Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1 - Schatten im Wasser

Titel: 1 - Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
hellblauen Himmel, und das Meer schimmerte wie kostbares Perlmutt im frühen Morgenlicht. Schiefergraue Delphine schwammen mit 183
    atemberaubender Schnelligkeit dem Schiff voraus, und ein Schwärm weiß glänzender Möwen stritt sich kreischend um die Abfälle, die der Smutje am Heck über Bord warf. Die Luft, die vom Festland herüberwehte, roch schon nach Frühling.
    Catherine warf den Kopf in den Nacken und lachte ihrem Mann zu. »Sag mir, wo Inqaba liegt.«
    »Da hinten, dort, wo die Sonne aufgeht, da liegt Inqaba.« Ein Lächeln verklärte sein Gesicht, als er ins strahlende Licht zeigte.
    »Erzähle mir, was ich sehe, wenn ich aus unserem Schlafzimmerfenster schaue.«
    Sein Blick wanderte über die Hügel in die schimmernde Ferne. »Du siehst über die Kronen von Kaffirbäumen, Mimosen und blühenden Amatungulubüschen auf welliges, saftig grünes Land hinunter. Im Tal glänzt ein Wasserloch, im Westen liegen Weizen- und Maisfelder. Guavenbäume wachsen in der Nähe des Hauses, und ein Mangobaum. Vor drei Wintern habe ich Aprikosen, Quitten, Mandeln, Granatapfel, Orangen und Feigen gepflanzt, von denen ich hoffe, dass sie blühen, wenn wir nach Hause kommen. Ein Freund aus Pietermaritzburg, das ein bis zwei Tagesritte von Durban aus landeinwärts liegt und ein ganz entzückender Ort ist, hat mir die Jungpflanzen mitgebracht.«
    Vor Catherines Augen entstand ein Paradies. Sie sah sich im Frühjahr unter rosa Mandelblüten wandeln, roch den betörenden Duft der Orangen und meinte die Quittenmarmelade der Kochmamsell ihrer Tante zu schmecken. »Gibt es bei euch auch die Baummelonen, die Papayas? Sie sind sehr lecker, und man sagt, ihr Verzehr hilft bei der Verdauung.«
    »Ja, die gibt es. Ich habe eine Hand voll Samen gegen ein Huhn eingetauscht. Letztes Jahr haben die Bäume zum ersten Mal Früchte getragen, goldgelbe, saftige Früchte. Einige werden reif sein, wenn wir kommen.«

    »Wie herrlich klingt das alles! Sag mir doch, was ich sehe, wenn ich an dem Fenster unseres Salons stehe.«
    »Salon?« Er bedachte sie mit einem zweifelnden Lächeln, wollte offenbar etwas sagen, überlegte es sich dann wohl doch an-184
    ders. »Von unserem Wohnraum aus hast du denselben Ausblick wie vom Schlafzimmer.«
    »Wo liegt die Küche?« Es war immer gut, wenn diese weit weg von den Wohnräumen lag. Einmal wegen der Brandgefahr und außerdem, weil die Küchengerüche doch meist eine arge Belästigung darstellten und das Klappern der Töpfe wirklich störend sein konnte.
    »Die Küche liegt neben dem Wohnraum, aber wir haben ein separates Kochhaus...«
    »Ein separates Kochhaus!« Sie war beeindruckt. Das gab es in keinem der großen Häuser, die sie kannte. »Ich kann es kaum erwarten, so sehr freue ich mich!« Sie meinte das wirklich, war wie berauscht von der Überzeugung, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
    »Mich zerfrisst es immer vor Sehnsucht, wenn ich einmal nicht zu Hause sein kann. Nichts würde mich glücklicher machen, als wenn es dir auch so erginge.«
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, küsste ihn rasch auf den Mund und schmiegte sich in seine schützenden Arme. Gemeinsam sahen sie über den weiten Ozean zu dem fernen Land hinter dem Horizont, das sie von nun ab auch ihre Heimat nennen würde.
    Die nächste Nacht wurde unruhig. Das Schiff rollte, Catherine stieß sich hart an der Kojenwand und wachte mit einem Aufschrei auf. Johann neben ihr regte sich, schwang die Beine auf den Boden und lauschte dem fauchenden Wind. Er musste sich bücken, da die Decke der kleinen Kabine zu niedrig für ihn war.
    »Das Kap der Stürme macht seinem Namen wieder alle Ehre. Für kurze Zeit wird es eine raue Fahrt werden. Ich hoffe, du leidest nicht allzu sehr unter Seekrankheit«, bemerkte er mit deutlicher Besorgnis in der Stimme.
    »Überhaupt nicht, du hast eine Frau mit Seebeinen geheiratet. Mir wird nie schlecht. Leg dich wieder hin, aber es ist zu eng hier, du wirst dich auf mich legen müssen«, kicherte sie und zog ihn zu sich herunter. Wegen der Kälte waren sie vollkommen
    185
    angezogen ins Bett gestiegen. Sie knöpfte ihr Kleid auf und führte seine Hand unter ihr Hemd, bis sie auf ihrer Brust lag.
    Später gingen sie gemeinsam an Deck. Er legte ihr den Arm um die Schultern. »Der Sturm lässt nach. Von jetzt ab wird unsere Reise ruhiger werden. Es ist eisig hier draußen, höchste Zeit, dass wir nach Hause kommen. Auf Inqaba wird es nie richtig kalt«, murmelte er, während er ihr einen Schal um den

Weitere Kostenlose Bücher