10 SCIENCE FICTION KRIMINAL-STORIES
Weise, etwa wie Richard Löwenherz, als er Saladin seine Freiheit schenkte, obwohl er wußte, daß dies nicht besonders schlau war. Noblesse oblige, schien sein markanter Mund zu sagen, als er die Silberkaraffe ergriff und einschenkte. Bei normaler Beleuchtung sah Vanderman mehr wie ein Bluthund aus. Und schließlich hatte er außerhalb der Paradies-Bar einen roten Teint; er war Choleriker.
»Und was das Geschäft anbelangt, worüber wir gesprochen haben«, sagte Clay, »so können Sie …«
Der Zensor in der Musikbox ließ ein oder zwei Takte lauter plärren.
Die Antwort Vandermans war nicht zu verstehen, während die Musik anschwoll und die Lichter rasch wechselten, um sein plötzliches Erröten zu verschleiern.
»Es ist sehr leicht, diese Zensur zu überlisten«, meinte Clay. »Sie ist auf die üblichen Phrasen gewöhnlicher Beschimpfungen eingestellt, nicht auf Umschreibungen. Wenn ich sagte, die Anordnung Ihrer Chromosomen hätte Ihren Vater sicherlich überrascht … Sehen Sie?« Er hatte recht. Die Musik blieb leise.
Vanderman schluckte. »Nehmen Sie es nicht so tragisch«, sagte er. »Ich kann mir vorstellen, was Sie so erregt. Lassen Sie mich zuerst feststellen …«
»Hijo!«
Aber der Zensor war auch in spanischen Dialekten sehr bewandert. Vanderman blieb eine weitere Beleidigung erspart.
»… daß ich Ihnen einen Job angeboten habe, weil ich Sie für einen überaus fähigen Mann halte. In Ihnen liegen große Möglichkeiten. Es ist keine Bestechung. Wir sollten unsere privaten Angelegenheiten hier heraushalten.«
»Trotzdem, Bea war mit mir verlobt.«
»Clay, sagen Sie, sind Sie betrunken?«
»Ja«, erwiderte Clay und schleuderte seinen Drink Vanderman ins Gesicht. Die Musikbox begann sehr, sehr laut Wagner zu spielen. Einige Minuten später, als die Kellner einschritten, lag Clay blutüberströmt am Boden, mit einer eingeschlagenen Nase und aufgerissener Wange. Vanderman hatte sich die Knöchel aufgeschürft.
*
»Das ist ein Motiv«, sagte der Techniker.
»Ja, stimmt, nicht wahr? Aber warum hat Clay anderthalb Jahre gewartet? Und bedenken Sie, was nachher geschehen ist! Ich frage mich, ob der Mord selbst nicht nur ein Symbol war. Wenn Vanderman das repräsentierte, was Clay als Inbegriff der Tyrannei und Unterdrückung unserer Gesellschaft ansieht – in einer Person zusammengefaßt … Ach, Unsinn! Offenbar versuchte Clay, sich selbst irgend etwas klarzumachen. Fahren Sie weiter nach vorne. Ich möchte das im normalen Zeitablauf sehen, nicht umgekehrt. Was ist der nächste Abschnitt?«
»Etwas sehr Verdächtiges. Clay ließ sich die Nase operieren und besuchte dann einen Mordprozeß.«
*
Er dachte: Ich kriege keine Luft. Zu viele Menschen hier. Wie in einer Schachtel, einer Kammer, einer Gruft. Was würde ich tun, wenn ich auf der Anklagebank wäre, so wie der dort? Angenommen, sie verurteilten mich?
Das würde alles verderben. Wie in einem finsteren Loch … Wenn ich die richtigen Gene geerbt hätte, würde ich auch die Kraft haben, Vanderman zusammenzuschlagen. Aber ich bin zu lange herumgestoßen worden …
Immer wieder fällt mir dieses unsinnige Lied ein:
Ein Pferd, das von der Herde lief
Und nicht kam, so sehr ich rief;
Sagte der Boß zu einem Manne:
Tot es mit dem Stiel deiner Pfanne.
Eine tödliche Waffe, die allgemein bekannt ist, wird kaum gefährlich erscheinen. Aber wenn sie in Mordabsicht verwendet werden könnte … Nein, das Auge würde es überprüfen. Heutzutage kann man nur das Motiv verbergen. Aber konnte man die Sache nicht umkehren? Nehmen wir an, ich bringe Vanderman dazu, mich mit dem anzugreifen, was er für den »Stiel einer Pfanne« hält, wovon ich aber
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