließlich auch Schnecken und Fischotter gegessen und Froschschenkel als Delikatesse betrachtet.«
    Catherine mühte sich noch, diese Information zu verdauen und in Beziehung zu der toten Schlange zu bringen, als aufgeregtes Hundegebell Onetoe-Jack ankündigte. Seinen Löwenmähnenhut in den Nacken geschoben, eine dicke Zigarre zwischen die Zähne geklemmt, polterte er herbei und zeigte ihnen in der Pose eines Gladiators ein großes Stück bluttriefendes Fleisch, das er auf einen angespitzten Stock gespießt hatte.
    Das eher wabbelig wirkende Fleisch war mit einer braunen, lederartigen Haut bedeckt. »Hab 'nem Hippo ein Steak aus dem Hintern geschnitten«, kicherte er mit Fistelstimme und beobachtete amüsiert den Eindruck, den seine Erzählung auf die junge Frau Steinach machte. »Der Rest ist abgehauen.«
    Catherine starrte ihn an. Das, was sie glaubte verstanden zu haben, konnte nicht sein Ernst gewesen sein. »Abgehauen?«, stotterte sie.
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    »Nun, meine Kugel ging fehl und blieb in der dicken Schulterschwarte stecken. Es war ein junger Hippo und kräftig. Er fiel um, rappelte sich aber wieder hoch, und ich erwischte ihn gerade noch am Hinterbein, wollte ihn mit dem Messer erledigen, aber die Klinge rutschte ab und landete im Hinterschinken. Da hab ich das Messer dann einfach durchgezogen und ein Stück abgesäbelt. Das Vieh schrie wie ein abgestochenes Schwein, riss sich los und verschwand im Fluss. Hoffentlich haben es die Krokodile nicht erwischt.« Mit diesen Worten humpelte er kichernd zum Kochhaus, wo ein dünner Rauchfaden ankündigte, dass das Feuer angefacht wurde.
    Catherine schlängelte sich durch die angeregt plaudernden Gäste und erreichte das Kochhaus vor ihm. Johann, der vor der Feuerstelle kniete und das Feuer zum Leben

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