10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
waren bestrebt, sich so kurz und bündig wie möglich zu fassen. Ich sagte nichts, aber ich kannte den Grund: ein jeder wollte zurück zu den Tänzen. Also dauerte es nicht lange, bis der Richter sich erhob und das Urteil verkündete.
»Alexander Abel Krähe, dieses Gericht erklärt Sie für schuldig, Parowen Scryban zum zweitenmal ermordet zu haben.«
Ich hätte lauthals lachen können. Ich tat’s beinahe.
Er fuhr fort: »Sie werden deshalb ein zweites Mal zum Tode durch den Strang verurteilt; die Vollstreckung dieses Urteils findet innerhalb der nächsten Woche statt.«
Ein erregtes Murmeln durchlief den Gerichtssaal.
In gewisser Weise war sogar ich zufrieden. Es hatte sich um einen ungewöhnlichen Fall gehandelt: klein ist die Zahl derer, die es wagen, dem Tod ein zweites Mal ins Auge zu sehen; nach der ersten Urteilsvollstreckung sind die Aussichten nur ärger, nicht besser.
Eine knappe Minute lang herrschte Stille im Gerichtssaal; dann leerte er sich mit geradezu unschicklicher Hast. Kurze Zeit später war nur noch ich übrig.
Ich, Alex Abel Krähe kam vorsichtig aus dem Anklagestand herunter und humpelte quer durch den staubigen Saal zur Tür. Dabei blickte ich auf meine Hände. Sie zitterten nicht.
Niemand machte sich die Mühe, mich im Auge zu behalten. Man wußte, man konnte mich aufgreifen, wann immer man das Urteil vollstrecken wollte. Ich war unverkennbar, und es gab keinen Ort, wohin ich hätte gehen können.
Ich war der Mann mit dem Klumpfuß, der nicht tanzen konnte; den Leuten war es einfach unmöglich, mich mit jemandem andern zu verwechseln.
Draußen im düstren Sonnenschein wartete jene fabelhafte Frau mit ihrem Gatten auf mich; wartete auf den Stufen vorm Gericht. Ihr Anblick ließ meine Pulse wieder schlagen und schmerzen. Ich hob die Hand zum Gruß, wie ich das immer tat.
»Wir bringen dich nach Hause, Alex«, sagte der Gatte und trat auf mich zu. »Ich habe kein Zuhause«, sagte ich, ihr zugewandt.
»Ich meine unser Zuhause«, gab er mir zu verstehen.
›’Erklärung akzeptiert«, sagte ich.
»Bring mich weg, Karl der Große. Und laß mich ruhen.«
»Das wirst du auch müssen, nach alledem, was du durchgemacht hast«, sagte er. Nanu, es klang beinahe sympathisch!
Manchmal nannte ich ihn Karl den Großen, manchmal bloß Karli. Oder Kacki, oder Kaktus, oder Kakadu – ganz nach Lust und Laune. Er schien mir zu verzeihen. Vielleicht hatte er es sogar gern – ich weiß es nicht. Persönliche Anziehungskraft bringt einen ganz schön weit; mich hatte sie so weit gebracht, daß ich mir nicht einmal mehr Namen zu merken brauchte.
Sie hielten eine vorbeifahrende Taxe an, und wir alle kletterten hinein. Sei ein Schinderkarren, sagten sie. Französisch. Kennen Sie sich aus? Zirka siebzehnachtzig. Gatte saß auf der einen, Frau auf der anderen Seite, jeder hielt einen Arm von mir, als meinten sie, ich könne rabiat werden.
Ich ließ sie machen, wiewohl ich die Sache sehr lustig fand.
»Hallo, Freunde!« sagte ich ironisch. Manchmal nenne ich sie »Eltern« oder »Schüler«, manchmal auch »Patienten«.
Die fabelhafte Frau weinte unterdrückt.
»Sieh sie dir an!« sagte ich zum Gatten. »Sie ist allerliebst, wenn sie weint, das schwöre ich. Ich hätte sie heiraten mögen, weißt du, wäre da nicht die Weihe gewesen … Sag es ihm, du fabelhaftes Geschöpf, sag ihm, wie ich dich sitzenließ!«
Unter Tränen: »Alex meinte, es gäbe für ihn noch Wichtigeres als den Sex.«
»Also kannst du mir dafür danken, daß du Perdita hast!« sagte ich zu ihm. »Es war ein großes Opfer, aber es freut mich, daß es dich freut.« Oft nannte ich sie jetzt Perdita. Es schien auf sie zu passen. Er lachte über meine Worte, und dann lachten wir alle. Ja, das Leben war eine Freude; ich wußte, ich schenkte ihnen Freude am
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