10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Diktierstuhl fallen und legte seine Finger auf die Tastatur. »Ich bezweifle, daß wir genügend Beweismaterial finden werden. Aber, wie gesagt, das können wir später noch analysieren. Wie weit ist Clay gerade?«
»Sein Verteidiger plädierte auf Geistesgestörtheit.«
»Ich habe nicht geglaubt, daß wir ihn kriegen würden. Aber es war den Versuch wert. Stellen Sie sich vor, bloß eine Spritze Scopolamin, und er hätte die Wahrheit gesagt. Na gut, warum einfach, wenn es kompliziert auch geht … Schalten Sie das Gerät ein, ja! Wir finden keinen Zusammenhang, ehe wir es nicht chronologisch aneinanderreihen. Aber irgendwo muß man ja anfangen. Der gute alte Blackstone«, sagte der Soziologe, während am Bildschirm Clay aufstand, zusah, wie die Leiche wieder zum Leben erwachte, und sich erhob, und ihr den wunderbarerweise blitzsauberen Brieföffner aus dem Herzen zog; alles in umgekehrter Reihenfolge.
»Der gute alte Blackstone«, wiederholte er. »Andererseits wünsche ich manchmal, wir lebten in Jeffreys Zeit. Damals war Mord eben noch Mord.«
*
Aus der Telepathie war niemals besonders viel geworden. Wahrscheinlich tauchten diejenigen, die daran arbeiteten, unter; ganz natürlich, als die neue Wissenschaft entstand – die Allwissenheit.
Allwissenheit stimmt selbstverständlich nicht ganz. Es handelte sich um ein Gerät, mit dem man in die Vergangenheit blicken konnte.
Und es war auf fünfzig Jahre begrenzt; keine Möglichkeit also, die Pfeile der Schlacht von Agincourt sehen zu können oder gar die Homunculi von Roger Bacon. Es war empfindlich genug, die »Fingerabdrücke« zu registrieren, die von Licht- und Schallwellen auf der Materie hinterlassen wurden, sie zu entwirren und zu sieben, um sie dann als Reproduktion der Vergangenheit wiederzugeben. Schließlich kann man den Schatten eines Mannes auf Beton fotografieren, vorausgesetzt, dieser ist unglücklich genug, einer Atomexplosion zu nahe zu kommen. Das ist immerhin schon etwas. Der Schatten ist so ziemlich alles, was zurückbleibt.
Obwohl man nun in der Vergangenheit wie in einem Buch lesen konnte, wurden bei weitem nicht alle Probleme dadurch gelöst. Es währte Generationen, bis man sich durch den Irrgarten der Komplikationen hindurchgetappt hatte; trotzdem wurde schließlich eine gewisse Ausgeglichenheit erzielt. Seitdem Kain sich gegen Abel erhoben hatte, kämpfte die Menschheit verbissen, um das Recht zu töten. Ein ganzes Rudel von Idealisten zitierte zwar: »Das Blut deines Bruders schreit zu mir gen Himmel«, aber das störte die Lobbyisten und die Opposition herzlich wenig. Als Antwort zitierte man die Magna Carta.
Das Recht auf Privatsphäre wurde verzweifelt verteidigt.
Und der seltsamste Auswuchs dieses Zwiespalts entstand, als man Mord und Totschlag für nicht strafbar erklärte, außer, es konnten Absicht und Vorherplanung bewiesen werden. Natürlich galt es zumindest als unschicklich, Amok zu laufen und irgend jemanden umzubringen; man verhängte eine nominelle Strafe – Freiheitsentzug, zum Beispiel –, aber das wurde nie in die Praxis umgesetzt, da zu viele Wege der Verteidigung offenstanden. Momentane Sinnesverwirrung. Bewußte Provokation. Notwehr. Totschlag, Mord zweiten Grades, dritten Grades, vierten Grades, und so weiter. Es war Sache der Justiz, zu beweisen nämlich, daß der Angeklagte seine Tat wohlüberlegt hatte. Nur dann konnte ein Geschworenengericht einberufen werden. Und die Geschworenen mußten natürlich einen Freispruch ablehnen und sich einem Scopolamintest unterziehen, um zu beweisen, daß sie nicht bestochen waren.
Aber kein
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