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10 - Das Kloster Der Toten Seelen

10 - Das Kloster Der Toten Seelen

Titel: 10 - Das Kloster Der Toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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hatte vergessen, daß meist schon Vorurteile ausreichten, um jemandem Schaden zuzufügen.
    Fidelma betrachtete Corryn eingehend, der neben Clydog an der Spitze des Trupps ritt. Seine Züge kamen ihr eigenartig vertraut vor. Waren sie sich schon einmal begegnet? Oder erinnerte er sie einfach nur an jemand anderen? Falls ja, an wen?
    Er schien intelligent zu sein und gebildet. Er sprach Latein. Jedenfalls genug, um ihre an Eadulf gerichtete Warnung zu verstehen, daß er sich vorsehen sollte, ihre Identität preiszugeben, da die Räuber ein hohes Lösegeld für eine ranghohe Frau verlangen würden, wohingegen sie möglicherweise eine einfache Nonne ohne Lösegeld gehen lassen würden.
    Clydog, der Anführer, wirkte ebenfalls gebildet. Da war zum Beispiel dieser kostbare Halsreif und das, was er darüber hatte verlauten lassen. Weder Clydog noch Corryn schienen typische Räuber oder Verbrecher zu sein. Doch ganz gleich, welches Rätsel sie umgab, es war ein ausgesprochenes Mißgeschick, daß sich ihre Wege gekreuzt hatten. Flucht war jetzt das vorrangige Gebot. Der ganze Trupp bestand aus neun Reitern, Clydog und Corryn eingeschlossen. Im Moment war es aussichtslos zu fliehen, denn die meisten der neun trugen Bogen bei sich, deren Pfeile eine große Reichweite hatten. Sie würden warten müssen, bis sie an ihrem Bestimmungsort angelangt waren und sich ihnen eine günstige Gelegenheit bot.
    Verstohlen blickte sie zu Eadulf hinüber. Düstere Sorgenfalten zeichneten sich auf seinem Gesicht ab. Sie wußte, daß sich Eadulf nur ihr zuliebe auf dieses gefährliche Unternehmen eingelassen hatte. Ihm war unwohl bei all dem gewesen. Und zwar schon ehe sie zur Abtei Dewi Sant aufbrachen, um dort mit Abt Tryffin zu sprechen. Vielleicht hätte sie seine Vorbehalte respektieren sollen, denn Eadulf machte sich nie ohne Grund Sorgen. Nie würde sie es sich verzeihen, wenn ihre Eitelkeit, ihre Vermessenheit schuld daran sein sollten, daß ihm etwas zustieße. Sie hätten in Porth Clais warten und sofort ihre Reise nach Canterbury fortsetzen sollen. Fidelma preßte die Lippen zusammen. Jetzt war es zu spät für Reue.
    Inzwischen hatten sie den Schutz des Waldes erreicht. Offensichtlich kannte sich Clydog hier gut aus, denn er verlangsamte das Tempo nicht, sondern ritt zügig voran. Die anderen folgten ihm einer nach dem anderen. Ihre Begleiter mußten ausgezeichnete Reiter sein, denn ohne Tempoverlust hatten sie ihre beiden Gefangenen geschickt in die Mitte der Reihe genommen. Nach einer Weile kam die Reiterkette durch dichtes grünes Unterholz. Dann gelangten sie auf eine Lichtung, auf der sich ein kleiner Bach in ein großes Becken ergoß, zu klein, um See genannt zu werden. An einem Ende befanden sich ein Hügelgrab und ein paar provisorische Hütten und Zelte. Über einer Feuerstelle hing ein Kochtopf. An einem einfachen Geländer etwas entfernt unter einem offenen Dach konnte man die Pferde anbinden.
    In dem Lager hielten sich ein halbes Dutzend Männer auf, die auf die Gefangenen zuliefen und sie begafften.
    »Was sind das für Leute, Clydog?« fragte einer der Kumpane, ein stämmiger Bursche, der das Leben in freier Natur gewöhnt zu sein schien.
    »Die haben wir in Llanpadern aufgegabelt«, erwiderte Clydog und glitt vom Pferd. »Der hier ist ein Heiler.« Er stieß Eadulf mit dem Daumen an.
    »Wissen sie Bescheid?« fragte der andere.
    »Halt deine lose Zunge im Zaum!« fuhr ihn Corryn barsch an. »Das gilt für euch alle. Niemand unterhält sich mit den Gefangenen.«
    Die Männer betrachteten Fidelma und Eadulf mit unverhohlener Neugier.
    »Es sind Fremdlinge, oder?« fragte ein junger Bursche mit überschnappender Stimme, dem noch nicht einmal der Bart sproß.
    »Eine Gwyddel und außerdem ein Angelsachse«, erwiderte Clydog.
    Gemurmel wurde laut.
    »Sitz ab, Angelsachse«, befahl Corryn.
    Eadulf stieg vom Pferd. Corryn packte ihn am Arm und stieß ihn in das düstere Innere einer Hütte, ehe er noch ein Wort mit Fidelma wechseln konnte. Auf dem Boden lag ein Mann.
    »Wenn du ein Arzt bist, dann tu etwas«, fuhr ihn Corryn an und ließ ihn allein.
    Eadulf blickte auf den Mann hinunter, der zu schlafen schien. Dann lief er rasch zum Eingang der Hütte zurück.
    Fidelma saß immer noch auf ihrem Pferd und war von den Männern umringt, die inzwischen alle abgestiegen waren. Doch man hielt die Zügel ihres Pferdes fest, so daß sie sich nicht unversehens davonmachen konnte.
    »Sie behauptet, daß jener unfähige Narr, der darauf

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