1 - Schatten im Wasser
Vorratsraum. Um die Stirn trug sie wieder das Perlband ihres Verlobten Mzilikazi, und ihre großen Augen leuchteten.
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»Jikijiki, um Himmels wil en! Hast du nicht gehört, was draußen los ist?
Cetshwayo und Mbuyazi sind hier, um dich einzu- fangen«, flüsterte sie eindringlich.
Die junge Zulu wurde grau und rang die Hände, ihre Lippen bewegten sich. »Hilf mir, Katheni«, wisperte sie.
Catherine packte sie am Arm. »Was machst du hier? Warum bist du aus dem Isigodlo ausgerissen?«
Jikijikis Unterlippte bebte, als sie antwortete. »Ich werde mit Mzilikazi über die Hügel ziehen, bis wir einen Ort gefunden haben, wo niemand weiß, wer ich bin. Wir werden unser Umuzi bauen, und unser Kind wird dort geboren werden.« Sie legte ihre zitternde Hand auf ihren Bauch, eben unterhalb des Nabels, in dieser unverwechselbaren Geste aller Frauen, die ein Kind erwarten.
»Wo ist Mzilikazi?« Catherine wurde heiß und kalt, als sie an die strikten Gesetze dachte, die die Mädchen des Isigodlo wie Käfigstangen umschlossen, und an die Worte von Mila.
»Er wartet auf der anderen Seite des Flusses auf dem großen Felsen, der auf deinem Land liegt.«
Catherine nickte. Nicht weit vom Ufer ragte eine verwitterte, von Büschen und Bäumen gekrönte Felswand auf. Das Land darunter fiel steil zum Fluss ab, denn bei einem der letzten schlimmen Unwetter vor einem Jahr war der sanfte Strom zu einem gefräßigen Monster angeschwollen und hatte sich nahe an die Wand herangefressen. »Du wirst zu Fuß mehr als einen Tag dorthin brauchen«, flüsterte sie, »und die Gefahr, dass du gesehen wirst, ist groß.« Sie nagte an ihrem Daumen. »Sie werden euch beide erwischen. Du weißt, welches Schicksal dich dann erwartet.«
Zu ihrer großen Überraschung lächelte Jikijiki strahlend. »Die Hyänenmänner werden uns nichts anhaben können. Mzilikazi, der sehr schlau ist, hat einen mächtigen Gegenzauber«, antwortete sie mit heiterer Gelassenheit und zog die Decke, die sie gegen die Winterkälte schützen sollte, fester.
»Einen Gegenzauber?« Catherine sah, dass der Glaube an ihren Geliebten Jikijiki wie ein Heiligenschein umgab, und schluckte eine bissige Bemerkung herunter.
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»Catherine, können wir alle Kürbisse ernten?« Pierres Stimme. Sie schreckte hoch. Niemand durfte erfahren, wer hier bei ihr in der Vorratskammer stand. Sie spähte hinaus. »Ja, natürlich, nehmt al es, was ihr findet«, rief sie und wandte sich wieder der Zulu zu. »Du musst dich verstecken.« Aber wo? Verzweifelt überlegte sie. Der Hühnerstall fiel ihr ein, aber das war Unsinn. Die Hühner würden alles durch ihr Gegacker verraten. »Du bleibst hier.« Sie schob sie ganz hinten in den Vorratsraum.
»Duck dich«, befahl sie, und Jikijiki rollte sich zu einem Ball zusammen.
Catherine deckte sie mit ihrer eigenen Decke zu, hievte einen Mehlsack davor und rollte ein Fass daneben. Darauf stapelte sie die Tonkrüge, in denen sie Lebensmittel aufbewahrte. »Rühr dich nicht vom Fleck, und sei leise.« Rasch räumte sie alle Vorräte, die sie brauchen konnte, in die Küche, schloss die Tür und legte den Riegel vor.
Die anderen fand sie bereits emsig bei der Arbeit im Kochhaus. Johann und Dan häuteten eine der Ziegen, während Pierre die zweite bereits zerlegte. Mila saß hinter einem Berg von Gemüse und schälte und schnippelte. Sie setzte sich dazu.
»Sie sind ein beeindruckendes Brüderpaar, nicht wahr?«, sagte Johann und deutete auf die Prinzen.
Cetshwayo und Mbuyazi, in vollem zeremoniellen Kostüm, stolzierten durch die Reihen ihrer Krieger, blähten sich auf, schüttelten ihre hohen Federkronen aus Straußenfedern. Die langen, weißen Tierschwänze, die ihnen vom Hals bis fast auf die Fersen fielen, wehten wie prächtige Löwenmähnen im Wind.
»Es fehlte nur noch, dass sie brüllen wie Löwen.« Johann schmunzelte, während er große Fleischstücke auf den Rost legte und sie mit flüssiger Butter begoss. »Ich muss gestehen, dass sie sehr den schwarzen Teufeln ähneln, mit denen mir unser Pfarrer als Kind Angst gemacht hat.«
Die Unterhaltung rauschte an Catherine vorbei. Der einzige Gedanke, der sie beherrschte, war, dass sie Jikijiki von hier wegbringen musste, ohne dass es jemand bemerkte.
»Pack doch mal mit an«, sagte Pierre und schleppte mit dem Schlangenfänger gut gefüllte Schüsseln in den Hof zu den 663
Zulus, die von den anregenden Essensdüften munter geworden waren.
Mbuyazi, ein auffallend gut aussehender Mann mit einer
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