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10 - Das Kloster Der Toten Seelen

10 - Das Kloster Der Toten Seelen

Titel: 10 - Das Kloster Der Toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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jene, die du nicht leiden kannst, auf deine Feinde, denn sie sind die ersten, die deine Fehler und Fehltritte bemerken.«
    Fidelma neigte den Kopf leicht zur Seite. »Mein Lieblingsphilosoph ist Publilius Syrus. Vielleicht hast du ihn auch gelesen?«
    »Mir sind seine Lebensweisheiten ein wenig bekannt.«
    »Er sagte, daß es keine Sicherheit bedeute, die Zuneigung seines Feindes zu erringen. Der Feind wird erst zum Freund, wenn er tot ist.«
    »Publilius Syrus«, spottete Clydog, »war nur ein Sklave aus Antiochia, der nach Rom gebracht wurde und seine Freiheit errang, weil er Dinge schrieb, die die Gefühle seiner Herren ansprachen.«
    »Lehnst du seine Weisheiten ab, seine Stücke oder ihn, weil er aus Antiochia stammte oder weil er ein römischer Sklave war, der seine Freiheit erringen konnte? Viele unserer Vorfahren hatten das gleiche Schicksal.«
    »Meine Vorfahren nicht!« brauste Clydog zu Fidelmas Überraschung wütend auf.
    »Ich meine jene Britannier und Gallier, die als Sklaven nach Rom gelangten und ihre Freiheit wiedererrangen.«
    »Die sollen für sich selbst sprechen. Ich werde für mich sprechen.«
    »Es ist offensichtlich, daß du ein gebildeter Mann bist, Clydog. Wer bist du?« fragte Fidelma plötzlich. »Du bist viel zu intelligent für einen gewöhnlichen Banditen.«
    Sie betrachtete ihn eingehend. Die Schatten, die das flackernde Feuer über sein Gesicht huschen ließ, erschwerten ihr das ein wenig.
    »Ich habe dir schon gesagt, wer ich bin.«
    »Clydog, die Wespe, offenbar ein Geächteter«, räumte Fidelma ein. »Doch weshalb bist du das? Du bist nicht als Wegelagerer geboren.«
    Clydog lachte kurz auf. »Ich bin das, was ich bin, weil ich mehr im Leben erreichen will, als mir das Schicksal mit auf den Weg geben konnte. Doch ich habe dich nicht zu dieser Abendmahlzeit gebeten, um über mich zu sprechen.«
    Von der anderen Seite des Feuers drangen heisere Stimmen zu ihnen herüber. Man hatte Corryn überredet, ein Saiteninstrument in die Hand zu nehmen, welches Fidelma an eine ceis erinnerte, eine kleine rechteckige Harfe mit diagonal verlaufenden Saiten, die in ihrer Heimat weit verbreitet war. Als Corryn zu singen begann, verstummten die anderen. Er hatte einen schönen weichen Tenor.
     
    »Wintertag, die Hirsche sind mager,
geschwind und kraftvoll ist der Rabe.
    Der Wind bläht sich auf zum Gewittersturm.
    Weh dem, der einem Fremden traut,
Weh den Schwachen, weh den Schwachen.«
     
    Fidelma schnaubte abschätzig. »Clydog, ist das deine Philosophie? Weh den Schwachen?«
    »Gibt es eine bessere?« erwiderte Clydog. »Nur die Starken werden das Erdreich besitzen.«
    »So bist du kein Christ? Unser Herr sagte: Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Bist du anderer Ansicht?«
    »Ich bin kein Christ. Ich halte nichts von der christlichen Lehre, die den Menschen Mut und Stärke abspricht. Dein Gott ist ein Gott der Sklaven, er ermutigt sie, ewig Sklaven zu bleiben. Er ermutigt die Leute, arm, hungrig und ohne Kleider zu bleiben. Dein Gott wurde erfunden, damit die Reichen die Armen versklaven können! Fort mit dem Unsinn! Fort mit solchen Lehren der Sklaverei!«
    Fidelma musterte Clydog aufmerksam. Er hatte mit großer Leidenschaft gesprochen.
    »Warst du einmal arm und versklavt, Clydog?«
    Wieder brauste er auf. »Was meinst du … Ich habe nicht gesagt …«
    Fidelma lächelte. »Ich sehe, in deinem Herzen ist großer Zorn, und du willst auf keinen Fall verzeihen. Lukas schrieb: ›Wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig.‹«
    »Predige mir nicht deinen Glauben, Gwyddel. Den brauchen wir nicht. Trotzdem solltest du Sünder wie mich akzeptieren, bist du doch eine Christin.«
    Fidelma schaute ihn erstaunt an.
    »Rede mir ja nicht ein, daß einer, je mehr er sündigt, einen um so besseren Heiligen abgeben wird. Je mehr einer gesündigt hat, desto mehr wird ihm Christus vergeben?«
    »Wer hat dich das gelehrt?« fragte Fidelma.
    »Das steht in euren christlichen Büchern. Dein Christus sagt: ›Ich sage euch: Also wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.‹ So steht es in eurer Heiligen Schrift.«
    »Und deshalb übst du dich so im Sündigen? Ist das dein Weg zu Frieden und Zufriedenheit?« fragte Fidelma spöttisch.
    Clydog blieb ruhig. »Du solltest mich nicht mit deinen geistvollen Sprüchen und Spitzfindigkeiten herausfordern, Gwyddel, auch wenn man mir

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