10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Leben.
Sie waren treu. Ich mußte ihnen etwas schenken – ich besaß kein Gold und Silber.
Der Schinderkarren hielt vor Karlis Wohnort – vorm Gatten-Wohnsitz, müßte es eigentlich heißen. Ah, wie ich diesen Ort nicht schon genannt hatte! Jemand hätte all die Namen und Bezeichnungen aufschreiben sollen. Es war eins von diesen umgestülpten Bienenkorb-Häusern; im Erdgeschoß lediglich Platz für Tür und Lift, wogegen die fünfte Etage einen Konzertraum beherbergen konnte. Wacklige Sache; sehr wacklige Sache. Wir fuhren zur fünften. Eine sechste Etage gab es nicht; hätte es eine gegeben, wäre ich wohl rauf, so wie ich mich fühlte. Ich fragte trotzdem danach, nur um die fabelhafte Frau strahlen zu sehen. Sie hatte es gern, wenn ich scherzte, und sei ich überhaupt nicht dazu aufgelegt. Ich sah es ihr an, sie liebte mich noch immer so sehr, daß es ihr weh tat.
»Und jetzt ein kleines Wunder, ihr verwöhnten Toren«, sagte ich, drehte mich um und trampelte hinein ins Wohnzimmer.
Ich nahm eine leere Vase von einer niedrigen Stellage und spuckte hinein. Ah, die alte Geschicklichkeit! Sie war noch immer da. Die Vase füllte sich sofort mit Wein. Ich nippte und befand ihn für gut.
»Komm und probier ihn, Perdita!« forderte ich sie auf.
Die fabelhafte Frau wandte traurig den Kopf zur Seite. Sie würde die Vase nicht anrühren. Ich hätte ihr jedes einzelne Haar vom Schädel fressen können, aber den Wein zu sehen schien ihr einfach nicht möglich zu sein. Ich glaube wirklich, sie konnte diesen Wein nicht sehen.
»Bitte, Alex, fang nicht schon wieder damit an«, bat sie erschöpft. Wenig Vertrauen, wie Sie sehen – die alte, alte Geschichte. Ich setzte mich verkehrt auf einen Stuhl, legte meinen kranken Fuß auf einen andern und schmollte.
Sie kamen herüber und blieben bei mir stehen, nicht zu nahe.
»Kommt näher«, bat ich sie, indem ich unter meinen Augenbrauen hervorsah und so tat, als knurre ich sie an. »Ich tue euch nichts. Ihr wißt doch, ich ermorde nur Parowen Scryban!«
»Darüber müssen wir mit dir sprechen«, sagte Gatte verzweifelt. Mir schien, als sei er älter geworden. »Mir scheint, du bist älter geworden, Perdita«, sagte ich. Ich nannte ihn auch oft Perdita; wahrhaftig, manchmal sehen sie so verängstigt aus, daß man nicht recht weiß, wie man sie auseinanderhalten soll.
»Ich kann nicht ewig leben, Alex«, erwiderte er. »Versuche dich jetzt auf dieses Töten zu konzentrieren, ja?«
Ich hob eine Hand und versuchte zu rülpsen. Zeitweise kann ich sehr laut rülpsen.
»Wir tun alles, um dir zu helfen, Alex«, sagte er. Ich hörte ihn, obwohl meine Augen geschlossen waren; können Sie das? »Aber wir können dich nur vor Unannehmlichkeiten bewahren, wenn du mit uns zusammenarbeitest. Das Tanzen ist’s; nichts verführt dich so sehr wie das Tanzen. Du mußt uns versprechen, nicht hinzugehen. Jawohl. Versprich uns, bitte, daß du dich fügst, wenn wir dich einsperren. Um dich vom Tanzen abzuhalten. Irgend etwas an diesem Tanzen …«
Er erzählte und erzählte, und ich konnte ihn noch immer hören. Aber inzwischen geschahen andere Dinge. Dauernd kam ihm dieses Wort »Tanzen« in den Weg. Es rief eine Art Flattern unter meinen Augenlidern hervor. Ich ließ meine Hand herumgleiten und ergriff die der fabelhaften Frau, ganz sanft und zart, und lauschte dem tanzenden Wort »Tanzen«. Es hatte seinen eigenen Rhythmus, der hüpfte wie ein Augapfel in meinem Kopf. Der Rhythmus wurde immer schneller.
Er toste.
Plötzlich fuhr ich hoch und öffnete die Augen.
Die Frau lag am Boden. Sie war ziemlich bleich.
»Du hast zu fest gedrückt«, flüsterte sie.
Ich sah, ihre Hand war das einzig Rote, was sie besaß.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Mich wundert es noch immer, warum Ihr beiden mich nicht
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