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100 Tage Sex

Titel: 100 Tage Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Brown
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zu Hause arbeitete, musste ich jeden Tag ins Zentrum von Denver pendeln. Ich will mich nicht beschweren, Nachrichtenredaktionen sind spannende, lebendige Orte, an denen Witz und Geist blühen. Dennoch hätte ich auch lieber von daheim aus gearbeitet, wie ich es in Baltimore vier Jahre lang getan hatte.
    Als ich während des Arbeitstags eine kleine Besorgung machte, kam ich an dem Frisiersalon vorbei, wo ich mir
immer die Haare schneiden lasse. Durch das Schaufenster lächelte mir eine hippe Frau mit Nasenring und einer stachligen Punkfrisur zu. Wow , dachte ich. Sie erkennt mich wieder! Dann erinnerte ich mich, dass ich vor einigen Wochen meiner Stammfrisörin von dem Sex-Marathon berichtet hatte - und durch sie war es offenbar ihrer nasenberingten Kollegin zu Ohren gekommen. Ich war ihr also nicht wegen meiner angeborenen Coolness in Erinnerung geblieben, sondern wegen des Sexabenteuers. Allgemein habe ich das Gefühl, dass Frauen mich zumindest mit einem Schimmer von sexuellem Interesse ansehen. Als ich noch jünger war, nahm ich das als Selbstverständlichkeit hin, auch wenn gerade in diesem Bereich, seien wir ehrlich, Wunsch und Wirklichkeit vielleicht nicht immer übereinstimmen. Doch im Laufe der Zeit hatten Frauen zunehmend begonnen, durch mich hindurchzusehen. Viele schienen mich gar nicht mehr wahrzunehmen. Jede meiner Falten ließ mich stärker mit dem Hintergrund verschmelzen. Das passte mir gar nicht. Wenn ich sage: »Wir Männer wollen bemerkt werden«, wird mir wohl so ziemlich jeder zustimmen, ausgenommen vielleicht ein Kartäusermönch, der sich entschlossen hat, sein Leben in einer Klosterzelle zu fristen.
    Genau damit kämpfen Männer in der Mitte ihres Lebens: ihrem Abstieg vom kraftstrotzenden Kerl zum blassen Mauerblümchen. Ihrem Verglühen von strahlender Sonne zum matt leuchtenden Stern, zumindest in den Augen junger Frauen. Nasenring, das ahnte ich, hätte mich nie angelächelt, wenn sie nicht von der Sexgeschichte gewusst hätte. Worauf mir der Gedanke kam: Vielleicht ist die Sexpedition ja mein Porsche-Cabrio. Wie auch immer,
mit laufender Nase schlich ich zurück ins Büro, spielte kurz mit dem Gedanken, früher heimzufahren und mich ins Bett zu legen, hielt aber durch.
    Annie empfing mich mit einem ganz anderen Vorschlag: »Warum probierst du es heute nicht mal mit Yoga?«
    »Machst du Witze?«, antwortete ich. »Ich fühle mich hundeelend.«
    »Ich sag’s dir, der heiße Raum könnte Wunder wirken. Selbst wenn du nur im Warmen herumsitzt und ein paar Dehnübungen machst, fühlst du dich danach garantiert besser.«
    In Sachen gemeine Erkältungen und Grippe war ich ein alter Hase, und nach vierzehn Jahren Zusammenlebens verfügte Annie über mehr Erfahrung im Umgang mit meinen Wehwehchen, als man irgendjemandem wünschen kann. Sie konnte ja nicht ahnen, dass sie durch die Heirat mit mir zur unbezahlten nebenberuflichen Krankenschwester werden würde. Über die Jahre hatte ich im Kampf gegen Grippe und Erkältungen so ziemlich jedes Naturheilmittel ausprobiert, von der Wagenladung Vitamin C über Zinktabletten bis zu einem Ökosystem von Kräutern und Gewürzen. Nichts hatte geholfen. Vielleicht würde ich die Keime ja wirklich in der Hitze des Yogastudios ein äschern können? Ich hatte zwar keine Lust, noch mal das Haus zu verlassen, letztlich überwog aber die Angst, dass sich mein Unwohlsein zu etwas Schlimmeren auswachsen könnte. Denn wie, fragte ich mich, sollte ich mit Fieber Sex haben?
    Ich werkelte ein paar Minuten in der Küche herum, um Zeit zu gewinnen. Dann raffte ich mich auf: »Einverstanden.«

    »Echt?«, fragte Annie. »Du überraschst mich! Ich bin ja gespannt, aber ich glaube, das wird funktionieren.«
    »Danke, Doc.«
    Als ich durch Kälte und Dunkelheit zum Studio fuhr, versuchte ich, mir die Szene dort vorzustellen. Zumindest bestand ja die Hoffnung, dass eine heiße Hippiebraut den Kurs leitete. Zu meiner Enttäuschung war der Übungsleiter aber ein Mann. Auf seinem bloßen Oberkörper wölbten sich die Muskeln, er sah hollywoodverdächtig gut aus, hatte ein breites Lächeln und barst nur so vor Enthusiasmus. Über mein Erscheinen schien er sich aufrichtig zu freuen. Ich dachte: Also daher kommt Annies Leidenschaft für Yoga! Ich spürte, wie der Keim der Eifersucht in meinem Hirn wuchs, das sich doch allein auf den Augenblick konzentrieren, das »ganz im Jetzt leben« sollte. Ich fand ein freies Plätzchen in dem gut gefüllten Raum - alles Frauen! -, rollte

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