10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Grund einer seltsamen Eifersucht trennte er sich von solchen Menschen, sobald er den ersten kalt-liebäugelnden Blick erhaschte, mit dem sie den Roboter hinter ihm bedachten.
Er unternahm ausgedehntere Reisen. Mit einer Rakete flog er nach Afrika und kehrte über die Regenwälder Südamerikas zurück, aber weder die Nachtklubs noch die exotische Neuheit fremder Orte schienen ihn in nennenswerter Weise zu berühren. Das Sonnenlicht wurde überall auf die gleiche Weise von der gekrümmten Oberfläche seines Verfolgers reflektiert, ob es nun über Savannen oder durch die hängenden Gärten des Dschungels schien. Jede Neuheit verlor wegen der schrecklich-altbekannten Gestalt an seinen Fersen in kürzester Zeit ihren Reiz. Nichts konnte ihn erfreuen.
Außerdem begannen die rhythmischen Schritte hinter ihm unerträglich zu werden. Er verstopfte sich die Ohren, doch die schweren Erschütterungen dröhnten regelmäßig wie ewige Kopfschmerzen durch seinen Schädel. Sogar dann, wenn der Rächer still stand, konnte er in seinem Innern die imaginären Schritte vernehmen.
Er besorgte sich Waffen und versuchte, den Roboter zu zerstören. Natürlich hatte er keinen Erfolg. Und selbst dann bekäme er nur einen neuen Rächer zugeteilt. Alkohol und Drogen halfen nicht.
Der Gedanke an Selbstmord rückte immer näher, doch schob er ihn beiseite, weil Hartz ihm Hoffnung gemacht hatte.
Zuletzt kehrte er in die Stadt zurück, um in der Nähe von Hartz zu sein. Wieder verbrachte er die meiste Zeit in der Bibliothek. Er wollte wegen der Schritte nicht mehr als unbedingt notwendig umherwandern. Und hier fand er auch eines Morgens die Antwort.
Er hatte alles Tatsachenmaterial über die Rächer durchgeackert. Auch alle Hinweise auf die Literatur hatte er beachtet und war erstaunt, wie viele es deren gab, und wie passend sie in der Zwischenzeit geworden waren, wie zum Beispiel Miltons zweiarmige Maschine: »Jene starken Füße folgten ihm überall, las er. »… ohne Hast, in stetem Schritt, bedachtsam, ganz warnendes Beispiel …« Er blätterte um und sah sich und seine Lage deutlicher als in jeder Allegorie beschrieben:
Ich rüttelte die Säule der Stunden
Und mein Leben fiel splitternd auf mich;
befleckt mit Schmutz
Steh’ ich inmitten des Staubes der vielen Jahre –
Die zerstörte Jugend liegt tot am Grunde des Haufens.
Er ließ ein paar Tränen der Selbstbemitleidung auf das Blatt fallen, das ihn so treffend beschrieb.
Aber dann ging er von Literaturstellen zu Filmen über, denn es waren ihm einige Hinweise auf Filme mit dem gesuchten Thema untergekommen. Er sah, wie Orest in moderner Gewandung von Argos nach Athen floh, während ihm ein Übermannsgroßer Rächer anstelle der drei schlangenbehaarten Erinnyen der Legende folgten. Als die Rächer zum erstenmal erschienen, wurde eine Unzahl von Stücken mit diesem Thema aufgeführt.
Ganz in seine Erinnerungen an Jugendzeit und Traummaschinen versunken, folgte Danner der Handlung des Films.
Er war so sehr vertieft, daß ihm eine bestimmten Szene, die sich vor seinen Augen abspielte, gar nicht außergewöhnlich erschien. Das gesamte Geschehen war einem seiner Kindheitsträume ähnlich, und er war zunächst nicht überrascht, als ihm eine Szene viel bekannter, ja, echter vorkam als die anderen. Dann aber schlug eine Warnglocke in seinem Gedächtnis an, er fuhr auf und hieb krachend mit der Faust auf den Knopf, der den Film zum Stillstand brachte.
Er ließ ihn zurücklaufen, sah sich die Szene noch einmal an:
Sie zeigte einen Mann mit seinem Radier, der durch den Stadtverkehr auf einer kleinen, verlassenen und selbstgeschaffenen Insel wanderte, so wie Crusoe, dem Freitag
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