10 Ein Tanz mit Drachen (alte Übersetzung)
missbilligend zusammenkniff, und ihr runzliges Gesicht war so scharf geschnitten wie die Klinge einer Axt. Septa Scolera war dick um die Hüften und klein, sie hatte schwere Brüste, Olivenhaut und roch säuerlich wie Milch, kurz bevor sie schlecht wird. Sie brachten ihr Essen und Wasser, leerten ihren Nachttopf und nahmen ihr alle paar Tage das Hemd ab, um es zu waschen. Bis sie es sauber zurückbrachten, musste Cersei nackt unter ihrer Decke kauern. Manchmal las ihr Scolera aus dem Siebenzackigen Stern oder dem Buch der Heiligen Gebete vor, aber darüber hinaus sprachen sie nicht mit ihr und beantworteten keine ihrer Fragen.
Sie hasste und verachtete alle drei, fast so sehr, wie sie die Männer hasste und verachtete, die sie verraten hatten.
Falsche Freunde, verräterische Diener, Männer, die sie ihrer unsterblichen Liebe versichert hatten, sogar ihre eigenen Blutsverwandten … sie alle hatten sie in der Stunde der Not im Stich gelassen. Osney Kettleblack, dieser Schwächling, war unter der Peitsche zusammengebrochen und hatte die Ohren des Hohen Spatzen mit Geheimnissen erfüllt, die er eigentlich mit ins Grab hätte nehmen sollen. Seine Brüder, Abschaum von der Straße, denen sie hohe Ämter zugänglich gemacht hatte, saßen untätig herum. Aurane Waters, ihr Admiral, war mitsamt der Dromonen, die sie für ihn gebaut hatte, auf See geflohen. Orton Merryweather war zurück nach Longtable geflohen und hatte seine Gemahlin Taena mitgenommen, die einzige treue Freundin der Königin in diesen schrecklichen Zeiten. Harys Swyft und Großmaester Pycelle hatten sie ihrer Gefangenschaft überlassen und das Reich ebenjenen Männern angeboten, die sich gegen sie verschworen hatten. Meryn Trant und Boros Blount, die geschworenen Beschützer des Königs, ließen sich nicht blicken. Sogar ihr Vetter Lancel, der einst behauptet hatte, sie zu lieben, war einer ihrer Ankläger. Ihr Onkel hatte sich geweigert, sie zu unterstützen, als sie ihn zur Hand des Königs ernennen wollte.
Und Jaime …
Nein, sie konnte es nicht glauben, wollte es nicht glauben. Jaime würde unverzüglich herbeieilen, sobald er von ihrer Pein erfahren würde.
» Komm sofort«, hatte sie ihm geschrieben. » Hilf mir. Rette mich. Ich brauche dich jetzt dringender als je zuvor. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Komm sofort.«
Qyburn hatte geschworen, er würde dafür sorgen, dass der Brief ihren Zwillingsbruder erreichte, der mit seinem Heer irgendwo in den Flusslanden unterwegs war. Qyburn war allerdings nie zu ihr zurückgekehrt. Er konnte längst tot sein, vielleicht steckte sein Kopf auf einem Spieß über dem Tor der Burg. Oder vielleicht verrottete er in einer Schwarzen Zelle unter dem Roten Bergfried, und ihr Brief war überhaupt nicht abgeschickt worden. Die Königin hatte hundertmal nach ihm gefragt, doch ihre Wärterinnen wollten nicht darüber sprechen. Nur eins wusste sie sicher: Jaime war nicht gekommen.
Noch nicht, verbesserte sie sich. Aber bald ist er da. Und sobald er kommt, werden der Hohe Spatz und seine Schlampen ein anderes Lied singen.
Sie hasste diese Hilflosigkeit.
Immer wieder hatte sie Drohungen ausgestoßen, auf die man allerdings nur mit versteinerten Mienen und tauben Ohren reagiert hatte. Sie hatte Befehle ausgesprochen, doch ihre Befehle wurden nicht befolgt. Sie hatte die Gnade der Mutter erfleht und versucht, an das natürliche Mitleid zu appellieren, das eine Frau gegenüber einer anderen empfand, doch diese drei verschrumpelten Septas mussten ihre Weiblichkeit zusammen mit ihren Gelübden abgelegt haben. Sie hatte es mit Liebenswürdigkeit und Sanftheit versucht und alle weiteren Gräueltaten demütig über sich ergehen lassen. Sie waren nicht zu erweichen gewesen. Cersei hatte ihnen Belohnungen angeboten, Nachsicht, Ehrungen, Gold, Stellungen bei Hofe. Sie reagierten auf ihre Versprechungen wie auf ihre Drohungen.
Und sie hatte gebetet. Oh, wie sie gebetet hatte. Gebete waren es, was sie wollten, also gab sie sie ihnen, gab sie ihnen auf Knien, als wäre sie irgendein billiges Flittchen von der Straße und nicht eine Tochter des Steins. Sie hatte um Hilfe gebetet, um Erlösung, um Jaime. Laut hatte sie die Götter gebeten, sie in ihrer Unschuld zu verteidigen; im Stillen hatte sie dafür gebetet, dass ihre Ankläger eines plötzlichen, schmerzvollen Todes starben. Sie betete, bis ihre Knie wund waren und bluteten, bis sich ihre Zunge so dick und schwer anfühlte, dass sie fast daran erstickte. All
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