10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
hat selbst den leisesten Anschein einer bösen Absicht allzu vorsichtig vermieden. Ich kann nur nicht genau sagen, was mich stört, verdammt noch mal!«
»Und wenn wir sein Leben weiter zurückverfolgen? Wir sind nur bis zu seinem vierten Lebensjahr gelangt.«
»Etwas Wichtiges kann nicht so weit zurückliegen. Es ist klar, daß er Vanderman gefürchtet und auch gehaßt hat. Das ist Schablone, Psycho-Grundlage. Der Vater als Symbol der Gerechtigkeit. Ich fürchte, Sam Clay wird straffrei ausgehen.«
»Aber wenn Sie doch annehmen, daß an der Sache etwas faul sei …«
»Wir müssen die belastenden Beweise liefern«, sagte der Soziologe.
Das Visiphon schlug an. Eine sanfte Stimme war zu hören.
»Nein, ich bin noch nicht fertig. Jetzt? In Ordnung. Ich komme vorbei.«
Er stand auf.
»Der Staatsanwalt wünscht mich zu sprechen. Aber ich habe nicht viel Hoffnung. Ich fürchte, der Staat wird diesen Fall verlieren. Das ist eben die Schwierigkeit bei diesem extrovertierten Gewissen …«
Er erklärte sich nicht näher. Er stand auf, schüttelte den Kopf und ließ den Techniker zurück, der abschätzend auf den Bildschirm starrte. Aber innerhalb der nächsten fünf Minuten wurde er einem anderen Fall zugeteilt – das Büro war unterbesetzt –, und er hatte keine Gelegenheit, in Eigenregie weiterzuforschen, bis eine Woche vergangen war. Dann spielte es auch keine Rolle mehr.
*
Denn eine Woche später verließ Clay als freier Mann das Gerichtsgebäude. Am Ende der Auffahrtsrampe wartete Bea Vanderman auf ihn. Sie trug Schwarz, aber ihre Stimmung paßte sichtlich nicht dazu.
»Sam«, sagte sie.
Er sah sie an.
Er fühlte sich leicht benommen. Alles war vorüber. Alles hatte sich planmäßig entwickelt. Und nun beobachtete ihn niemand. Das Auge hatte sich geschlossen. Die unsichtbaren Zuschauer hatten ihre Mäntel und Hüte ergriffen und das Theater verlassen, in dem man Sam Clays Privatleben gab.
Von jetzt an konnte er tun und lassen, was ihm beliebte, ohne allgegenwärtige Beobachter. Er konnte wieder impulsiv handeln.
Er hatte die Gesellschaft überlistet. Er hatte das Auge überlistet. Er, Sam Clay, Bürger und Privatmann. Es war eine wunderbare Sache, und er konnte nicht verstehen, warum es ihn so kalt ließ.
Das war ein unsinniger Augenblick gewesen knapp vor dem Mord. Ein Gefühl der Schwäche. Man sagt, das gäbe es oft, dieses Gefühl krampfhaften Zurückschreckens, besonders an der Schwelle wichtiger Entscheidungen; bevor man heiratet, zum Beispiel. Und noch etwas – was war es nur? Irgendein anderer Gemeinplatz, von dem er schon oft gehört hatte. Die Stunde vor der Hochzeit – und der Augenblick nach dem Selbstmord. Wenn man die Pistole abdrückt – jener bewußte Moment danach; oder wenn man von der Brücke gesprungen ist. Der Sekundenbruchteil verzweifelter Abwehr, wenn man alles dafür geben würde, um das Unwiderrufliche ungeschehen zu machen. Es geht nicht mehr.
Es ist zu spät.
Es ist geschehen.
Gut, er war ein Narr gewesen. Gott (sei Dank war es zu spät gewesen! Sein Körper hatte eigenmächtig gehandelt und ihn zu seinem Erfolg gezwungen, auf den er sich vorbereitet hatte. Wegen des Jobs – das war egal.
Er würde einen anderen finden.
Er hatte sich als fähig erwiesen. Wenn er sogar das Auge überlisten konnte, dann gab es keine Aufgabe mehr, die er nicht meistern würde. Außer – daß niemand wußte, wie gut er eigentlich war.
Wie konnte er seine Fähigkeiten unter Beweis stellen? Es war qualvoll, nach einem Leben voll von Fehltritten einen derartigen Erfolg erzielt zu haben und niemals dafür Anerkennung zu finden.
Wie viele vor ihm hatten es wohl schon versucht und waren gescheitert, während ihm ein
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