1 - Schatten im Wasser
erklärte Sicelo.
Catherine fragte sich, ob der Kirchenmann den Brautpreis annehmen und was er dann mit diesen Rindern anfangen würde.
Sophia nannte sich fürderhin wieder bei ihrem Geburtsnamen Nomiti. Als hätte sie sich gehäutet wie ein Reptil, hatte das junge Mädchen ihre europäische Hülle abgestreift und damit auch ihre europäischen Manieren.
Nur ihr gewähltes Englisch erinnerte an ihr früheres Leben. Sie war eine Zulu, ganz ohne Zweifel. Schon ihr umwerfender Sinn fürs Komische zeigte das. Es war ein Vergnügen, sich mit ihr zu unterhalten, denn sie hatte die Bibel gelesen und al e Bücher, die sie im Missionarshaushalt gefunden hatte, und wusste über viele Dinge Bescheid. Durch Zufall entdeckte Catherine, dass Nomiti fließend Französisch sprach. »Meine Mam ist dort geboren«, erklärte sie. So verging die beschwerliche Reise kurzweiliger, als Catherine erwartet hatte.
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Endlich rumpelten sie den langen Weg unter den Kiaatbäu- men hinauf zu ihrem Haus, und es war der vierte Tag, an dem sich Catherine jeden Morgen übergeben hatte.
»Ich werde den Viehtrieb im April nicht mitmachen können«, stöhnte sie lächelnd.
Johann küsste hingebungsvoll ihre Hand und schwor sich, jede Aufregung von ihr fern zu halten, damit sie dieses Kind in Ruhe austragen konnte. Er blinzelte in den Himmel. Kein Dunstschleier trübte das tiefe Blau.
Es hatte schon die gläserne Klarheit des afrikanischen Winterhimmels. Das Wetter war milde und trocken, die Nächte wurden bereits kühler. Die Malariazeit war vorbei. Zutiefst erleichtert ließ er die Peitsche knallen, die Zugochsen legten sich gehorsam ins Geschirr und zogen den schweren Wagen um die letzte Biegung, und dann lag Inqaba vor ihnen.
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KAPITEL 19
Mpande hat Ärger mit seinen Frauen«, sagte Johann und schenkte Mila Bier nach.
»Das ist kein Wunder, er hat einen großen Fehler gemacht«, antwortete diese. »Von seinen über zwanzig Frauen hat er mehr als sechzig Kinder, aber keine offizielle Hauptfrau. Das bedeutet dynastisches Chaos.« Sie probierte das Wildgulasch, das Catherine gekocht hatte. »Das ist wirklich gut, Catherine. Ich werde mich für unser nächstes Treffen sehr anstrengen müssen.«
»Da kannst du noch Unterricht bei Pierre nehmen. Der hat mir das nämlich beigebracht. Da du ja nächsten Monat zu meinem Geburtstag schon wieder bei uns bist, hast du zwei Monate Zeit, und ich bin sicher, dass Pierre die Zeit finden wird, dich zu diesem Zweck zu besuchen«, sagte ihre Gastgeberin und lächelte dabei.
»Mpandes Isigodlo ist größer als jedes seiner Vorgänger. Mal zieht er die Frau vor, mal jene. Das kann nur Unheil bringen«, nahm Mila den Gesprächsfaden wieder auf.
Dan, der bisher geschwiegen hatte, lachte sein knurriges Lachen. »Wohl wahr. Seine erste Frau ist die Tochter des Häuptlings des einflussreichen Zunguclans. Mpande hat ihr ein eigenes königliches Umuzi gebaut, wo sie mit seinen anderen Frauen, die aus demselben Clan stammen, residiert.
Sie ist so eifersüchtig, dass sie den König in aller Öffentlichkeit herun-terputzt, und die anderen Frauen singen ein Spottlied auf ihren untreuen Ehemann. Cetshwayo ist ihr ältester Sohn, den Mpande als seinen Nachfolger ausrief, noch bevor er seinen eigenen Halbbruder Dingane mit seinen Impis in die Lebombo- berge trieb und nach dessen Ermordung selbst König wurde. Letztlich aber hat er sich von Cetshwayo abgewendet und bevorzugt nun Mbuyazi, den Sohn von Monase, und die Zungufrau spuckt Gift und Galle.«
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»Was ist mit Sipho? Ich dachte, der ist sein Lieblingssohn?«, fragte Catherine.
»Den muss er in der Thronfolge außer Acht lassen. Seine Mutter ist nur die Tochter eines kleinen Häuptlings«, erklärte Johann. »Sie gehörte zu Shakas Isigodlo, wenn ich mich recht erinnere. Ihr Vater übergab sie Shaka, um so die gute Beziehung der beiden Clans zu zementieren, und Shaka hat Monase an Mpande weitergereicht. Sie war lange seine Lieblingsftau, und bis heute munkelt man, dass Mbuyazi in Wirklichkeit Shakas Sohn ist.«
»Meine Güte, wie kompliziert und merkwürdig«, bemerkte Catherine.
»Wird nicht wie in Europa immer der älteste Sohn König?«
»0 nein«, warf Mila ein. »Der stärkste wird es. Es gibt einen berühmten Ausspruch von König Mpande. >Unser Haus hat die Königswürde nicht dadurch gewonnen, dass wir es uns auf einer Matte bequem machten*, erklärte er, >unser Haus hat die Königswürde durch Zustechen mit dem Assegai erlangt/ Ob er daran gedacht
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